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Veranstaltungsberichte

Die Zukunft gestalten! - Auf neuen Wegen in die Pflege

von Maja Eib
Forum

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Im Rathaussaal von Zeulenroda kam am 16. Oktober 2013 auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung ein Fachpodium zusammen, welches Impulse für die zukünftige Gestaltung der Pflege gab.

Die aktuellen Herausforderungen skizzierend leitete die Landesbeauftragte und Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung Maja Eib in das Forum ein. So leben aktuell in Deutschland über zwei Millionen pflegebedürftige Menschen. Mehr als zwei Drittel von ihnen werden zuhause betreut. Durch den demografischen Wandel wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 auf fast drei Millionen ansteigen. Dabei beeinflusst der demografische Wandel und die knapper werdenden finanziellen Ressourcen auch die Situation in der Pflege. Dies gilt für den Krankenhausbereich, Pflegeheime und Hospize und auch für die Pflege zu Hause.

In Thüringen sind aktuell 3,4 Prozent Bürgerinnen und Bürger pflegebedürftig – dies sind derzeit 82.300 Menschen. 22.500 von ihnen werden in rund 390 Pflegeheimen betreut. Diese Zahl ist kontinuierlich von 17.500 vor 10 Jahren auf über 20.500 im Jahr 2009 gestiegen.

Als Impuls für die anschließende Podiumsdiskussion mit den Experten aus der Praxis und Politik stellte der Bonner Architekt und langjährige Mitarbeiter des Kuratoriums für Altenhilfe Holger Stolarz seine Konzepte für Wohnen, Soziales und Pflege im Quartier vor. Er skizzierte die für ihn notwenigen Strukturveränderungen für die Altenhilfe. So forderte er eine größere Sozialraum- und Beteiligungsorientierung. Als Stichworte nannte er die Notwendigkeit von einer Kleinräumigkeit der Angebote und Stärkung der Vernetzung in den Wohnvierteln sowie einem Wechsel von der Versorgungs- zur Mitwirkungsgesellschaft.

In Thüringen, so Michael Panse, wurden 270 der Pflegeheime seit 1990 neu gebaut oder grundlegend saniert. „Dies war dringend notwendig, weil die bauliche Situation der Pflegeheime zur Wendezeit ein Skandal war. Vier- und Achtbettzimmer waren die Regel. Mit millionenschweren Förderprogrammen haben Land und Bund reagiert. So notwendig dies war, hat es doch den Blick verstellt, auf neue Wege der Pflege“, so Panse selbstkritisch. In den alten Bundesländern wurde Mitte der neunziger Jahre schon darüber diskutiert wie neue Wohnformen aussehen sollen. „Wir ziehen jetzt endlich nach – auch das Gesetz für neue Wohnformen soll nun endlich in Thüringen kommen.“, so Panse.

Im Bereich Soziales steht die Beratung und Alltagshilfen sowie die soziale Integration und gegenseitige Hilfe im Vordergrund. „Orte der Begegnungen“ war hier u.a. ein Stichwort. Nachbarschaftszentren, Genossenschaftsläden aber auch Heime mit Tagesangeboten dienten hier als Beispiele von Holger Stolarz. Im Bereich Pflege sind es die quartiersbezogenen Pflege- und Betreuungsleistungen zu Hause, die Wohnformen für Pflegebedürftige sowie die Integration stationärer und teilstationärer Versorgungsangebote, die es gilt weiter zu entwickeln. Als Beispiele zeigte Stolarz zahlreiche ambulante Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige in denen die Umsetzung gelungen ist. (Die Präsentation und Beispiele finden Sie unter www.isa-platform.eu)

In der sich anschließenden Diskussion mit dem Fachpodium, moderiert vom OTZ-Chefredakteur Ullrich Erzigkeit, stand die lokale Situation in Thüringen und im Umkreis von Zeulenroda im Mittelpunkt. Aktuell werden bundesweit rund 4 Prozent der Betroffenen in neuen Wohn- und Betreuungsformen gepflegt, in Thüringen sind es deutlich weniger. Michael Panse erläuterte als Generationenbeauftragter des Freistaates Thüringen warum dies so ist und warum wir auch diese neuen Wege brauchen. „Das A und O im Alter ist für die Betroffenen, dass sie im Alter selbstbestimmt und geistig sowie körperlich mobil bleiben. Neben der Angst vor Altersarmut dominiert die Angst vor Einsamkeit im Alter. Wir haben eine gute Pflegeinfrastruktur – aber nach meinem Eindruck schafft auch hier das bestehende Angebot auch weitere Nachfragen. Richtig wäre es aber, dass die Angebote den Bedarfen und Bedürfnissen folgen und dazu muss man zunächst fragen, was sich die Menschen im Alter wünschen.“, so Panse. So ist ein nicht unwichtiger Punkt für die vielen stationären Pflegeheimplätze der Mangel an altengerechtem und barrierefreien Wohnraum in Thüringen. 5.000 barrierearme Wohnungen fehlen jährlich in Thüringen sagt der Wohnungswirtschaftsbericht. Aber zugleich gibt es durch den demografischen Wandel auch zehntausende Wohnungen zuviel im Freistaat. Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass es Wohnungsneubauprogramme geben wird. Es wird also darum gehen, so Panse, wie wir die bestehenden Wohnungen barrierearm umbauen können, um den Menschen einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen und dies auch in der Pflegesituation. Als Beispiele nannte er die KOWO in Erfurt, aber auch ein Projekt der Handwerkskammer in Eisenach bei dem er aktuelle intensive Gespräche führt.

Herbert Müller, stv. Vorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, Gemeindeverband Zeulenroda-Triebes sah seine Region auf einem guten Weg. „Die Angebote in der stationären Pflege und ambulante Dienste seien Dank der Unterstützung des Thüringer Sozialministeriums und vielen anderen gut aufgestellt worden und haben sich stets weiter orientiert und konzeptionell entwickelt. Er skizzierte dies an der besonderen Situation bei der Aufnahme von Demenzkranken.

Einig war man sich auf dem Podium, dass die im Konzept von Holger Stolarz dargestellte Zusammenarbeit von Pflegeeinrichtungen, ambulanten Diensten und den betroffenen Familien eine der wichtigsten Grundlagen einer guten Zukunft für die Pflege ist.

Gottfried Wühr, Aufsichtsratsvorsitzender des Pflegheims und des Kreiskrankenhauses Ronneburg bestätigte dem Deutschen Pflegesystem, insbesondere im Vergleich mit dem Ausland, einen Standart, um den wir beneidet werden.

Dass dennoch nicht alles zufriedenstellen ist, bestätigten viele Wortmeldungen aus dem Publikum. Es ging dabei um die Anerkennung des Berufs, die Öffenlichkeitsarbeit, die dirngend notwensdig ist um neues Personal zu werben sowie um die Bedeutung der Arbeit und damit auch um die physisch als auch psychisch herausfordernde Aufgabe. Auch der Fachkräftemangel, der ein großes Thema war, ist jetzt schon vor allem in den ländlichen Räumen zu verzeichnen. Einen weiteren wichtigen Punkt brachte Michael Panse in die Diskussion ein. Angestoßen durch ein Publikumstatement zur Rolle der Familie verwies er auf die notwendige Verantwortungsgemeinschaft der Familien in unserer Gesellschaft. Thüringen hat rund 90.000 Kinder unter sechs Jahren, die nicht nur weil sie klein sind betreuungs-, sondern auch pflegebedürftig sind. „Berechtig gibt es eine intensive Diskussion, so Panse, wie sie betreut und gefördert werden können. Berechtigt wird auch darüber diskutiert, wie groß auch die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder ist. Selbstverständlich ist die Diskussion auch auf der anderen Altersseite des Lebens zu führen mit der Verantwortung von Kindern für ihre Eltern. Denn über die Hälfte der Pflegebedürftigen werden in Thüringen von Angehörigen ohne Hilfe von Pflegediensten versorgt“, so Panse.

Im Schlusswort bedankte sich der CDU-Vorsitzender des Ortsverbandes Zeulenroda-Triebes Niels Hammerschmidt bei den Referenten für die zahlreichen Impulse, die auch der Kommunalpolitik mit diesem Abend gegebene worden. Er zollte der Arbeit, die pflegende Angehörige und Fachkräfte leisten, Respekt und wünschte sich, dass die notwendige Anerkennung der hier geleisteten Arbeit sich auch gesellschaftlich verankert.

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