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Veranstaltungsberichte

Transatlantischer Dialog

von Kirsten Seyfarth, Maja Eib
Teil 9: Wirtschaftspolitik im Vergleich

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Im Namen der Veranstalter, dem US-Generalkonsulat Leipzig und der Konrad-Adenauer-Stiftung begrüßte am 8. November Tagungsleiter Marc Rauhut zahlreiche Gäste zum neunten Transatlantischen Dialog in der Kleinen Synagoge Erfurt. Nach den Themen zum Freiheits- und Sozialverständnis, den Bildungssystemen, Medien aber auch den Gesundheitssystemen sowie der Umwelt- und Energiepolitik stand in dieser Veranstaltung die Wirtschaftspolitik der beiden Länder Amerika und Deutschland im Mittelpunkt.

Der Tagungsleiter dankte zuvorderst Dr. Fuerst für die gute Zusammenarbeit in der Vorbereitung der Dialogreihe und sprach erste Gedanken aus, die die Konrad-Adenauer-Stiftung in Vorbereitung der Veranstaltung bewegten. Die Frage: Wie hat sich die Wirtschaftspolitik in ihrer Historie in beiden Ländern entwickelt und wo liegen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten“ aber auch die Diskussion zur weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und die damit einhergehenden Veränderungen gaben der 120-minütigen Veranstaltung eine richtungsweisende Note.

Der Dialog wurde wieder in alt bewährter Weise vom stellvertretenden Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung, Hartmut Kaczmarek moderiert. Ihm zur Seite begrüßte Kaczmarek gleich zwei Fachleute. So gaben Professor Bodo Herzog, der Volkswirtschaftslehre an der Universität Reutlingen lehrt, zur deutschen Wirtschaft Auskunft. Als weiterer Gesprächspartner kam der Wirtschaftsreferent der U.S. Botschaft Berlin, Dr. Oliver Ziegler mit Thesen, die er anschließend in einem einführenden Vortrag vorlegte.

Ziegler benannte die beiden Spielarten der kapitalistischen Wirtschaftsformen: Den Rheinischen Kapitalismus sowie den neoamerikanischen Kapitalismus, die sich u.a. in den sozialen Sicherungssystemen unterscheiden. Während Deutschland eher dem Modell einer koordinierten Marktökonomie entspricht, verwenden die Ökonomen in den USA den Begriff einer liberalen Marktökonomie. In einer weiteren These wagte Ziegler einen Exkurs in die Historie der amerikanischen Systeme. Bekanntlich zogen dabei große Krisen in den USA stets große Regulierungsanstrengungen nach sich. Sein historischer Ausflug berührte konkrete Krisenzeiten und die darauf folgenden Konjunkturprogramme sowie die Ausrichtung der Politik unter der Ägide unterschiedlicher Präsidentschaften. Doch solche Initiativen forderten ihren Preis, Ziegler benannte anhand konkreter Zahlen die hohe Verschuldung des amerikanischen Staates, ging aber mit allen Industrieländern zu Gericht: „Alle müssten sparen“.

Den einführenden drei Thesen von Dr. Ziegler setzte Professor Bodo Herzog vier weitere hinzu. Herzog wusste um Unterschiede zwischen amerikanischer und deutscher Wirtschaftspolitik, insbesondere in den Zielen der Geldpolitik und der Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik im Konkreten. In Deutschland sei die Preisniveaustabilität primär, das amerikanische Modell dagegen schaffe keine Hierarchien in ihren Zielen, sondern stelle beispielsweise diese Stabilität in eine Reihe von u.a. Beschäftigungssystemen. Eine weitere Aussage: Die Vergangenheit belegt, dass Deutschland eine ausgewogenere (nachhaltigere) Wirtschaftspolitik (Basis soziale Marktwirtschaft) umsetzt, wurde anhand der Unterschiede zur Schwankungsfähigkeit beider Staaten begründet. Der deutschen Wirtschaft falle es durch die strukturell bedingte Schwankungsfähigkeit leichter, aus Krisen herauszukommen. Weiter stellte Professor Herzog fest, dass die angelsächsische Dominanz in der ökonomischen Wissenschaft teils zu einer Monopolstellung in der Lösung von wirtschaftlichen Problemen führe, es aber an Alternativen fehle. Allerdings, die aktuelle Situation der Euro-Staatsverschuldungskrise bedarf einer Rückbesinnung der Geldpolitik auf das Primärziel Preisniveaustabilität und sowie einen neuen Fiskalrahmen mit Regeln und Sanktionen sowie Konsequenzen.

Der Moderator des Abends Hartmut Kaczmarek fragte im Anschluss dieser Thesen nach den Zusammenhängen zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit. Dabei wurden die Vor- und Nachteile von Konjunkturprogrammen, die bekanntlich meist nur kurzfristig „stimulieren“ in die Waagschale geworfen. Beide Staaten wurden anhand ihres Export- und Importvolumens sowie der unterschiedlichen Sozialsysteme verglichen, obwohl sich die Bewertung der Systeme als äußerst schwierig herausstellte.

Die offene Runde nutzten die Gäste, um mit den Referenten ins Gespräch zu kommen. Dazu wurden eigenen Erfahrungen in beiden Ländern sowie längere Reisen in die Länder als Grundlage für Fragen genutzt. Neben dem Ringen um das Verstehen der Wirtschaftspolitik der beiden führenden Staaten, tendierten die Fragen auch auf die weitere Großmacht China, die mit ihrer bewussten Wechselkurspolitik z.T. auch zur Finanzmarktkrise beitrug. Ein weiterer Schwerpunkt umfasste die mögliche Spannung zwischen Amerika und Europa. Doch „wir haben alle viel zu tun“, meinte Professor Herzog und bescheinigte Amerika gleich mehrere ökonomische Aufgaben, die u.a. eine andere Geld- und Arbeitsmarktpolitik sowie die Entwicklung eines Gesundheitssystems umfassen. Dabei besitze Amerika eine florierende Industrie, die schnell Monopole schafft, die Amerikaner seien offen, diskussions- und entdeckerfreudig sowie positiv denkend. Die Amerikaner hingegen schauen mit Sorge auf Europa, denn eine Implosion der Eurozone schade auch ihrer Wirtschaft.

Mit einem„Wir haben alle viel zu tun“, verabschiedete sich Hartmut Kaczmarek vom interessierten und lebhaften Publikum, das sich auch nach dem offiziellen Teil noch Informationen einholte.

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