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Veranstaltungsberichte

Was tun wir Menschen mit der Erde?

Diskussion über die Folgen der Umweltzerstörung

Das Anthropozän, auch Menschenzeit genannt, könnte eines Tages in den Geschichtsbüchern den derzeitigen Existenzabschnitt unseres Planeten erdgeschichtlich bezeichnen. Ob zerstörerische oder gestalterische Elemente überwiegen, darüber wurde auf einer Kooperationsveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung in Jena mit Christian Schwägerl und Dr. Mario Voigt diskutiert.

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Mit einem Kompliment an die Stadt Jena begrüßte Christian Schwägerl die zahlreichen Zuhörer im Sitzungssaal der Jenaer Rosensäle. Besonders das Wirken des Max-Planck-Institutes und das Studium von Max Reger, der wie Schwägerl in der Oberpfalz geboren wurde, schaffe ihm eine Verbindung zur Stadt der Wissenschaften.

Doch bevor der renommierte Wissenschaftsjournalist am 14. Juni mit seinem eigentlichen Vortrag zu seinem ersten Buch „Menschenzeit“ begann, übernahm Daniel Braun vom Bildungswerk Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung die Vorstellungsrunde. Braun hob dabei die Partnerschaft mit der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Geschäftsführenden Vorsitzenden Dr. Marco Schrul hervor. Dieser betonte die Stärke solcher Partnerschaften und gemeinsamen Projekte, wenn es darum ginge, eine nachhaltige Zivilisation zu begründen.

Gleichfalls wurde das Podium unter Vorsitz des Chefredakteurs der Thüringischen Landeszeitung Hans Hoffmeister vorgestellt. Ihm zur Seite saßen die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/ Die Grünen im Thüringer Landtag Anja Siegesmund und der Generalsekretär der CDU Thüringen sowie Mitglied des Thüringer Landtags Dr. Mario Voigt.

Die Vorstellung des Erstlingswerkes von Christian Schwägerl „Menschenzeit –Zerstören oder gestalten? Die entscheidende Epoche unseres Planeten“ traf auf ein hoch interessiertes Publikum. In einer, als Vortrag aufgebauten, Präsentation begann der in Berlin wohnhafte Spiegel-Journalist seine Ideen des Anthropozän, auch Zeitalter der Menschen bezeichnet, mit der Begriffserklärung. Schwägerl erläuterte mithilfe Zeitskalen die unterschiedlichen Epochen und stellte den Menschen als Gestalter in den Mittelpunkt.

Und die Macht des Menschen sei so groß, dass ein neuer Planet entstehe. Eine Mensch-Erde. Denn der Mensch versetze Berge und rode Wälder, er greife ins Weltklima ein, rotte Tiere und Pflanzen aus. Allerdings ist der Mensch auch Schöpfer neuer Arten und Lebenswelten, was gleichfalls viele positive Aspekte beinhaltet. Die Errungenschaften in Wissenschaft und Technik, wobei er besonders die Medizin hervorhob sind Resultat der „Menschenwelt“. „Die Grenzen“, so Schwägerl weiter, „zwischen Natur und Kultur verschwinden“. Aus der sogenannten Umwelt entstehe die Menschenwelt. Letztendlich sei die Natur in eine Menschenwelt eingebettet. In diesem Zusammenhang lobte der Autor die enge Zusammenarbeit mit Paul Crutzen, der dieser Entwicklung auch den Namen „Anthropozän“ verlieh. Crutzen wisse genau, so Schwägerl, dass die Menschen die Welt über Jahrtausende verändert habe, ohne die genauen Folgen zu erahnen. Nun stehe der Reifungsprozess an. Überfischung, Artenschwund, Waldzerstörung und Klimawandel seien dabei die Symptome einer zu korrigierenden Denkweise. In diesem Zusammenhang warb er insbesondere dafür, scheinbar kostenlosen natürlichen Ressourcen wie Wäldern einen ökonomischen Wert beizumessen, der bei marktwirtschaftlichen Kalkulationen einbezogen werden muss.

Doch bei all den Botschaften wußte Schwägerl Rat: Jeder Einzelne müsse Verantwortung übernehmen. Besonders in den reicheren Regionen seit sei jeder mit der Welt verbunden, Nahrungsmittel, Konsumgüter und Energieverbrauch führen jederzeit zu den Krisenherden. Allerdings gelte der westliche Lebensstil als Ideal gerade für die aufstrebenden Schwellenländer mit ihren großen Bevölkerungen. Schwägerl schlug vor, die westliche Lebensart zu wandeln sowie den Konsum zu mäßigen und nicht mit den Ressourcen verschwenderisch umzugehen, um neue Beispiele für die Entwicklung weltweit zu geben. Kurz formuliert, der Buchautor forderte auf, eine Ökonomie der Verantwortung zu entwickeln, denn kollektives Lernen sei möglich. Dabei wisse er als Journalist auch nur zu gut, dass es ein „Zurück-zur-Natur-Denken“ nicht die Lösung sein kann und kritisierte die teilweise menschenfeindliche Einstellung von Umweltschutzaktivisten. „Die Zentren der Forschung und Bildung, die Genbanken und die Designprinzipien der Natur sind die wahren Schatzkammern der modernen Gesellschaft. Ein positives Gegenbild zu den heutigen Krisen ist nötig.“

Seine Vision von Morgen formulierte Schwägerl folgend: „Im Anthropozän von Morgen könnten es eine Wirtschaft geben, die Naturwerte in ihren Bilanzen führt, eine Technologie, die mit der Natur verschmilzt, eine Zivilisation, die Klima und Ökosysteme beeinflusst.“

Dazu sei auch Offenheit gegenüber neuen Technologien nötig, die er insbesondere für die Bio- und Gentechnik einfordert, der er große Entwicklungspotenziale zuschreibt. Mit dem Satz „Wir leben in einer Anfangszeit“ übergab Schwägerl das Wort an den TLZ-Chefredakteur Hans Hoffmeister, der die mit Spannung erwartete Gesprächsrunde eröffnete. Denn trotz der hohen Aufmerksamkeit sowohl im Publikum und im Podium war nicht das wortlose Hinnehmen dieser Thesen zu erwarten.

Dr. Mario Voigt erinnerte gleich zu Beginn der Diskussionsrunde an die Wahrung der Schöpfung. „Die Natur sollte jeder als Bank begreifen und sich vor Augen führen, dass die Welt nur geborgt ist.“ Der CDU-Generalsekretär betonte jedoch auch, dass es schwer sei, politische Entscheidungen heute zu vermitteln, die in etwa zehn Jahren erst greifen. Voigt appellierte an die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen, die stärker in den Blick gerückt werden müsse. Gleichfalls brachte er den Begriff des globalen Ethos in die Diskussion ein und wünschte sich ein intelligentes Wachstum der Wirtschaft unter Einbeziehung neuer Technologien.

Im Anschluss schlug Schwägerl vor, die Europäer als Wegbereiter eines neuen Lebensstils unter dem Slogan „innovativ und gemäßigt“ zu fordern, damit sich andere Kulturen an ihnen messen können und ihn letztendlich annehmen.

Anja Siegesmund hingegen wünschte sich eine Schritt-für-Schritt-Veränderung. Dabei sei gesellschaftlicher Konsens nötig, um ein qualitatives Wachstum zu ermöglichen. Die frühe Einbeziehung der Bürger in politische Entscheidungen seien dabei äußert wichtig.

Ziemlich schnell bewegte sich die Diskussion um das aktuelle Thema „Kernenergie“. Einig waren sich die Podiumsmitglieder auch, dass Atomkraft ein Phänomen des 20. Jahrhunderts sei. Dr. Voigt wußte, dass Wachstum nur möglich sei, wenn in das Suchen von Neuem investiert würde. Die Fraktionsvorsitzende Siegesmund forderte zudem eine regionale Wertschöpfung. Gerade in Zeiten der Energiewende solle in der Region in Forschung und Entwicklung investiert werden.

Um künftige Energieressourcen, Pro und Kontra bei Biosprit, Windkrafträdern und Photovoltaik entspannen sich Gespräche, die immer wieder zur Entwicklung der Region führte, wobei Dr. Voigt betonte, dass eine Neuausrichtung der Energiepolitik und die Chance, Thüringen als energieeffizientes Bundesland zu entwickeln, immer mit Augenmaß erfolgen solle.

Und schnell stand der Begriff einer neuer Infrastrukturen im Raum. Bei all der Diskussion um die Gestaltung waren sich die Teilnehmer einig: In Thüringen gilt es, gemeinsam an künftigen lebenswerten Alternativen zu arbeiten. Manchmal gehöre auch eine schöpferische Zerstörung und das Opfern von Altem dazu, um Projekte voranzubringen. Diese globale Verantwortung trifft jedoch nicht nur die Politik, sondern jeden Einzelnen. Dabei sollte die Demut vor der Natur immer berücksichtigt werden.

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