Es ist still geworden um die Jugend. In-Ear-Kopfhörer sind ihre Insignien. Wozu lärmend Aufmerksamkeit erregen, wenn sich die Gefechtsformationen im Generationenkonflikt seltsam verkehrt zu haben scheinen und in die Jahre gekommene Berufsjugendliche – wohl bis zum Abwinken – Rebellentum und zügellose Selbstbestimmung hochleben lassen? Erst recht in einer alternden Gesellschaft, in der ein klischeebeladener Jugendkult fast panische Züge annimmt, hat es die reale Jugend nicht leicht. So makellos sind sie in Wirklichkeit nämlich nicht – die Jugendlichen, die weiterhin viel mit sich und ihrer Umwelt auszutragen haben. Weil Jugend eine schwierige Lebensphase bleibt, geht man ihr alltags lieber aus dem Weg und überlässt sie der wohlmeinenden Jugendpflege, deren defizitgesteuerter Blick ein weiteres Zerrbild evoziert: Ausbildungsklemme, Akademikerschwemme, Drogen, Missbrauch und Gewalt – Jugendliche sind auch die Problembären der Nation!
Nimmt man das nachlassende zahlenmäßige Gewicht beispielsweise bei Wahlen hinzu, dann läuft alles auf eine Marginalisierung der Jugend hinaus – und das in einer Zeit, in der jeder Jugendliche noch „wertvoller“ ist. Ihm wird die Wahrung des Generationenvertrags mehr abverlangen als uns. Wenn er erfolgreich ist und ihm zum Glück die Welt offensteht, muss seine soziale Rückkopplung an die, die weniger mobil und dynamisch sind, stärker gefestigt sein. Gewinnen wir ihn und seinesgleichen nicht frühzeitig für Politik und Gesellschaft, drohen versteinerte Verhältnisse.
Jugend ist kein Kümmer-, sondern ein Kernthema. Nicht von ungefähr bildet es den Schwerpunkt dieser besonderen Ausgabe unserer Zeitschrift, die erstmals in neuem Layout erscheint und mit jetzt ständig 128 Seiten in sechs Ausgaben jährlich ihre Inhalte noch facettenreicher ausleuchten kann. Gerade das konturenreiche „Untersuchungsobjekt“ Jugend bedarf einer Vielzahl von Perspektiven, auch von Brechungen.
Dabei bewahrt das neue Element der „Fotostrecke“ davor, vor lauter Jugenddeutung den individuellen Blick zu verlieren: Mit teils herausfordernder Direktheit treten uns Jugendliche gegenüber, probieren Rollen, testen Posen, entwickeln aber auch Natürlichkeit und Haltung oder werden sich ihrer persönlichen Ausstrahlung und Besonderheit bewusst.
Spannender ist keine Lebensphase! Was wird, ist offen. Aber wie für eine gute Zukunft im Allgemeinen gilt für die Jugend besonders, dass wir die vorhandenen Potenziale nach Kräften fördern müssen!
Bernd Löhmann, Chefredakteur