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Interview: „Sisyphos war ein glück­licher Mensch“

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Tobias Koch

Autoritäre Staaten wie China holen wirtschaftlich, technologisch, militärisch – mindestens – auf. Sind komplexe und zeitintensive demokratische Verfahren ein struktureller Nachteil für die Wettbewerbsfähigkeit? Wenn ja, was wiegt diesen Nachteil auf?

Demokratische Prozesse mögen langsamer sein, aber als strukturellen Nachteil sehe ich unsere Verfahren keineswegs. Im Gegenteil: In liberalen und offenen Gesellschaften können neue Ideen viel unbeschwerter umgesetzt und getestet werden. Das Silicon Valley ist das beste Beispiel. Die liberale Demokratie und die Soziale Marktwirtschaft bleiben ganz sicher Grundlagen für unser Wohlstandsversprechen. Allerdings hängt es von den politischen Entscheidungsträgern ab, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich die Menschen zu Kreativität und Leistung motiviert fühlen.

Das Alltagsleben darf nicht zu kompliziert werden. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht selbst mit gut gemeinten Verordnungen und Gesetzen zu sehr blockieren oder gar selbst strangulieren. Denn die systemische Rivalität zwischen autoritären und liberal-demokratischen Systemen ist mittlerweile offensichtlich. Diese Bundesregierung ist daher mit dem festen Vorsatz angetreten, die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortbedingungen in Deutschland nach Kräften wieder zu stärken. Denn eines sollte uns allen klar sein: Ohne Wachstum ist alles nichts. Gute Löhne, gute Renten und selbst die innere und äußere Sicherheit – das alles lässt sich nur mit Wirtschaftswachstum erreichen.
 

Sie haben gesagt: Das Gelingen Ihrer Arbeit bemisst sich daran, wie erfolgreich die Regierung als Ganzes zusammenarbeitet. Was sind Ihre Methoden, um dieses Zusammenspiel zu erreichen?

Eine Regierung kommt nur als Team zum Ziel. Das sollten alle Akteure verinnerlichen. Naturgemäß ist das keine einfache Sache bei Parteien, die regelmäßig Wahlkampf gegeneinander führen. Doch trotz dieser schwierigen Gemengelage ist es uns bereits gelungen, eine gute Atmosphäre zu erzeugen und schnell gute Ergebnisse vorzulegen. Eine enge inhaltliche Abstimmung und ein offener Gedankenaustausch sind dabei unerlässlich. Schwierige Themen sprechen wir möglichst frühzeitig an, und auch der breite Informationsfluss in die Fraktionen und in die Parteien muss sichergestellt sein.
 

Nach welchen Kriterien wählen Sie zwischen vermittelnder Moderation und klarer Führung?

Im Wettbewerb um die besten Ideen geht es zuallererst um überzeugende Argumente.
 

Wann ist es sinnvoll, Konflikte offen auszutragen? Und wann ist es geboten, sie zu begrenzen?

Es gibt die Wahlkämpfe, um Konflikte in aller Öffentlichkeit auszutragen und den eigenen Standpunkt herauszustreichen. Mit dem Koalitionsvertrag haben wir uns auf eine gemeinsame Schnittmenge verständigt, die wir jetzt umsetzen. Natürlich hält das Ringen um den besten Weg an, aber offene Feldschlachten sind da wenig hilfreich.
 

Was unterscheidet einen guten von einem faulen Kompromiss?

Richtschnur des eigenen Handelns muss die Frage sein, was gut für unser Land ist. Aus diesem Grund trägt der Koalitionsvertrag auch den Titel „Aus Verantwortung für Deutschland“. Wir gehen hier mit Leidenschaft ans Werk, um unser Land nach vorn zu bringen.
 

Inwieweit erschwert die schwierige Haushaltslage – trotz des milliardenschweren Sondervermögens – gute Kompromisse?

Mit Blick auf die nachwachsende Generation stehen wir in der Pflicht, den Haushalt zu sanieren. Deshalb würde ich nicht davon sprechen, dass gute Kompromisse erschwert werden. Im Gegenteil: Wir wollen eine gute Balance finden zwischen den Anforderungen, die sich heute stellen, und den Aufgaben, die wir unseren Kindern und Kindeskindern übergeben. Es ist unser Anspruch, der nächsten Generation ein gut bestelltes Haus zu übergeben.
 

Der „Herbst der Reformen“ ist eingeläutet. Was bringt der Winter auf die politische Agenda?

Wir treiben unsere Reformagenda weiter voran. Der Bundeskanzler hat bereits im September im Deutschen Bundestag gesagt, dass sich ein Winter, ein Frühling, ein Sommer, ein nächster Herbst mit Reformen anschließen werden. Wir wollen das Land voranbringen. Das steht im Mittelpunkt dieser Legislaturperiode. Das heißt, wir wollen Wachstum schaffen, Sicherheit stärken und Gerechtigkeit erneuern. Unsere Vorhabenliste ist noch lang.
 

Als Kanzleramtsminister sind Sie für fast alles zuständig, nur nicht für Weihnachtsbotschaften. Dennoch: Wie würden Ihre Friedenswünsche für die Deutschen lauten?

Ich wünsche den Menschen in unserem Land ein besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2026. Wir haben allerbeste Chancen, die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern. Deshalb wünsche ich in besonderem Maße auch Zuversicht und Tatkraft, um die vor uns liegenden Aufgaben anzugehen.


Die Fragen stellte Bernd Löhmann am 26. September 2025.