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Event Reports

Das wilde, wilde Web - der Kampf ums Internet! Wer macht die Regeln?

by Markus Brauckmann

Internationales Forum in Johannesburg

Das Thema schaffte es in den letzten Monaten spielend auf die Titelseiten der nationalen und internationalen Presse: Der Kampf um das Internet! Mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion in Afrikas Medienhauptstadt Johannesburg widmete sich das regionale KAS Medienprogramm ausführlich diesem gleichermaßen top-aktuellen wie brisanten Thema - mit weiterführenden Erkenntnissen für die Medienakteure in Subsahara-Afrika.

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„Wer ist denn nun im wilden, wilden Web der Sheriff?“ Pointiert brachte Moderator William Bird die Leitfrage gleich zu Beginn des Abends auf den Punkt. Die dann folgende leidenschaftliche Debatte brachte für die gesamte Einsatzregion neue Denkanstöße – auch dank eines außergewöhnlich engagierten Publikums. Die gut besuchte Veranstaltung fand im Rahmen der Reihe „Critical Thinking Forum“ in Zusammenarbeit mit Südafrikas führender Wochenzeitung Mail&Guardian statt.

Längst ist das Internet zum festen Bestandteil des modernen Lebens geworden. In Afrika verzeichnen Internetanschlüsse und internetfähige Mobiltelefone atemberaubende Zuwachsraten. Vor dem Hintergrund von Demokratisierung und Meinungsbildung ergeben sich hierzu aktuell drängende Fragen und Themen. So referierte Frank Windeck, scheidender Leiter des KAS-Medienprogramms, in seiner Einleitung gleichermaßen über Chancen und Risiken der neuen Kommunikationswerkzeuge. Er verwies auf positive Entwicklungen in verschiedenen Teilen Afrikas, warnte aber auch angesichts der vom Netz beförderten „Hate Speech“-Vorfälle in Kenia 2008 vor allzu einseitiger Bewertung des Internetaktivitäten in politischen Prozessen.

Als erster Podiumsteilnehmer meldete sich Chris Roper zu Wort. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe des „Mail&Guardian“ spannte einen weiten Bogen von Internetregulierung in China über Soziale Netzwerke bis zu Wikeleaks brachte er das Publikum auf den Stand der Dinge. Seine Erkenntnis: Die Demokraten müssen auf der Hut sein, denn aktuelle Entwicklungen haben potentiell weitreichende Folgen.

Ein praxisnahes Beispiel dafür lieferte der nächste Teilnehmer. Jonathan Shapiro ist nicht nur Südafrikas führender Karikaturist, sondern auch eine Institution auf dem Gebiet der Pressefreiheit – der legendären Status genießt. Er hatte einige seiner ANC- und regierungskritischen Karikaturen mitgebracht und demonstrierte dem Publikum, wie rechtsradikale und rassistische Homepages seine Werke – ohne seine Genehmigung und gegen seinen Willen – auf ihren Webseiten einbinden und quasi „unter ihrer Flagge“ veröffentlichen. „Wer beschützt uns vor solchen Entwicklungen?“, fragte er. Er sei Demokrat und wolle mit den Machern dieser Webseiten nichts zu schaffen haben.

Dass das wilde, wilde Web durchaus – zumindest an manchen Stellen – gezähmt werden kann, bewies Pria Chetty, Anwältin und ausgewiesene Rechtsexpertin zum Thema Internet. Sie nannte als konkretes Beispiel die Vergabe von Domains (Webadressen), die von einem unabhängigen Gremium vergeben werden. „Aber das Web ist wirklich wild und es scheint mir illusorisch, dass wir alle Regelverstöße kontrollieren und ausmerzen können.“

Markus Brauckmann, Leiter des Medienprogramms Subsahara-Afrika, führte den Begriff „Consumer-Citizen“ in die Diskussion ein. Der ehemalige Leiter des CDU-Internetfernsehens unterstrich, dass die Menschen sowohl als Konsumenten (z.B. von Facebook, Google) und Wähler die Möglichkeit haben, die Leitlinien des Internets mitzuprägen: „Wir alle machen mit bei den Regeln des Internets. Unterschätzen Sie nicht die Möglichkeit von demokratischer Partizipation!“

Die vielen, vielen Fragen und Einwürfe des Publikums reflektierten die Relevanz der Debatte und unterstrichen ihre Bedeutung. Zur Sprache kamen u.a. die Frage nach verstärkter staatlicher Kontrolle (eine Lizenz für jeden Internetteilnehmer?), die bisweilen irritierende Machtposition von privatwirtschaftlichen Akteuren wie Facebook und Google, die gestiegene Interaktivität zwischen Politik und Bürgern sowie der Zugriff von staatlichen bzw. nichtdemokratischen Stellen auf die modernen Kommunikationsmittel – wenn sie Interessen gefährdet sehen. „Wir haben noch mehr Fragen aufgeworfen“, zog Moderator William Bird abschließend Bilanz, „und das ist genau richtig. Die Diskussion muß weitergehen.“

Markus Brauckmann pflichtete ihm bei: „Auf unserer großen African Media Leadership Conference im Herbst werden wir das Thema in gebührender Nachhaltigkeit weiter behandeln.“ Als Zuschauer nahmen u.a. teil: Derrick Watts, der führende investigative TV-Journalist der Region; Harold Maloka, The Presidency/Präsidialamt, Chief Director Media Liason; Izak Minaar, Editor-in-Chief SABC Digital News sowie der schwedische Botschafter Peter Tejler.

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