Die Veranstaltung wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung Ukraine (Charkiw) und der Stadt Leipzig unterstützt. Die Idee hierzu entstand während des Aufenthalts einer ukrainischen Frauendelegation in Sachsen (30.10.-4.11.2022) im Rahmen des gemeinsamen Projektes mit EAF Berlin „Gemeinsam für Demokratie“.
An der Veranstaltung nahmen Julia Kostiunina, stellvertretende Leiterin der staatlichen Oblast-Verwaltung Donezk, Dr. Michael Schramm, Administration & Education Director der Schaubühne Lindenfels, Tim B. Peters, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine, und Dr. Helga Lukoshat, Leiterin der EAF Berlin, teil.
"Der heutige Tag ist ein bemerkenswertes Ereignis im kulturellen Leben nicht nur der Oblast Donezk, sondern der gesamten Ukraine - die Uraufführung eines Theaters, in dessen Herzen die Russen eine tonnenschwere Bombe abgeworfen haben. Es gibt keine Erklärung für diese unmenschliche Grausamkeit ... Wir wissen, dass wir auf jeden Fall in unsere Heimatregion Donezk und ins ukrainische Mariupol zurückkehren werden!", sagte Julia Kostiunina in ihrer Begrüßungsrede.
Vom ersten Kriegstag an wurde Mariupol von den russischen Invasoren belagert. Die Schlacht um die ostukrainische Hafenstadt dauerte bis in den Mai 2022. Heute ist die Stadt zu großen Teilen zerstört und steht unter russischer Kontrolle. Vom Beginn des Krieges am 24. Februar bis zu seiner Zerstörung war das Theater von Mariupol ein Zufluchtsort für die Zivilbevölkerung, ein Zentrum für die Verteilung von Lebensmitteln und Wasser, für Austausch von Informationen über die Evakuierungskorridore, aber auch ein Sammelpunkt für die Evakuierung. Im Dezember 2022 wurde auf Veranlassung der russischen Besatzungsmacht mit dem Abriss des schwer beschädigten Theaters begonnen.
Ein Teil des Ensembles ist in Mariupol geblieben und setzt seine Arbeit unter den Besatzern fort. Ein anderer Teil ist geflohen – während und nach der Belagerung. Ein Dutzend der Ensemblemitglieder ist mit der Regisseurin Ljudmyla Kolossowytsch ins westukrainische Uschhorod geflohen und hat dort am örtlichen Theater Asyl gefunden. Hier hat die Gruppe mehrere Stücke inszeniert - weiterhin unter dem Namen ihrer zerbombten ehemaligen Heimspielstätte: "Akademisches Dramatheater der Oblast Donezk, Mariupol".
"Das Drama von Mariupol" basiert auf einem Stück des Dramatikers Oleksandr Hawrosch, das auf Interviews mit Schauspielern beruht, denen es gelungen ist, mit dem Theater nach Uschhhorod umzusiedeln. Die Schauspieler erzählen von der Bühne aus, was sie in Mariupol erlebt haben und schlüpfen damit zum ersten Mal nicht in fremde Rollen, sondern „spielen“ sich selbst.
Das Stück "Das Krippenspiel von Donezk" nach dem Stück "Sorgen von Herodes" von Pantelejmon Kulisch ist allen Verteidigerinnen und Verteidigern der Ukraine gewidmet und ist das erste Krippenspiel in der Geschichte der Oblast Donezk. Seine Besonderheit liegt in der filigranen Kombination aus authentischen Weihnachts- und Neujahrsliedern aus der Oblast Donezk, bunten Puppenfiguren, einer Weihnachtskrippe und ukrainischem Humor. Das Format der Inszenierung "Bühne auf der Bühne" verlieh der Theateraufführung den besonderen Charme einer Familienfeier, und die Gesangs- und Musikbegleitung verstärkte diese magische Atmosphäre noch. Das Stück wurde an die heutige Zeit angepasst: Das Thema Krieg ist eines der Hauptthemen der Aufführung.
Beide Aufführungen endeten mit begeistertem Applaus.
Im Rahmen des Besuchs fand auch ein Arbeitstreffen zwischen Julia Kostiunina, der stellvertretenden Leiterin der staatlichen Oblast-Verwaltung Donezk, und Ulrich Herning, dem stellvertretenden Bürgermeister von Leipzig, statt. Thema des Treffens warenProblemfragen im Kultursektor der Oblast Donezk, die Erhaltung des kulturellen Erbes unter anderem durch Digitalisierung und die Schaffung kreativer Residenzen für das Theater sowie der Austausch von kulturellen Praktiken.