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Das südsudanesische Friedensabkommen: Einmalige Chance oder tickende Zeitbombe?

Der 7. August 2018 markiert eine historische Wende in der Geschichte des Südsudans. Dutzende Parteien, darunter Kriegsparteien aus Regierung und Opposition, unterzeichneten in der Freundschaftshalle in Khartum ein Friedensabkommen. Der ugandische Präsident Museveni und Omar Al Bashir, Präsident vom Sudan, unterschrieben das Abkommen als Friedensgaranten.

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Vor dem Hintergrund dieser neu unterzeichneten Vereinbarung, organisierte das University Forum on Governance (UNIFOG) und das Netzwerk südsudanesischer zivilgesellschaftlicher Organisationen in Uganda (NoSSCOU), in Partnerschaft mit der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) am 24. August einen öffentlichen Dialog, um die Bedingungen eines funktionierenden Friedensabkommens zu erkunden.

Die gut besuchte Veranstaltung begann mit der ersehnten Eröffnungsrede des SPLM-IO-Repräsentanten Luke Thompson Thaong. Er sagte, dass das Abkommen noch keine vollständige Lösung, sondern nur ein erster Schritt in Richtung Frieden sei: "Diese beiden unterzeichneten Protokolle adressieren noch nicht den Konflikt an sich. Aber sie öffnen den Konfliktparteien die Tür für einen weiteren Dialog." Thaong erläuterte außerdem die Vorbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung des neuen Abkommens: "Zu den Voraussetzungen für den Erfolg des Abkommens gehören unter anderem die Reform des Sicherheitssektors, die Etablierung eines integrativen Systems für eine gemeinsame Berufsarmee und die Verkündung der Verfassung vor der Einsetzung der föderalen Regierungen."

Darüber hinaus erinnerte der SPLM-IO-Sprecher die Teilnehmer an die Mitverantwortung internationaler Akteure für den Ausbruch des Südsudankonfliktes. Daher forderte Thoa ein weiteres Engagement der internationalen Gemeinschaft, um eine erfolgreiche Umsetzung des Abkommens sicherzustellen: "Die Menschen im Südsudan sind nicht aus eigenem Antrieb in den Krieg gezogen, die internationale Gemeinschaft hatte eine entscheidende Rolle zu tragen. Die Interessen einiger dieser Akteure stimmten nicht mit den Werten des Südsudans überein. Ich möchte die internationalen Akteure daran erinnern, dass der Südsudan eine junge Nation ist, die betreut, gefördert und geleitet werden muss, und erst dann können wir unsere Interessen mit internationalen Akteuren in Einklang bringen."

Nach der Eröffnungsrede trat ein weiterer erwarteter Sprecher für eine weitere Rede auf die Bühne: Professor Mahmood Mamdani. Mamdani erklärte, dass das neue Abkommen aus zwei Gründen einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des südsudanesischen Konflikts darstelle: Erstens sei das Abkommen ohne Zwang zustande gekommen und zweitens sei Sudan im Gegensatz zu den früheren Abkommen Teil der Lösung gewesen.

"Die Vereinbarung steht für eine bemerkenswerte Wende. Der Sudan ist Teil der Lösung. Es stellt die Rehabilitation von Bashir und Südsudan vor. Was ist sonst noch neu in der Vereinbarung? Diesmal gab es keine Gewalt. Alle früheren Vereinbarungen scheiterten, weil es Gewalt gab. Aus diesem Grund hatte der Sudan keinen Grund, das Abkommen zu unterstützen. Diesmal ist es die Idee, die Parteien mit einem Handschlag zwischen Uganda und Südsudan zusammenzubringen und sicherzustellen, dass die IGAD respektiert wird. "

Obwohl Mamdani die Erfolge innerhalb des neuen Abkommens anerkennt, warnt er vor der Natur desselben: "Was ist neu an diesem Abkommen? Es gibt nichts Neues, denn es gibt keine Vereinbarung zwischen den Kriegsparteien im Südsudan. Es ist eine Vereinbarung zwischen dem Sudan / Bashir und Uganda / Museveni. Aber Uganda und Sudan sind keine imperialistischen Länder, deshalb werden sie nicht versuchen, den Südsudan zu kooptieren. Der Sudan versucht, aus der internationalen Isolation herauszukommen und nicht das nächste Ziel im Kampf gegen den Terrorismus zu sein, und Uganda versucht, seine Verluste zu reduzieren."

Mamdani sagte, dass die größte Herausforderung in den laufenden Verhandlungen darin bestehe, es zu einem südsudanesischen Abkommen zu machen: "Bis jetzt gibt es keine Vereinbarung zwischen konkurrierenden Gruppen im Südsudan, es ist ein Waffenstillstand. Jetzt sollten Südsudanesen eine Vereinbarung treffen, die für sie ist. "Deshalb müssen sie eine Lösung finden, die die Bedürfnisse der besonderen ethnischen Konstellation anerkennt: "Dieses Abkommen ist eine Zeitbombe, es wird in Gebieten mit klaren Minderheiten nicht in der Lage sein, inklusive lokale Regierungen zu bilden. Kritisch ist weiterhin, dass die Ministerien nach ethnischen Zugehörigkeiten aufgeteilt werden, weil jede Ethnie an einen Vizepräsidenten gebunden ist und jeder Vizepräsident an einen Stamm. "

In einer interaktiven Frage-Antwort-Runde fragten die Teilnehmer auch nach der Nachhaltigkeit und der Inklusivität des neuen Abkommens, da das Abkommen von der gleichen politischen Elite unterzeichnet wurde, die an dem Konflikt beteiligt war und die das vorige Friedensabkommen 2016 beendete. Mamdani positionierte sich deutlich: "Dies ist kein Konflikt zwischen ethnischen Stämmen, es ist ein Konflikt zwischen verschiedenen politischen Eliten. Die gleichen Eliten, die das Problem geschaffen haben, behaupten nun, die Lösung zu liefern."

Darüber hinaus nannte das Publikum die wichtigsten Herausforderungen für die Umsetzung des Abkommens, etwa wie man die Entmilitarisierung vorantreibt, wie man eine inklusive Armee aufbaut und wie man das Vertrauen zwischen den Menschen und der Regierung erneuert. Mamdani stimmte dem zu und wies auf die Herausforderung hin, aus verschiedenen bewaffneten Konfliktparteien eine inklusive Armee zu schaffen.

Er erwähnte außerdem die Schwierigkeiten, die mit den aktuellen Militärstrukturen einher gingen: "In unserer Untersuchung der AU-Kommission im Südsudan im Jahr 2014 haben wir Regierungsvertreter nach der Gesamtzahl der Soldaten in der SPLA gefragt. Niemand wusste eine genaue Zahl. Aber sie sagten, sie wüssten die Zahl der Generäle - 700! Das ist ein höherer Generals-pro-Kopf-Grad als jede andere Armee in der Welt. Südsudan darf nicht das Militär herrschen lassen. Was der Südsudan braucht, ist ein politischer Prozess, denn in einem politischen Prozess müssen sich die Akteure über mehrere Konfliktlinien hinweg verständigen. Und in einem politischen Prozess hat man keine Feinde, man hat Adressaten."

Darüber hinaus interessierten sich die Zuhörer für die Auswirkungen des Abkommens auf den Sudan, Uganda und den Südsudan sowie auf dessen Ölressourcen. Mamdami antwortete: "Es gab zwei Übereinstimmungen. Eines war für die Öffentlichkeit, das zweite Abkommen ist ein Ölabkommen zwischen dem Sudan und dem Südsudan. "Mamdani erwähnte auch: "Wenn das Abkommen zustande kommt, wird der Südsudan kein selbst kontrollierter Staat sein, sondern ein Protektorat von Sudan und Uganda. "

Im Anschluss wurde das Abkommen in einer Podiumsdiskussion weiter erörtert. Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren Dawa Kevin (UNHCR Uganda), Elizabeth Deng (Oxfam International), Ter Manyang (NoSSCOU), Betty Bigombe (Friedenskonstrukteur und Berater des Präsidenten im Südsudan), Emmanuel Mutaizibwa und (Journalist, Nation Media Group) und Prof. Melha Rout Biel (South Sudanese Academic).

Während der Diskussion wurden der integrative Charakter des Abkommens und seine Auswirkungen auf die südsudanesische Zivilgesellschaft, Journalisten und im Ausland lebende Flüchtlinge erörtert. "Seit Beginn des Prozesses im letzten Dezember haben wir 16 Interessengruppen aus verschiedenen Gruppen der Zivilgesellschaft in den Prozess eingebunden, darunter insbesondere Frauen und Akademiker. Sie hatten darin die gleichen Mitwirkungsrechte, wie die Abgeordneten des Parlaments."

Weiterhin wurde die Teilnahme und die Unterstützung der gesamten südsudanesischen Bevölkerung als Voraussetzung für den Erfolg des Abkommens identifiziert: "Es gibt vier Millionen südsudanesische Flüchtlinge. Diese Menschen haben sich in Nachbarländern wie Uganda niedergelassen. Die Regierung muss sicherstellen, dass Menschen in ihre Häuser zurückkehren können. Es ist die Regierung, die eine aktive Rolle spielen muss. Sie müssen sicherstellen, dass die Flüchtlinge das Abkommen unterstützen.", sagte Dawa Kevin, UNHCR.

In Verbindung damit wurde die Frage gestellt, wie das Land wiederaufgebaut werden soll, da der Konflikt zu vielen Flüchtlingen führte, die Infrastruktur zerstörte und den Jugendlichen den Weg zu einer guten Ausbildung versperrte. "Wie kann man den Südsudan ohne junge Menschen aufbauen? Ich hoffe, die Jugendlichen werden zurückkehren, wenn endlich wieder Frieden eingekehrt ist!“ erklärte Prof. Melha Rout Biel.

Weiter fragte ein Publikumsmitglied nach der Gefahr der Dramatisierung interner Konflikte im Südsudan sowie des Friedensabkommens selbst durch die internationalen Medien. Emmanuel Mutaizibwa, Nation Media Group Journalist, antwortete: "Ich glaube, dass wir afrikanischen Journalisten diese afrikanischen Geschichten erzählen müssen. Wir kennen die Kultur, wir kennen den Kontext. Also müssen wir da sein, um unsere Geschichten richtig zu erzählen. Und es ist unsere Verantwortung als Journalisten, die Wahrheit zu berichten, ohne diese zu zu dramatisieren. Wir sollten den westlichen Medien nicht die Möglichkeit geben, falsch zu berichten. Aber was diese Arbeit so schwer macht, ist die besondere Politik gegenüber Journalisten im Südsudan. Viele Journalisten werden gefoltert. Die Regierung des Südsudan ist feindlich gegenüber den Medien eingestellt, ich kenne viele Journalisten, die inhaftiert wurden. Aber Journalismus ist ein Beruf und diejenigen, die geblieben sind, haben sich dazu entschlossen die Wahrheit zu berichten. "

Insgesamt war der öffentliche Dialog gut besucht, der Input der Gastredner sowie der Teilnehmer der Podiumsdiskussion wurde vom Publikum geschätzt und löste eine lebhafte Debatte zwischen Publikum und Referenten aus. Daher kann die öffentliche Debatte als erfolgreich bewertet werden.

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