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Event Reports

Bernhard Vogel: Brückenbauer zwischen Ost und West

Buchvorstellung im Haus der Geschichte

Ein inhaltsreicher sowie unterhaltsamer, neue Erkenntnisse und aktuelle Handlungsempfehlungen vermittelnder Abend mit Bernhard Vogel, Thomas Sternberg und Christopher Beckmann unter der Moderation von Hans Walter Hütter.

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Es gibt mindestens fünf Bernhard Vogels. Die meisten würden den eben 85 Gewordenen, der eine ungebrochene Vitalität und Scharfsinnigkeit an den Tag legt, mit seinem Wirken als Ministerpräsident Thüringens in Verbindung bringen, die Kundigeren und Erfahrenen auch als Ministerpräsident und Kulturpolitiker in Rheinland-Pfalz (und damit als einziger deutscher Politiker, der Ministerpräsident in zwei Ländern gewesen ist). In der Konrad-Adenauer-Stiftung ist er natürlich der langjährige und sogar (wegen einer Unterbrechung in der Thüringer Zeit) der zweimalige Vorsitzende und jetzt Ehrenvorsitzende. Aber der Bernhard Vogel des deutschen Laienkatholizismus und der Außenpolitiker Bernhard Vogel sind allgemein weniger bekannt.

Christopher Beckmann, Zeithistoriker in Diensten der Stiftung, hat eine umfangreiche und lesenswerte Monographie zur Deutschland- und Ostpolitik Vogels vorgelegt. In ihr sind wichtige biographische Aspekte dieses Ausnahmepolitikers nachzuverfolgen. In einer Festveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Hauses der Geschichte aus Anlass seines 85. Geburtstages wurde nun bewusst zusammen mit dem Jubilar über sein Wirken im deutschen Laienkatholizismus, vor allem als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in den Jahren 1972 bis 1976, und sein außenpolitisches Engagement gesprochen.

Wer wäre da berufener als Thomas Sternberg, jetziger Zdk-Präsident, der nach der Ein-führung durch den Präsidenten der Stiftung Haus der Geschichte, Hans Walter Hütter, einen inspirierenden Blick auf 50 Jahre Katholizismus gab. Bernhard Vogels zentrale Rolle darin begann mit einer Auseinandersetzung im „Schicksalsjahr“ 1968. Vogel, damals Prä-sident des Katholikentages in Essen, vermochte es, die Wogen zu glätten, die durch ka-tholische Proteste gegen die Sexual- und Familienmoral „Roms“ das Laientreffen in eine Schieflage zu bringen drohten. Aus einem gemischtkonfessionellen Hause stammend, von seiner katholisch-sozial engagierten Mutter geprägt, trat sein Talent, zu vermitteln und Unversöhnlichkeit abzumildern, ja aufzulösen, damals zuerst öffentlichkeitswirksam zu Tage. In vielen weiteren Debatten und Auseinandersetzungen war er es, der das mäßi-gende und verbindende Element, also die christlich inspirierte Vernunft, zur Geltung brachte. Sternberg verwies vor allem auf den Konflikt mit dem Vatikan in der Frage, wie die Kirche mit dem geteilten Deutschland umgehen solle. Dem Plan, die deutsche Teilung auch in der Kirchenorganisation abzubilden, u.a. durch zwei Nuntii in Bonn und Ost-Berlin, widersetzte Vogel sich vehement.

Die anschließende Podiumsdiskussion war – soviel Pathos sei erlaubt – eine besondere Stunde deutscher zeithistorischer Betrachtung, angeregt auch durch Hütters direktes und zielgenaues Fragen. Bernhard Vogels frühe Reisen in die DDR, seine Erlebnisse mit den Menschen dort, seine riesige Stasi-Akte (1600 Seiten!), seine Begegnungen mit Erich Honecker, dem formelhaften Apparatschik, der im privaten Gespräch unvermittelt Sehn-sucht nach seiner saarländisch-südwestdeutschen Heimat durchblicken lässt – all das waren Schlaglichter auf ein politisches Leben, das sich auf das Brückenbauen versteht.

Aber nicht nur über die Elbe oder die Gera, die durch Erfurt fließt, auch über die Oder hat Vogel Verbindungen gebaut. Das deutsch-polnische Verhältnis lag ihm, dem engagierten Katholiken wie auch Helmut Kohl, immer besonders nah. Umso mehr schmerzt es ihn, wie sich dieses Verhältnis abgekühlt hat, natürlich auch durch das intransigente Verhalten der augenblicklichen Regierung. Aber Bernhard Vogel appelliert an die deutsche Politik, gelassener und verständnisvoller zu sein und den Selbstfindungsprozess der Polen nach jahrhundertelanger Fremdherrschaft, nicht zuletzt durch Deutsche, weniger hartleibig zu begleiten. „Man muss nicht genauso zurückschimpfen!“ Das gab uns Bernhard Vogel als Schlusswort dieses außergewöhnlichen Abends mit auf den Weg. Es ist nicht nur auf das deutsch-polnische Verhältnis anzuwenden. Schon im berüchtigten Bonner Stau vor der Veranstaltung hätte man es schon anwenden können.

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Dr. Ulrike Hospes

Dr. Ulrike Hospes

State Commissioner and Head of the Political Education Forum NRW /
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