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Veranstaltungsberichte

Heimat - Was mich mit ihr verbindet

von Maja Eib
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In den letzten zwei Jahrzehnten erfuhr der Begriff „Heimat“, losgelöst vom ideologischen Missbrauch im Nationalsozialismus und der DDR, eine Renaissance. Insbesondere für die Regionen, die aktiv über Vereine und Verbände auf vielfältige Weise Heimatpflege betreiben, ist es selbstverständlich über die zukünftige Gestaltung ihrer Region und damit auch über ihr Heimatverständnis zu diskutieren. So kamen über 70 Eichsfelder am 19. November 2013 in das Grenzlandmuseum Eichfeld, um über ihre Heimat und was sie mit verbinden zu sprechen.

Die Veranstaltung wurde von Maja Eib, Landesbeauftragte für Thüringen und Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen durch die Vorstellung der Aktivitäten der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema Heimat eröffnet. Heimat zu haben ist wertvoll in Anbetracht dessen, dass viele tausende Menschen durch Krieg, auch heute noch, ihre Heimat verlieren oder durch die Suche nach Arbeit ihre Heimat verlassen müssen. Deutlich in Abgrenzung zum Missbrauch des Begriffes „Heimat“ durch den Nationalsozialismus und die DDR wird heute „Heimat“ in einer Welt der Globalisierung zur Orientierung, zum Halt und als Wertefundament immer wichtiger. Zugleich ist Heimat aber immer auch ein persönliches Gefühl und in gewissem Sinne ein Anker, so Eib.

Welche Rolle spielen nun aber Traditionen, Glaube und Kultur, wie sie im Eichsfeld gelebt werden, und was verbindet man mit ihr?

Dieser Frage näherte sich der Moderator und Chefredakteur der TLZ Bernd Hilder mit seinen Podiumsteilnehmern in einer regen Diskussion, die im zweiten Teil auch das Publikum mit einbezog.

Gerold Wucherpfennig MdL gab in seinem Eingangsvortrag viele bemerkenswerte Impulse zum Heimatbegriff des Eichsfelders. Ausgehend von Studien und Statistiken, die dem Eichsfeld Spitzenpositionen in Bereichen wie Geburten, Bildung, Wirtschaft und Eigentumserwerb zuwiesen, hielt Wucherpfennig ein Plädoyer für die gelebte Vielfalt in den Verbänden, Sport- und Kulturvereinen, den Kirchen und Bildungseinrichtungen des Eichfeldes. Dieses Engagement der Bürger für die Gemeinschaft als auch die Pflege des Eigentums und die Familientraditionen seien Belege dafür, dass eine besondere Heimatverbundenheit da ist. Mit einer konservativen, mehrheitlich katholischen Gemeinschaft, stellt das Eichfeld ein „Habitat“ dar, das von einer anderen kulturellen Richtung als der Rest Thüringens geprägt zu sein scheint. Dennoch empfinden viele Eichsfelder, dass es nicht nur eine Frage der Kultur, sondern auch eine des Gefühls ist. Man spürt, dass die Eichfelder tief in ihren eigenen Gemeinden verwurzelt sind, Geborgenheit empfinden, sich Wohlfühlen und Familien gründen. „Heimat und Eichsfeld seien eine Symbiose eingegangen“, so Wucherpfennig. Es sei somit wichtig, dass neben den Vereinen auch im Schulunterricht das Thema Heimat eine besondere Rolle einnehmen muss. So sprach er sich weiterhin dafür aus, dass das Fach „Heimatkunde“ nicht durch einen pauschalen Sachkunde- oder Gesellschaftskundeunterricht ersetzt werden darf, wie es in anderen Bundesländern schon passiert ist.

Mit der Frage „Was das Eichfeld so besonders mache im Vergleich mit anderen Heimaten?“ eröffnete Bernd Hilder die sich anschließende lebendige Diskussion mit den Podiumsteilnehmern.

Dominik Trost, Pfarrer von Struth, sprach von seinen sehr persönlichen Empfindungen, als er seine Heimat verlassen musste, um zu studieren und als Pfarrer ausgebildet zu werden. Denn so Trost, erst wenn man „Heimat nicht mehr hat, wird einem bewusst, was fehlt“; vertraute Personen, Traditionen, wie Kirche, Kirmes und Schützenfest. Ähnlich ging es dem Unternehmer Othmar Ernst, der durch das Studien mit seiner Familie in verschiedenen Ostdeutschen Städten lebte und durch seine Flucht aus der DDR 1989 bis 1992 in Oberbayern lebte. Die Sehnsucht nach dem Eichsfeld lies ihn wieder zurückkehren; heute mit einer eigenen Firma Ernst & Herwig Hoch- und Tiefbau GmbH in Leinefelde. Auch der heutige Ortsteilbürgermeister von Teistungen Horst Dornieden musste unfreiwillig durch die Zwangsaussiedlung Teistungen 1952 verlassen. Nach der Flucht seiner Eltern in den Westen kam seine Familie aus Heimweh 1954 wieder in die ungeliebte DDR zurück, um auf ihrem Hof im Sperrgebiet zu leben. Seine Großeltern blieben im Westerwald. So war das Thema Heimat in seiner Familie ununterbrochen im Gespräch und man war „sich ihrer Bedeutung stets bewusst“, so Dornieden.

Die kommunale Verbindung sei so stark, da trotz der Teilung des Eichfeldes während des Kalten Krieges die Gemeinden immer zusammenhielten. So waren sie in der Lage sich gegen das atheistisches Regime zu schützen und dabei ihre Heimat, Traditionen und Identität zu bewahren. So ist das Gefühl der Eichsfelder für ihre Heimat und Familien heute noch sehr stark zu erkennen.

Glaube und Tradition, dies waren die Stickworte, die Bernd Hilder als nächstes der Runde vorgab. Pfarrer Trost unterstrich die Bedeutung des christlichen Glaubens insbesondere auch in ökumenischer Hinsicht, denn „auch um das Eichfeld mache die allgemeine Glaubenskrise keinen Bogen“. Umso wichtiger sei es im gemeinsamen christlichen Glauben zusammen zu stehen. Denn dies sei nach wie vor so, dass man sich an den Werten und der Kirche im Eichsfeld orientiert, auch wenn man nicht jeden Sonntag zum Gottesdienst geht.

Familie und Bürgerschaftliches Engagement waren die nächsten Begriffe, die auf dem Podium zur Diskussion standen. Horst Dornieden betonte, dass die Eichsfelder sich als enge Gemeinschaft betrachten, die von Familien, Freunden und Vereinsleben geprägt werden. Eichsfelder helfen sich und fühlten sich in der Gemeinde wohl, weil ihre Familien und Freunde da sind. Zwar suchen die heutigen Jugendlichen „Freundschaften“ auch im Internet; Dominik Trost konnte aber auch bestätigen, dass das „sich Ausprobieren“ von Jugendlichen zwar einen hohen Stellenwert hat, man aber beobachten kann, dass es auf der anderen Seite eine große Sehnsucht nach Heimat und gelebter Begegnung vor Ort gibt.

In der Publikumsrunde hatten die Eichsfelder, die mit allen Altersgruppen vertreten waren, die Möglichkeit ihre Gedanken und Erfahrungen mit einzubringen. Vier große Themen wurden angesprochen: Die Nachwuchssorgen vieler Vereine, das Schwinden des dörflichen Zusammenhaltes, beides begründet und ausgelöst durch die aktuellen Schulstrukturen, dass evangelische Christen auch Eichsfelder sind und wie viele Vertriebene und Flüchtlinge des Zweiten Weltkrieges eine neue zweite Heimat im Eichsfeld gefunden haben.

Resümierend war man sich am Ende der Veranstaltung einig, dass Heimat mehr als nur die äußere Form der Städte, Dörfer und Höfe ist. Vielmehr ist Heimat da wo man sich wohlfühlt und angenommen wird. Am Ende der Veranstaltung konnte man verstehen, warum die Eichsfelder Gemeinden stolz sind und was Heimat ihnen bedeutet. Es ist ihr Gefühl, dass ihre Region der sie angehören, ihnen Wurzeln geben und sie Geborgenheit besitzen. Die Pflege der Traditionen hilft in einer globalisierten Welt sich zu orientieren und gleichfalls die Zukunft zu gestalten, in der Hoffnung, dass sie für die kommenden Generationen Bewahrung und neue Impulse beinhalten, um die Zukunft zu gestalten.

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