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Die Haltung in Islam und Judentum zum Status der muslimischen Minderheit in Israel

Am 20. September 2011 veranstaltete das Auslandsbüro Israel der Konrad-Adenauer-Stiftung im Rahmen des Konrad-Adenauer-Programms für jüdisch-arabische Zusammenarbeit (KAP) einen Vortrag an der Universität Tel Aviv. Im Mittelpunkt stand die Einstellung im Islam und Judentum zum Status der muslimischen Minderheit in Israel. Anlass der Veranstaltung war die Veröffentlichung des Buches „Muslimische Minderheiten in Staaten mit nicht-muslimischer Mehrheit“, das die Ergebnisse zurückliegender Konferenz des KAP zusammenfasst.

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Die Integration der muslimischen Minderheit als zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Israel und Europa stellt die westlichen Demokratien vor eine wichtige Herausforderung. Eine besonders komplexe Debatte erzeugt die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist zwischen dem Festhalten an islamischen Traditionen und religiösen Gesetzen einerseits und der Unterordnung unter die Gesetze der jeweiligen Aufenthaltsländer andererseits.

Ursprünglich war nach den islamischen Gesetzen die Immigration von Muslimen in westliche Länder verboten. Im Laufe der Zeit entwickelten islamische Religionsführer jedoch einen pragmatischen Ansatz. Sie entwarfen die Fiqh al-Aqalliyat - eine Doktrin, die als islamisches Minderheitenrecht den Alltag der Muslime in nicht-muslimischen Ländern regeln und die islamische Weltanschauung mit dem dortigen Leben vereinbar machen soll. Viele Europäer und Israelis sind trotzdem eher skeptisch und verstehen diese Doktrin manchmal sogar als Verstoß gegen die nationale Rechtsordnung.

Der Redner, Kadi Iyad Zahalka, sprach über die Bedeutung von „Fiqh al-Aqalliyat“ im israelischen Rechtssystem. Er wendet diese Doktrin als Richter des Sharia-Gerichts in Haifa im israelischen Rechtskontext an.

Die Implementierung der Fiqh al-Aqalliyat in Israel solle nicht als selbstverständlich angesehen werden, meinte Zahalka. Diese Doktrin sei im Grunde für Muslime in nicht-muslimischen Staaten entworfen worden und gelte nicht für Länder mit eingeborener muslimischer Minderheit wie zum Beispiel den Balkanstaaten. Das erschwere die Situation in Israel: Islamistische Religionsführer würden Israel nicht als Staat anerkennen und sähen deshalb die dort lebenden muslimischen Bürger nicht als Minderheit in einem nicht-muslimischen Land. Das wiederum würde bedeuten, dass die Anwendung der Fiqh al-Aqalliyat-Doktrin für Muslime in Israel gar nicht in Frage käme.

Kadi Zahalka vertrat in seinen Ausführungen jedoch eine andere Meinung: Gerade in Israel könne diese Doktrin von großem Nutzen sein, um genauer zwischen politischen Einstellungen und dem zivilen Alltag zu trennen und somit Spannungen zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung sowie zwischen dem Staat und seiner muslimischen Minderheit zu reduzieren.

Der islamische Rechtsgelehrte erklärte, dass er durch seine Arbeit in ein ständiges Dilemma gerate. Bisweilen sei die islamische Rechtsordnung nur schwer mit den Gesetzen des Staates Israel zu vereinbaren. Er betrachte die Fiqh al-Aqalliyat aber auch als Mittel zur moralischen Unterstützung der muslimischen Bevölkerung. Muslimen in Israel würde somit vermittelt, dass ihre Religion und Kultur akzeptiert und respektiert würden.

Abschließend betonte Kadi Zahalka, dass die Essenz für ein Leben in einem nicht-muslimischen Staat darin liege, ein guter Bürger zu sein, ohne auf die eigene muslimische Identität zu verzichten. Fiqh al-Aqalliyyat, so der Kadi, könne in Israel als Basis für die Stärkung der Beziehungen zwischen dem Staat Israel und seiner arabisch-muslimischen Minderheit dienen.

Palina Kedem

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Dr. Alexander Brakel

Alexander.Brakel@kas.de

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