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Veranstaltungsberichte

Lutherland Thüringen? Chancen und Risiken der Reformationsdekade Luther 2017

Lutherdekade 2017 in Thüringen

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Im Evangelischen Augustinerkloster zu Erfurt fand zum Anlass entsprechend eine Vortrags – und Gesprächsveranstaltung im Luthersaal statt.

Die Gestaltung als auch Unsicherheiten der Lutherdekade in Thüringen stand im Mittelpunkt der Veranstaltung, bei der die Thüringer Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chefin der Staatskanzlei Marion Walsmann, MdL als Landesministerin und Erfurter Landtagsabgeordnete die Bedeutung und Chancen der Lutherdekade für Thüringen und Erfurt hervorhob.

Der Beauftragte der Thüringer Landesregierung zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums „Luther 2017“ und Geschäftsführender Vorstand der Internationalen Martin-Luther-Stiftung Dr. Thomas Seidel ging in seinem Vortrag neben den Chancen, welche sich auch gerade im Tourismusbereich bieten, auch auf Unsicherheitsfaktoren bzw. Tatsachen ein, die ein „Lutherland Thüringen“ nicht als Automatismus stehen lassen. Dazu zählen für ihn die Entkirchlichung, die nur noch 28 % der Thüringerinnen und Thüringer als Angehörige der Evangelischen Kirche sieht. Außerdem plädiert Dr. Seidel, nicht nur die Figur Martin Luthers einseitig zu fokussieren, sondern die Lutherdekade eher als Reformationsdekade zu sehen, die auch andere Protagonisten dieses historischen Ereignis für Deutschland und die Welt würdigt. Insofern greift der Begriff „Lutherdekade“ für ihn inhaltlich zu kurz und kündigte zeitweise ein „Lutherfasten“ im Programmkalender bis 2017 an.

Hinsichtlich der Ausgestaltung der Aktivitäten wünscht sich Dr. Seidel ein noch stärkeres Engagement des EKD, um gerade die geistig-sakrale Bedeutung der Lutherdekade zu stärken, denn dies könne nicht Aufgabe des Staates sein. Gleichwohl erhofft er sich ein finanzielles Engagement im kulturpolischen Bereich des Freistaats Thüringen, das die Schaffung seiner Position als Beauftragter des Freistaates für das Reformationsjubiläum rechtfertigt.

Minister a.D. Prof. Dr. Jens Goebel schilderte in seinem Vortrag die Entstehung des Evangelischen Arbeitskreises als Vertretung der evangelischen Christen innerhalb der überkonfessionell gegründeten eher katholisch dominierten CDU. In Thüringen besteht der EAK fast 20 Jahre, wobei im Freistaat eine Mehrzahl der CDU-Mitglieder den evangelischen Kirchen angehört. Prof. Goebel ging dabei auf die Kleinteiligkeit Thüringens sowie auch der Kirchenstrukturen ein, welche für die Lutherdekade vielfältige Aktivitäten erwarten lassen.

Im Podiumsgespräch interessierte den Moderator Karsten Jauch von der Thüringer Allgemeinen insbesondere mögliche Konkurrenzsituationen zu Sachsen-Anhalt als auch Sachsen oder anderen Orten in Deutschland. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Spitzen der Tourismuswirtschaft das Jahr 2017 zu einem ähnlichen Ereignis, wie die Fußball-WM 2006, zu vermarkten.

Sowohl Dr. Seidel als auch Prof. Goebel wiesen darauf hin, dass natürlich nicht erwartet werden kann, dass internationale Gäste nur Thüringen im Fokus haben können bzw. auch mit den Partnerländern, die nicht nur Mitteldeutschland, sondern auch Hessen oder Rheinland-Pfalz umfassen, gemeinsame Kalender gefunden werden müssen. Ministerin Marion Walsmann wies darauf hin, dass mit der Wartburg bereits früh ein „Lutherort“ in Thüringen herausgestellt wurde. Zudem verwies sie auf die zusätzliche Aufwertung Thüringens durch den Papstbesuch im September, der eine große ökumenische Geste darstellt. Dr. Seidel ergänzte, dass der Besuch des Augustinerklosters in Erfurt durch einen deutschen Papst und das gemeinsame Feiern einer ökumenischen Wortmesse mit EDK-Vertretern ein herausragendes Ereignis darstellt.

Das Publikum interessierte sich in seinen Nachfragen gleichfalls zum Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften und wie auch Schattenseiten der Figur Martin Luthers. Dr. Seidel unterstrich die Bedeutung des interreligiösen Dialoges, wobei die Reformation ein gutes Beispiel geben kann, da sie den Weg zum modern Staatsverständnis einer Unterscheidung zwischen Staat und Kirche gegeben hat, welche in der überwiegenden Zahl der muslimischen Gesellschaften noch nicht existiert. Der zweifellos in einigen Schriften Luthers geäußerte Antisemitismus ist sicherlich als Entwicklungsprozess in seiner Biografie zu sehen, jedoch unterscheidet er sich deutlich vom rassistisch-völkischen Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts.

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Seminar
1. - 5. Mai 2011
Wendgräben, Eisenach, Erfurt, Eisleben, Wittenberg
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