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Bei der Konstituierung des neuen irischen Parlaments ist Bertie Ahern, der 55jährige Vorsitzende von Fianna Fail, erneut zum Premierminister (Taoiseach) gewählt worden. Er ist damit der erste Politiker seiner Partei, der dreimal nacheinander das Mandat erhielt, Irland zu regieren.
Bei der Abstimmung erhielt Ahern 89 Stimmen, sein Gegenkandidat, der Vorsitzende von Fine Gael, Enda Kenny, kam auf 76 Stimmen, 25 mehr, als seine Partei Mandate hat.
Grüne mit dabei
Ahern musste nach eigenen Verlusten bei den Wahlen vom 24.Mai und der Dezimierung seines bisherigen Koalitionspartners, den Progressive Democrats, nach zusätzlichen Partnern Ausschau halten, um die von ihm gewünschte „Stabilität“ der irischen Politik sicherstellen zu können.
Nach relativ kurzen Verhandlungen hat er jetzt die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den auf zwei Mandate geschrumpften Progressive Democrats angekündigt und nimmt zusätzlich die Grünen, die ursprünglich zusammen mit Fine Gael und Labour seine Ablösung betreiben wollten, mit in die Regierung auf. Unterstützung erhalten sie von einigen der Unabhängigen, zu denen fünf relativ bunt gemischte Abgeordnete zählen. Über den „Preis“ für ihre Unterstützung ausserhalb förmlicher Koalitionsvereinbarungen gibt es bereits heftige Spekulationen.
Alte Gesichter im Kabinett
Bei der Regierungsbildung hat sich Ahern weitgehend für Kontinuität entschieden. Zwei Drittel seines bisherigen Kabinetts bilden auch die neue Regierungsmannschaft. Die Grünen tragen künftig mit John Gormley als Minister für Umwelt und Kommunales sowie Eamon Ryan für Kommunikation, Energie und Natürliche Rohstoffe Verantwortung für wichtige Politikfelder. Der bisherige Umweltminister Dick Roche musste den Kabinettstisch verlassen und wird Staatsminister für Angelegenheiten der EU, eine Aufgabe, die er schon einmal wahrgenommen hat.
Zu den bestätigten Ministern gehören Dermot Ahern als Aussenminister, Willie O´Dea als Verteidigungsminister und Brian Cowen als Finanzminister. Seine Berufung zum Deputy Prime Minister (Tanaiste) stärkt seine Position als potentieller Nachfolger von Bertie Ahern.
Die Koalitionsvereinbarung löst noch nicht alle der Probleme, die sich aus der Zusammenarbeit von „zwei pragmatischen und einer idealistischen „ Partei ergeben, wie ein Abgeordneter der Grünen die neuen Partner beschrieb. Dies gilt für die Gesundheitsreform (mit beabsichtigten Privatisierungen) und wichtige Verkehrsprojekte ebenso wie für die weitere Genehmigung für die Nutzung des Shannon-Flughafens durch die amerikanischen Streitkräfte.
Koalitionsstreitpunkt Europa
Auch zu Fragen der Europäischen Union bleiben erhebliche Meinungsunterschiede zwischen FF und PD auf der einen sowie den Grünen auf der anderen Seite. In der Vergangenheit zeigten sich die Grünen als strikte Gegner der EU. Seit der Mitgliedschaft Irlands 1973 waren sie bei jedem Referendum über eine EU-Vereinbarung auf Seiten der „No Campaign“. Da auch eine Neufassung des Entwurfs einer Europäischen Verfassung Gegenstand eines Referendums werden wird, drohen hier ernstzunehmende Konflikte.
Gleichwohl anerkennt die Koalitionsvereinbarung, dass die EU ein „entscheidender Katalysator bei der wirtschaftlichen und sozialen Umwandlung“ des Landes war. „Leidenschaftlich“ glaube die Regierung daran, ihre Mitgliedschaft in der EU nutzen zu können, um Irland und die Union stärker werden zu lassen.
Eckpunkte der Koalitionsvereinbarung
Die Regierung will sich dafür einsetzen, dass
- jedem Trend zur Harmonisierung der Steuern in Europa, insbesondere der Körperschaftsteuer entgegengewirkt wird,
- der Aufbau der irischen schnellen Reaktionstruppe zur Stärkung eines Europäischen Friedenscorps zum Einsatz bei Katastrophen verstärkt wird,
- Irland aber nicht Teil einer Europäischen Verteidigungspolitik wird,
- die Verabredungen zur einheitlichen Agrarpolitik eingehalten werden,
- Anstrengungen zu einer einheitlichen Energiepolitik und zum Klimaschutz verstärkt werden,
- der Bürokratieabbau in der EU vorangetrieben wird,
- ein einheitlicher Markt auch für Hypothekendarlehen geschaffen wird,
- Fernsehwerbung, die sich auf Kinder als Adressaten richtet, verboten wird.
So soll Irland seine Treibhaus-Emissionen jedes Jahr um 3% verringern, der Energieverbrauch von Neubauten soll um 40%, ab 2010 sogar um 60% reduziert werden, für bestehende Bauten werden die Investitionshilfen für umweltgerechte Umbauten deutlich erhöht. Mit Mitteln der Steuerpolitik sollen Autofahrer zum Kauf umweltschonender Kraftfahrzeuge angehalten werden. Arbeitsweise und Organisation von Umweltagenturen sollen überprüft und eine neue Behörde zur Umsetzung der Ziele der Klima-Strategie eingerichtet werden.
Im Schulbereich sollen 4000 neue Lehrer eingestellt werden, um die Klassenstärke zu reduzieren. 2010 soll ein Lehrer für 24 Schüler zuständig sein. 350 Mio Euro zusätzlich werden für neue „Service Developments“ in den Schulen zur Verfügung gestellt.
In der Landwirtschaft sollen bis 2012 mindestens 5% der Ackerflächen biologisch bewirtschaftet werden, die Regierung will ferner ganz Irland frei von gen-manipulierten Produkten halten.
Wie auch andere Länder in Europa beabsichtigt Irland eine weitgehende Reform der Kommunalverwaltung. Ein erstes „Green Paper“ soll dazu in sechs Monaten vorgelegt werden.
Die Regierung will die Position eines Staatsministers schaffen, der in Abstimmung mit allen zuständigen Einrichtungen eine einheitliche Integrations-Politik entwerfen und umsetzen soll.
Darüberhinaus sollen die Instrumente der EU gegen den Menschenhandel in nationales Recht umgewandelt werden
Die Regierung will die Entwicklungshilfe bis 2012 auf 0,7% des Bruttosozialprodukts erhöhen.