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Veranstaltungsberichte

Von der Verantwortung des Staates und des Einzelnen

von Maja Eib
Finanzpolitische Perspektiven 2020. Eine gesamtdeutsche Herausforderung

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An einem „symbolhaften und wunderschönen“ Ort begrüßte am 2. November Maja Eib über 120 Gäste im Wappensaal des Wartburghotels. Passend fand die Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung einführende Worte zu den Vorträgen und Gesprächen und gab mit den Namen bedeutender Persönlichkeiten wie Martin Luther oder der Heiligen Elisabeth wichtige Impulse für weitere Aussagen. Dabei schlug Maja Eib Brücken zu den beiden Ministern, die vor Ort zum Thema „Von der Verantwortung des Staates und des Einzelnen – Finanzpolitische Perspektiven 2020. Eine gesamtdeutsche Herausforderung“ Stellung bezogen. Zuvor jedoch wurden zehn Schülerinnen und Schüler vom Eisenacher-Martin-Luther Gymnasiums herzlich begrüßt, die Maja Eib und der Moderator des Abends Claus Peter Müller von der Grün bereits in einem Vorgespräch kennenlernen durfte.
Maja Eib war sich der finanzpolitischen Brisanz des abendfüllenden Themas wohl bewusst, denn Deutschland steht vor richtungsweisenden Entscheidungen. Das diese Veränderungen besonders die jüngere Generation vor ungeahnte Herausforderungen stelle, sei heute deutlicher denn je. Deshalb brauche es neue politische Antworten, die transparent und verständlich sein müssen, die gleichfalls aufzeigen, wie man nachhaltig und generationengerecht wirtschaftet. Eib sieht dabei auch die Bürger in der Verantwortung. Sie wünschte sich mehr Eigenverantwortlichkeit und Solidarität und gab das Wort an den Landrat des Wartburg-Kreises Reinhard Krebs.

Begrüßung durch Maja Eib:

Grußwort Reinhard Krebs:

Vortrag Dr. Wolfgang Voß:

Vortrag Dr. Thomas Schäfer:

Diskussion:

Schlusswort Christian Hirte:


Dieser reichte gleich zu Beginn seiner Ausführungen die kleine Pointe weiter, dass die Wartburg ja zur kreisfreien Stadt Eisenach gehöre und er damit nicht ganz „zu Hause“ weile. Dennoch verbinde ihn zur Heiligen Elisabeth eine Geschichte, die er gerne und öfters erzählt. Als gelernter Landwirt beeindrucke ihn heute noch die Tat von Elisabeth, als sie den Bauern zur Erntezeit Sicheln schenkte. „Hilfe zur Selbsthilfe“ nannte Krebs dies und begrüßte dabei „viele bekannte Gesichter“ im Publikum. Obwohl der Wartburgkreis keine Schulden dank eines starken Mittelstandes und einer florierenden Wirtschaft mache, „sitzen wir alle in einem Boot“. Der Landrat begrüßte dabei die Sparstrategie des Freistaates ausdrücklich und gab dem Minister Dr. Wolfgang Voss den Staffelstab.

In seiner sehr sachlich gehaltenen Einführung war bereits nach den ersten Worten die „ideale Welt“ des Finanzministers hörbar: „Öffentliche Einnahmen sollen die Ausgaben bestimmen“. Die „reale Thüringer Welt“ hat einen Haushalt von 9 Milliarden Euro beschlossen, 9,5 Milliarden Euro werden wohl auf der Ausgabenseite stehen. Die Fragen nach „gerechtfertigten“ Schulden und der erneuten Kreditaufnahme stellte Dr. Voß an und betonte gleich, dass er Konflikte in 2012, wenn das Land Thüringen keine neuen Schulden mehr aufnehmen will, vorprogrammiert seien. Dennoch, die Kredite in den vergangenen Jahren wurden nicht „verbrannt“, sondern neue Infrastrukturen wie Bahnanschlüsse und –verbindungen, sanierte Wasser- und Abwasseranlagen sowie Sauberkeit in Wasser und Luft geschaffen. Seit 1991 nahm somit der Freistaat eine „atemberaubende“ Entwicklung. War damals noch von einer Arbeitslosenquote von 14 Prozent die Rede, liegt sie heute bei 8,1, im Wartburgkreis gar bei 5,3.

Im Hinblick auf den Länderfinanzausgleich, dem Solidarpakt sowie den weniger werden Mittel aus Bund und Europa sowie den Auswirkungen der immer weniger werdenden Thüringer bekommt das Land neue Aufgaben, die von Eigenverantwortung geprägt sein sollen. Als Vorrangaufgabe benannte der Finanzminister die Haushaltskonsolidierung und das Prüfen von Standards in Thüringen, beispielsweise der Reduzierung von öffentlichen Aufgaben. Dr. Voß begrüßte deshalb auch den Veranstaltungstitel, um für diese Konsolidierung werben zu können und damit Transparenz herzustellen. Denn 2020 würden nicht nur weniger Mittel zur Verfügung stehen, sondern auch weniger Facharbeiter. Deshalb seien Ideen für eine stärkere regionale Wirtschaftsförderung gefragt. „In Ostdeutschland liegt die Wirtschaftsleistung pro Kopf bei rund 70 Prozent des westdeutschen Niveaus. Deshalb sehe ich auch in einer neuen Finanzarchitektur der Zukunft die Notwendigkeit einer überproportionalen Regionsförderung in Ostdeutschland.“ Insbesondere die Innovations- und Technologieförderung sei von Zukunftsbedeutung. Für den Freistaat Thüringen sieht Voß eine gute Zukunft. „Die zentrale Lage des Freistaates Thüringen und die heutige Zuwanderung von Studierenden in unser Land sind gute und wichtige Aspekte für die weitere Entwicklung. Angesichts steigender Löhne und der hohen Lebensqualität könnte Thüringen künftig vielleicht sogar Zuwanderungsland werden.“

Im Anschluss stellte der Hessische Finanzminister in einer freien Rede ziemlich zu Beginn klar: „40 Jahre lebten wir über unsere Verhältnisse“. Eine weitere „Binsenweisheit“: „Der Staat könnte nicht pleite gehen“, griff Dr. Thomas Schäfer auf, um tagesaktuell auf Geschehnisse in Europa zu reagieren. Schäfer sieht Deutschland als Vorreiter. So gut wie kein anderes Land durch die Krise gekommen, schauen nun andere europäische Länder neugierig auf Deutschland und hoffen auf eine „Europäische Lokomotive“. Wenn die Deutschen es nicht schaffen und zeigen, wie Sparen funktioniert, wer sollte das denn sonst tun? Die riesige demografische „Kippe“, Altschulden aber auch die Attraktivität einzelner Standorte und folglich Zentrierung von Berufen machten den Minister nachdenklich. Er forderte, berufliche Perspektiven auch für junge Leute zu schaffen, auch wenn die Zeit nicht besonders günstig sei. Ihm gelang mit dem Zitat „Wir sitzen in einem Boot und uns geht es allen gleich schlecht“, eine Analyse des Ist-Zustandes. Schäfer wünschte sich in Deutschland „ein Beieinanderbleiben sowie Solidarität untereinander“. Gleichfalls appellierte er an den Staat, ein neues Verteilersystem von Geber- und Nehmerländern zu entwickeln. Dazu benötige es Transparenz und den Willen, Belastungen nicht zu „verkleistern“, sondern Zahlen und Herausforderungen sowie Einsparungen konfrontativ darzustellen. Dabei betonte der Minister, dass Hessen gerne auch weitergab, gerade weil das Land mit seinem Finanzstandort Frankfurt in der Lage war, Aufbauhilfe Ost zu leisten.

Die anschließende Fragerunde eröffnete Claus Peter Müller von der Grün mit einer konkreten Bitte um Zahlen zu Betreuungsquoten in Hessen und Thüringen vom Kleinkind bis zur Ausbildung. Schnell stellten sich Defizite heraus, die aber u.a. unterschiedlichen Schulformen oder Betreuungsdichten geschuldet waren. Vorsichtig näherten sich die Diskutanten dem Thema Gebietsreform. „Wir machen alles größer“ sei falsch, so die beiden Minister. Es bedürfe vieler Überlegungen, die aber 2014 (Thüringen) durchkonstruiert sein sollten. Dr. Schäfer mahnte jedoch, bei all diesen Überlegungen, nur „historisch gewachsene Linien zu bedienen und Regionen nicht zu verknüpfen, die geschichtlich nie zusammen gehörten.“

Weitere Gespräche rankten sich um Sparmaßnahmen in den Ländern. So existiert bei den hessischen Beamtenkollegen noch die 42-Stunden-Woche, in Thüringen wurden die Grundsteuersätze gehoben. Die Frage nach dem Solidarpakt III stellten sich beide Minister so nicht. Dr. Voß: „Einen Solidarpakt III, der einseitig von Ost nach West fließt, wird es nach 2020 nicht mehr geben. Die künftige Verteilung sollte sich nicht an den Himmelsrichtungen, sondern an den finanziellen Bedürfnissen der Regionen orientieren.“

Eine sehr konkrete und lebendige Wende bekam das Gespräch durch die aktive Teilnahme von Schülerinnen und Schülern des Eisenacher Martin-Luther-Gymnasiums. Beide Minister waren gefordert, kurz, und vor allem überzeugend zu antworten.

Der erste Schwerpunkt betraf eine Forderung nach Chancengerechtigkeit in der Bildung. Die Antwort legte die Rolle der Familie in der Gesellschaft an oberste Stelle. Familien seien grundsätzlich tauglich und verantwortlich, der Staat müsse allerdings Rahmen bzw. Bedingungen schaffen, beispielsweise mit Eltern- und Kindergeld und den Betreuungsangeboten vor Ort.

Die Demografieentwicklung und damit einhergehende wachsende Verantwortung der Einzelnen mit einer möglichen Eigenvorsorge für die Rente müsse zudem verstärkt diskutiert werden. Zudem werde sich das Renteneintrittsalter weiter erhöhen. Doch auch die Mobilisierung aller Reserven für den Arbeitsmarkt stand im Mittelpunkt der Gespräche mit konkreten Beispielen. So sollten beispielsweise die Probleme alleinerziehender Frauen, die wegen fehlender Betreuungsangebote des Kindes nicht arbeiten können, gehört und gelöst werden. Auch dass die Sprache als Schlüssel zur gelingenden Integration funktioniert, um die Kinder „mitzunehmen“, wurde in beiden Ländern erkannt und in unterschiedlichen Angeboten und Vorkursen umgesetzt.

Die abschließenden Worte sprach der Schirmherr der Eisenacher Gespräche der Konrad-Adenauer-Stiftung, Christian Hirte MdB, der schnell resümierte, „Mehr Fragen als Antworten“ gefunden zu haben. Hirte sprach von großen Herausforderungen die von der jungen Generation zu tragen und zu gestalten seinen und prognostizierte „Wir in Thüringen könnten dabei eine Vorreiterrolle“ spielen.

Die veranschlagten 120 Minuten für die Veranstaltung wurden, den interessanten Themen und Fragen geschuldet, überschritten. Dennoch ließ es sich Thüringens Finanzminister Dr. Voß nicht nehmen, noch eine Diskussionsrunde mit den Gymnasiasten „anzuhängen“. In persönlicher Runde nutzten die Eisenacher Schüler die Möglichkeit, hautnah zu fragen und einen Minister kennen zu lernen, der sehr wohl die Sorgen und Nöte der jungen Generation kennt und in seinen Entscheidungen tagtäglich berücksichtigt.

Autorin: Kirsten Seyfarth

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