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Veranstaltungsberichte

Digitale Privatheit und Öffentlichkeit - Grenzen und Möglichkeiten

von Sophia Ruschke
Zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Digitale Privatheit und Öffentlichkeit" lud der Menantes e.V. Wandersleben in Kooperation mit dem Politischen Bildungsforum Thüringen im Rahmen der wissenschaftlichen Tagung "Gesammelt und ans Licht gestellt" am 12.06.2015 in die Sankt Petri Kirche Wandersleben ein.

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Im Rahmen der wissenschaftlichen Tagung „Gesammelt und ans Licht gestellt“ vom 11.-14.06.2015 des Menantes e.V. Wandersleben trafen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger am 12. Juni 2015 um 19.30 Uhr in der Sankt Petri Kirche Wandersleben.

Zum öffentlichen Begleitprogramm der Tagung gehörten ein Vortrag und ein Podiumsgespräch über die „Digitale Privatheit und Öffentlichkeit", zu der das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad Adenauer Stiftung in Kooperation mit dem Menantes e.V. Wandersleben einlud.

Als Gäste auf dem Podium konnten Dr. Tobias Matzner vom Internationalen Zentrum für Ethik in der Wissenschaft an der Universität Tübingen, Dr. Lutz Hasse, Datenschutzbeauftragter des Freistaates Thüringen, Frank Röhrer vom Landesfilmdienst Thüringen e.V. Zentrum für Medienkompetenz und Service sowie Dr. Sven Oelsner, Herausgeber der Thüringer Blogzentrale, gewonnen werden. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Rainer Aschenbrenner, Diplom-Journalist von Curcuma Medien GbR. Vom Menantes e.V. Wandersleben war u.a. Pfarrer Bernd Kramer zugegen, der das Publikum begrüßte und den Abend abschloss.

PRIVATHEIT VIELPERSPEKTIVISCH BETRACHTET

Nach einem Grußwort von Maja Eib, der Landesbeauftragten und Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., trat Jörg Kellner MdL, Mitglied der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, ans Rednerpult und stimmte die Zuhörerschaft auf das Thema „Digitale Privatheit und Öffentlichkeit“ ein. Er sprach die besondere Verantwortung des Nutzers und die Aktualität und Dringlichkeit des Themas in seinem Grußwort an.

Im Anschluss hielt Dr. Tobias Matzner einen Vortrag über die Dialektik von Privatheit und Öffentlichkeit.

Seine Hauptthesen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

•Privatheit realisiert sich auf verschiedenen Ebenen und ist somit ambivalent: Privatheit beleuchtet sowohl individuelle, gesellschaftliche/soziale, ethische und technische als auch rechtliche Perspektiven, die einander durchdringen und ergänzen. Aus ethischer Sicht wird z.B. Privatheit als Grundgut beschrieben, das gegenüber der Öffentlichkeit auch moralische Ansprüche beinhaltet. Privatheit besitzt jedoch auch eine gesellschaftliche Verantwortung, indem sie danach fragt, wer für den Schutz der Nutzer sorgt: der Staat, der Anbieter bzw. Betreiber oder der Bürger selbst? Da Privatheit nicht mehr rein auf das Individuum bezogen werden kann, muss sie auch soziale und politische Standpunkte vertreten und unterstützen.

•Wenn wir über Daten sprechen, klingt es, als seien sie in Räume eingefasst. Dabei vergessen wir viel zu oft die Vernetzung unserer Daten über verschiedene Apps und Social Networks, denn die eigenen Daten erlauben auch Informationen über andere.

•Privatheit und Öffentlichkeit hängen voneinander ab und bedingen einander, denn um Privatheit zu haben, ist man auch auf andere angewiesen.

•Privatheit muss öffentlich werden, sobald sie Problemen ausgesetzt ist, z.B. in der Feminismus-Bewegung: Kann man die eigene Privatheit selber nicht mehr durchsetzen, muss man eine Debatte anstoßen, an die Öffentlichkeit gehen und zum Nachdenken und Umdenken anregen. Mit Hilfe von Aufklärung in der Medienkompetenz kann mehr Verantwortung an die Individuen übergeben werden. Diese dürfen mit der Verantwortung allerdings nicht allein gelassen werden.

•Privatsphäre ist nicht rational, eher affektiv – daher müssen vor allem Kinder und ältere Menschen, die zum ersten Mal mit dem Internet in Kontakt kommen, geschult, unterstützt und beraten werden.

•Die Grenzen der Privatheit zu überschreiten ist für den Menschen und Nutzer von Facebook, WhatsApp usw. interessant und aufregend.

TECHNOLOGIE UND GESETZE VERSTEHEN

Nach diesen theoretischen Einführungen und Anstößen begann Herr Aschenbrenner die Podiumsdiskussion.

Frank Röhrer nahm in der Diskussion eine pädagogische Position ein und sprach sich vor allem für eine Steigerung der Reflexions- und Urteilskompetenzen schon bei Schülerinnen und Schülern aus. Sie sollten wissen, wer sich durch die App, die man nutzt, welche Informationen und Daten holt. Sie sollten sich außerdem darüber im Klaren sein, was passiert, wenn man seine Daten nicht schützt und Grundkenntnisse über Gesetzlichkeiten im Datenschutz und angewandte Technologien haben, um sich selbst und andere besser schützen zu können.

MEHR KOMPETENZEN IM UMGANG MIT MEDIEN ENTWICKELN

Auch Dr. Sven Oelsner von der Thüringer Blogzentrale sprach sich für die Ausbildung sozialer-, ethischer- und Medienkompetenzen im Umgang mit sozialen Medien und dem Internet aus. Vor allem solle man nicht davor zurückschrecken, auch Experten zu engagieren, denn man komme heutzutage nicht mehr daran vorbei, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen.

DATENSCHUTZ VS. SOZIALER DRUCK

Dr. Lutz Hasse betonte in seinen Statements die Bedeutung des Internets für Senioren, die ebenfalls in die Lage versetzt werden sollten, verantwortungsvoll mit ihren eigenen Daten umzugehen. Als Datenschutzbeauftragter des Freistaates Thüringen sprach er außerdem die Problematik der rechtlichen Regelung von Facebook und WhatsApp an. Um die Medien nutzen zu können, müsse man in die AGB´s der Firmen einwilligen. Wenn man folglich ein fast konkurrenzloses Netzwerk nutzen möchte, sieht man sich immer mehr einem sozialen Druck ausgesetzt, der eine freiwillige und durchdachte Einwilligung in die AGB´s schwierig macht.

SOZIALE PROZESSE ANSTOßEN

Dr. Tobias Matzner regte die Diskussion mit seinem vorangegangenen Vortrag an und vertrat schließlich die Position, dass man Fähigkeiten bräuchte, um soziale Prozesse anzustoßen, die zum Umdenken und Handeln anregen. Schließlich gebe es in der Debatte um Privatheit nicht den einen Akteur sondern verschiedene Ansprechpartner, genauso wie die Privatheit stark fragmentiert sei und viele verschiedene Gegner habe. Jede Nutzerin und jeder Nutzer könne sagen und posten, was sie oder ihn an der Technologie stört, denn zwischen den technischen und juristischen Regulierungen haben wir auch selber Möglichkeiten einzugreifen und etwas zu verändern.

SORGE UM VERBRAUCHERSCHUTZ UND VERALTETE DATENSCHUTZGESETZE

Durch die Begleitung und Unterstützung der Podiumsdiskussion durch Rainer Aschenbrenner gelang eine angeregte und interessante Diskussion sowohl auf dem Podium als auch im Publikum. Viele Statements der Gäste konnten aufgenommen und kritische Fragen angehört werden.

So wurde z.B. aus dem Publikum die Frage an das Podium gestellt, wer den Verbraucher und Nutzer schützt und wem man trauen könne. Hierauf wies Matzner auf den wachsenden Markt an Privatheitstechnologie, Verbraucherschützer und Veranstaltungen wie diese hin, bei denen man sich Hilfe und Beratung holen kann.

Ein weiterer Gast aus dem Publikum bemängelte das hoffnungslos veraltete Datenschutzgesetz in der Bundesrepublik. Dr. Lutz Hasse sprach sich in diesem Zusammenhang für eine intensivere Beschäftigung mit Medienkompetenzen in der Lehrerausbildung aus. Auch nach dem Hochschulabschluss sollen Lehrerinnen und Lehrer seiner Meinung nach das lebenslange Lernen praktizieren. Der Datenschutzbeauftragte des Freistaates Thüringen kündigte hierauf eine Handreichung für Lehrpersonen an, die den Umgang und Konsum von Medien sowie gesetzliche Regelungen verständlich erklärt.

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Kontakt

Maja Eib

Maja Eib bild

Landesbeauftragte und Leiterin Politisches Bildungsforum Thüringen

maja.eib@kas.de +49 (0) 361 65491-0 +49 (0) 361 65491-11

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