Ermittlungen gegen Staatsanwalt Carlos Stornelli
Der Bundesrichter Alejo Ramos Padilla ermittelt gegen den regierungsnahen Staatsanwalt Carlos Stornelli wegen der Mitgliedschaft in einem vermeintlichen illegalen Spionage- und Erpressungsnetz, in das Angehörige der Justizbehörden, Legislative und Geheimdienste verwickelt sein sollen. Politiker und Unternehmer seien gezielt ausspioniert worden, um sie danach im Gegenzug für ihre Heraushaltung aus Gerichtsprozessen um hohe Geldsummen zu erpressen. Der Staatsanwalt Stornelli ermittelt derzeit im Korruptionsfall „causa de los cuadernos“, in dem die Expräsidentin Cristina Fernandéz de Kirchner und ihr nahestehende Funktionäre beschuldigt werden, bei der Vergabe von öffentlichen Bauprojekten Bestechungsgelder in Millionenhöhe von Unternehmern verlangt zu haben. Hintergrund der Ermittlungen gegen Stornelli ist die Anzeige durch den Agrarunternehmer Pedro Etchebest vom 28. Januar: Der vermeintliche Anwalt Marcelo D’Alessio hatte versucht, Etchebest zu erpressen, indem er im Namen Stornellis ein Schweigegeld von Etchebest forderte, und ihm im Gegenzug Immunität in den Ermittlungen in der „causa de los cuadernos“ anbot. Etchebest wandte sich daraufhin an Bundesrichter Padilla und übergab ihm Beweismaterialien für die Beziehung zwischen D’Alessio und Stornelli - darunter Aufnahmen eines Gesprächs mit D’Alessio, in dem er sich angeblich damit gebrüstet habe, für Stornelli Beweise zu beschaffen. Marcelo D’Alessio befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Er hatte sich bei TV-Auftritten in den Medien fälschlicherweise als Anwalt und argentinischer Geheimdienstmitarbeiter sowie Agent der US-amerikanischen Drogenvollzugsbehörde DEA (Drug Enforcement Administration) ausgegeben. Der argentinische Geheimdienst AFI sowie die US-amerikanische Botschaft haben sich mittlerweile von ihm distanziert. Stornelli wiederum erschien auch zur vierten Vorladung, um seine Aussage zu machen, nicht, woraufhin ihn Padilla als im Status der „rebeldía“ befindlich erklärte. Konkret bedeutet dies, dass die Verteidigung keinen Zugriff mehr auf den Fall hat und ihre Anträge nicht gehört werden. Obwohl Stornelli als Staatsanwalt Immunität genießt, könnte er nun mit Polizeigewalt zur Anhörung gebracht werden. Padilla sah bisher allerdings von diesem Schritt ab und forderte stattdessen Oberstaatsanwalt Eduardo Casal auf, Stornelli zur Anhörung zu bewegen. In der Zwischenzeit gibt es Medienberichten zufolge immer mehr Indizien dafür, dass Stornelli und D’Alessio in regem Austausch standen, obwohl Stornelli bestreitet, von D’Alessios Machenschaften gewusst zu haben.
Anhänger der Regierung und Opposition werfen dem jeweiligen politischen Gegner eine politische Instrumentalisierung des Falles vor. Die Regierung sprach ihr Vertrauen in Stornelli und seine Arbeit aus und interpretiert die Anzeige gegen ihn als Versuch, dem Staatsanwalt seine Funktion als Hauptermittler zu entziehen und so die Ermittlungen in der „causa de los cuadernos“ zu behindern. Das Justizministerium beantragte bereits die Suspendierung Ramos Padillas als Bundesrichter, da er bei einer öffentlichen Anhörung im Abgeordnetenhaus vertrauliche Informationen preisgegeben habe. Der Rat der Justizbehörde nahm sich der Überprüfung des Falls an. Human Rights Watch warnte jedoch davor, dass die Klage gegen Padilla die Unabhängigkeit der Justiz gefährde.
Roberto Lavagna als möglicher Präsidentschaftskandidat
Im Hinblick auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr hat eine neue Figur das Spielfeld betreten: Es wird über eine mögliche Kandidatur des ehemaligen Wirtschaftsministers Roberto Lavagna diskutiert. Lavagna kommt aus einer Familie der Mittelschicht Buenos Aires. Seine akademische Laufbahn führte in unter anderem in die USA, nach Frankreich und Belgien. Der heute 77-jährige Ökonom war von 2002 bis 2005 zunächst unter Eduardo Duhalde (Partido Justicialista, PJ) und anschließend unter Néstor Kirchner (Frente para la Victoria, FpV) Wirtschaftsminister. Seine politische Ausrichtung wird als peronistisch der Mitte beschrieben. Die Verhandlungen mit dem IWF während seiner Zeit als Wirtschaftsminister, die schließlich zur einstweiligen Aufschiebung fälliger Kredite führten im Jahr 2004 und Argentinien damit vor dem Staatsbankrott bewahrten, gelten als Lavagnas Erfolg. In den Präsidentschaftswahlen von 2007 kandidierte er und wurde mit einem Ergebnis von knapp 17 Prozent Dritter, nach Cristina Fernández de Kirchner (FpV) und Elisa Carrió (Coalición Cívica ARI). Unterstützung findet er heute in einer heterogenen Gruppe aus Mitgliedern der Partei Unión Cívica Radical (UCR), anti-kirchneristischen Peronisten und anderen Kräften der politischen Mitte. Spekulationen über mögliche Wahlbündnisse und die Konstellation von Präsident und Vizepräsident nehmen bereits Fahrt auf. Lavagna wird als sogenannte „dritte Option“ für alle die gehandelt, die von Präsident Macri enttäuscht sind und für die Senatorin Cristina Fernández de Kirchner (Unidad Ciudadana), die inzwischen zehn Verfahren wegen Korruption während ihrer Amtszeit als argentinische Präsidentin anhängend hat, ebenfalls keine wählbare Alternative darstellt. Lavagna selbst gab dem Radiosender „La Red“ kürzlich ein Interview, in dem er auf die Frage nach einer Kandidatur hin sagte, er führe derzeit Gespräche. Im Juni, wenn die offiziellen Einschreibefristen für die Präsidentschaftskandidaturen enden, werde er seine Entscheidung bekannt geben.
Beginn des Superwahljahrs 2019 mit den Gouverneurswahlen in den Provinzen Neuquén und San Juan
Am 10. März fanden die ersten Provinzwahlen in der Provinz Neuquén im Süden Argentiniens statt. Neuquén ist von besonderem Interesse für die internationale Wirtschaft, da sich hier die Schiefergas-Lagerstätte „Vaca Muerta“ befindet. Sie gilt als eine der größten weltweit. Der aktuelle Gouverneur Omar Gutiérrez der Provinzpartei Movimiento Provincial Neuquino (MPN), die unabhängig von den Nationalparteien antritt, gewann die Wahl mit einem klaren Vorsprung und insgesamt 39,5 Prozent der Stimmen. Der Kandidat des Kirchnerismus, Ramón Rioseco, erlangte 26 Prozent und der von der Regierungskoalition Cambiemos aufgestellte Kandidat, Horacio Quiroga, erreichte 15,3 Prozent der Stimmen. Sowohl der Kandidat der Regierungsallianz als auch der Kandidat der Opposition schnitten also überraschend schlecht ab. Der wiedergewählte Gouverneur Gutiérrez versicherte in seiner Antrittsrede die Beibehaltung der Verträge, die die Schiefergas-Lagerstätte betreffen.
Auch in der Provinz San Juan wurde durch die Vorwahlen am 31. März bereits die Stimmung gemessen. Der aktuelle Gouverneur und Kandidat des Peronismus der Mitte, Sergio Uñac, setzte sich mit 55,74 Prozent klar gegen den Kandidaten der Regierungsallianz Cambiemos, Marcelo Orrego (32,18 Prozent) durch. Die offiziellen Gouverneurswahlen finden in San Juan am 2. Juni statt. Uñac wird auch als möglicher Kandidat für die Vizepräsidentschaft Lavagnas gehandelt. Im April stehen Wahlen in Río Negro, Entre Ríos, Chubut und Santa Fe bevor.
Andrea Heigl, Frederike Brandt und Olaf Jacob
Sobre esta serie
La Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. en Argentina quiere dar a todas las personas interesadas un mejor acceso a los acontecimientos políticos del país. Para ello, publicamos un breve resumen mensual con las noticias más importantes del país.
Susanne Käss
Representante de la Fundación Konrad Adenauer en Argentina / Representante de la Fundación Konrad Adenauer en Brasil (en funciones)