Publicador de contenidos

Reportajes internacionales

Christsozialer Kandidat sorgt für Aufwind

de Henning Suhr

Vorwahlen in Costa Rica

Rund ein Jahr vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Costa Rica bringen sich die Parteien in Stellung. Interessante Entwicklungen und Koalitionen könnten dazu führen, dass sich das Parteiensystem stabilisiert – oder alles beim Alten bleibt. Die meisten Bürger bezweifeln jedoch, dass die Parteien und ihre Politiker über die notwendigen Konzepte verfügen, um die dringendsten Probleme zu lösen.

Publicador de contenidos

Compartir

In dem sonst so besonnenen Costa Rica wird vor einer mittelfristigen Zunahme des Populismus gewarnt. Personifizierung der Politik und Personalquerelen verhindern derweil eine Rückkehr zur Sachpolitik.

„Doktor, Freund, das Volk ist mit dir“, schallt es vom äußeren Flügel einer in rot bekleideten Tribüne auf dem Parteitag der Partido Unidad Social Cristiana (PUSC, Partei Christsoziale Einheit) am 21. April, auf dem sich die Kandidaten der Partei für die Präsidentschaftswahl bei den Parteimitgliedern offiziell vorstellten. Die Anhänger des Vorwahlkandidaten Dr. Rodolfo Hernández skandierten wie bei einer Sportveranstaltung für ihren Hoffnungsträger, der im Volksmund nur als „El Doctor“ bekannt ist.

Kinderarzt wird offizieller Präsidentschaftskandidat der PUSC

Gemeint ist Rodolfo Hernández, der erstmals im Dezember 2012 das Interesse äußerte, als Präsidentschaftskandidat der PUSC kandidieren zu wollen. Im April offizialisierte der Kinderarzt seine Kandidatur. Unterstützt wird er vom Parteiflügel „Convergencia Calderonista“, die sich dem Politikkurs des ehemaligen Präsidenten Rafael Angel Calderón Fournier verschrieben haben. Ex-Präsident Calderón ist wiederum nach seinem Korruptionsskandal kein offizielles Parteimitglied mehr, gilt jedoch weiterhin als einflussreicher Strippenzieher in der costa-ricanischen Politik. Dass er den Kandidaten Hernández überhaupt erst ins Spiel brachte, könnte selbigen noch Probleme bereiten, da Calderón alles andere als beliebt im Lande ist. So ist Hernández auch auf diesem Parteitag bemüht, sich nicht als Marionette, sondern als ernsthafter und vor allem ernstzunehmenden Kandidat zu inszenieren, was ihm auch gelingt. Allein der Fakt, dass er Leiter des landesweit bekannten Kinderkrankenhauses in der Hauptstadt San José ist, als Saubermann gilt und vor allem ein gänzlich neuer, unverbrauchter und geradezu Politik ferner Kandidat ist, macht ihn für viele Wähler überhaupt erst wählbar. Laut einer internen Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts wünschen die Wähler Costa Ricas einen Kandidaten, der möglichst volksnah wirkt, die Tugenden Ehrlichkeit und Fleiß verkörpert und bisher eben kein herausragender Parteipolitiker war. Es verwundert daher nicht, dass Rodolfo Hernández bei vielen Wählern gut ankommt – erst recht bei seiner eigenen Partei.

Kandidat Piza erkennt Niederlage an

Ihm gegenüber stand Rodolfo Piza, ehemaliger Leiter der costa-ricanischen Sozialversicherungskasse, renommierter Jurist und Mitglied der unabhängigen Reformkommission der Staatspräsidentin. Er wird von dem Flügel „Renacer Socialcristiano“ (Christsoziale Wiedergeburt) der PUSC unterstützt. Im Gegensatz zu Hernández gilt Piza als Technokrat, ein Fachmann für Politik und Verwaltung, der sich aber auch in intellektuellen Kreisen bewegt. Der Renacer-Flügel, für den er antritt, hat sich nach den Korruptionsskandalen der letzten PUSC-geführten Regierung neu gegründet und der Erneuerung der Partei verschrieben. Zahlenmäßig ist der Renacer-Flügel in der Partei größer, weshalb sich auch mehr Renacer-Anhänger für die Kandidatur für Abgeordnetenmandate bei den internen Wahlen durchsetzen werden als vom Flügel „Convergencia Calderonista“.

Nachdem die PUSC-Kandidaten zur Präsidentschaftswahl rund einen Monat nach der Verkündung ihrer parteiinternen Kandidatur landesweit in Funk, Fernsehen, Printmedien und per Plakataktionen für sich werben konnten, fand schließlich am 19. Mai der Wahltag statt. Mit 77 zu 23 Prozent entschieden sich die Wähler für Dr. Rodolfo

Hernández als Spitzenkandidaten der PUSC. Die Wahlen wurden landesweit ausgetragen, wahlberechtigt waren dabei nicht nur die Parteimitglieder, sondern alle volljährigen Costa-Ricaner. Diese, an die Vorwahlen in den Vereinigten Staaten angelehnte Praxis zur Ermittlung des Präsidentschaftskandidaten, ist in den anderen Parteien Costa Ricas meistens üblich. Piza, der vermutlich eine solide Unterstützung von Unternehmerkreisen genoss und vermutlich über mehr finanzielle Kapazitäten verfügte, konnte sich jedoch nicht gegen „El Doctor“ Rodolfo Hernández durchsetzen, der es besser verstand, die Leute emotional anzusprechen und zudem über ein sehr gut organisiertes Vorwahlkampfteam verfügte, das über einen längeren Zeitraum für ihn mittels Kampagnen geschickt für ihn werben konnte.

Aufbruch in der PUSC - Oppositionsparteien unter Druck

Mit dem neuen Kandidaten zieht die PUSC gestärkt in den kommenden Wahlkampf. Vor nicht wenigen Monaten hat wohl keiner daran geglaubt, dass die PUSC wiedererstarken könnte. Bei den letzten Wahlen 2010 errang die PUSC das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Schon 2006 wurde die Partei nach den Korruptionsskandalen auf die hinteren Ränge verwiesen. Das Ende des Zwei-Parteien-Systems, in dem sich Sozialdemokraten (PLN) und Christsoziale (PUSC) mehr oder weniger in der Regierung abwechselten, schien damals eingeläutet. Die nach der politische Krise 2006 aufgestiegene Mitte-Links-Partei Partido Acción Ciudadana (PAC), die eine Abspaltung der Regierungspartei Partido Liberación Nacional (PLN) ist, konnte das Machtvakuum, das die PUSC hinterließ, nicht füllen. Ebenso wenig gelang dies der rechts-liberalen Partei Movimiento Libertario (ML), die wiederum ihren Ursprung in einer Abspaltung der PUSC hat. Darüber hinaus rückten Kleinstparteien wie die sozialistische Frente Amplio (FA), die Partido Accesibilidad Sin Exclusión (PASE) sowie zwei evangelikale Parteien etwas mehr in den Vordergrund.

Keine Rückkehr zum 2-Parteien-System

Die Zersplitterung der Parteienlandschaft, die sich seit 2006 vollzog, wurde von Analysten u.a. als Grund für den politischen Stillstand der letzten Jahre genannt. Aushandelungsprozesse von Gesetzesvorhaben gestalteten sich im Parlament unlängst schwieriger als zuvor, als klare Mehrheitsverhältnisse bestanden. Die Regierungspartei PLN verfügte über keine klare Parlamentsmehrheit und war auf politische Partner angewiesen. Sicherlich muss man von einem verfrühten Optimismus auf Seiten der PUSC sprechen: Eine Rückkehr zu einem Zwei-Parteien-System sollte niemand so schnell erwarten. Doch haben die Christsozialen durchaus die Chance, die PAC und das ML zu überholen und hinter der PLN wieder zweitstärkste politische Kraft zu werden. Nach den Skandalen und dem desaströsen Abschneiden bei den vergangenen beiden Wahlen (siehe Tabellen) wäre dies ein großer Erfolg.

Skandal um Flugreise der Präsidentin

Präsidentin Chinchilla vermochte es in ihrer bisherigen Amtszeit nicht, einen klaren Regierungskurs durchzusetzen. Ihre Popularitätswerte sind mittlerweile auf ein Rekordtief gesunken. Laut dem mexikanischen Meinungsforschungsinstitut Consulta Mitofsky ist die Präsidentin bei ihrem Wahlvolk so unbeliebt wie kein anderes Staatsoberhaupt Lateinamerikas. Erst kürzlich sorgte sie für große Empörung als sie auf Staatskosten zu einer privaten Hochzeit nach Peru flog und – anscheinend der Form halber – einen kurzen Termin mit dem peruanischen Präsidenten einschob. Zu allem Übermaß flog sie nicht, wie üblich, mit dem Linienflug der TACA-Fluglinie, mit der ein Rahmenabkommen besteht, sondern nahm die Offerte an, den Privatjet eines Erdölunternehmens zu nutzen, dessen Besitzer ein kolumbianischer Geschäftsmann ist. Zeitungen sagten diesem gar Verbindungen ins Drogenmilieu nach, wobei die Informationen nicht verifizierbar sind. Nachdem erst kürzlich ein großes Autobahnprojekt des brasilianischen Bauunternehmens OAS, konzessioniert durch die costa-ricanische Regierung, wegen Korruptionsverdacht große Entrüstung hervorrief, ist dies nun der zweite Skandal in kurzer Zeit, den sich Chinchilla leistet. Überraschenderweise gelingt es der PLN recht gut, die Skandale als das Fehlverhalten Chinchillas und der Regierung darzustellen. Die Opposition vermag es indes nicht, statt Chinchilla die gesamte PLN und ihren künftigen Kandidaten Johnny Araya mit den Skandalen in Verbindung zu bringen, um politisches Kapital aus der Situation zu schlagen.

Bürgermeister der Hauptstadt San José soll Präsident werden

Da die Verfassung die unmittelbare Wiederwahl eines Präsidenten verbietet, kann die erfolglose Laura Chinchilla nicht erneut antreten. Der PLN kommt die Regelung in diesem Fall zu Gute, da Chinchilla wegen ihrer Unpopularität wohl kaum wiedergewählt werden würde. Innerhalb der PLN gilt Johnny Araya als sicherer Präsidentschaftskandidat, auch wenn er noch nicht von seiner Partei zu diesem gekürt wurde. Araya ist seit rund 20 Jahren Bürgermeister von San José und kann aufgrund dessen auf eine große Wählerschaft in der Hauptstadt hoffen. Auf dem Land ist seine Machtbasis, und somit seine Einflussmöglichkeiten, wie auch sein Bekanntheitsgrad deutlich geringer. Als Bürgermeister konnte Araya einige Projekte vorantreiben, auch wenn die Stadt zunehmend unter einer großen Verkehrslast bzw. einem mangelhaften Transportwesen und einer ungenügenden Versorgungsstruktur leidet.

Vertiefung der Beziehungen zu China ?

Eine Besonderheit des Bürgermeisters sind seine guten Verbindungen zu China. San José kam in den Genuss, dass die chinesische Regierung der Stadt ein neues Nationalstadion baute und mehrere Hundert Polizeiautos chinesischer Bauart schenkte, von denen die meisten Fahrzeuge bereits nach einem Jahr aufgrund technischer Mängel und fehlender Ersatzteile den Fuhrpark der Polizei nicht mehr verlassen konnten. Die chinesischen „Präsente“ erfolgten sicherlich im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommens Costa Ricas mit der Volksrepublik, das im Gegensatz zu dem Freihandelsabkommen mit den USA oder dem Assoziierungsabkommen mit der EU schnell und ohne Verzögerung von Costa Rica ratifiziert wurde. Von einem Staatspräsidenten Araya dürfte die Fortführung des China-freundlichen Kurses Costa Ricas erwartet werden. Persönlich setzte er sich für die Errichtung eines „chinesischen Viertels“ ein, das künstlich geschaffen wurde und nicht historisch entstanden ist.

Flügelkämpfe spalten Regierungspartei

Außer der Freundschaft zu China wird Araya weitere Gemeinsamkeiten mit Laura Chinchilla erwartungsgemäß vermeiden. Den Anschein, alles anders als die bestehende PLN-Regierung zu machen, dürfte ebenso leicht fallen, da Araya einem Parteiflügel der PLN angehört, der den libertären Politikkurs Chinchillas ablehnt. So stehen sich innerhalb der PLN auf der einen Seite der „Arayismo“-Flügel um Johnny Araya und der „Arismo“-Flügel um Präsidentin Chinchilla und die einflussreichen Brüder Rodrigo und Oscar Arias gegenüber. Eine Rückkehr zu der von vielen vermissten Sozialdemokratie der früheren PLN darf unter einer Präsidentschaft des geschäftstüchtigen und pragmatisch handelnden Johnny Araya wohl dennoch nicht erwartet werden. Die Flügelkämpfe innerhalb der PLN sind demnach auch weniger von programmatischen oder gar ideologischen Unterschieden geprägt, sondern auf Machtstrukturen zurückzuführen.

In den internen Auseinandersetzungen der PLN um die Präsidentschaftskandidatur unterlag Rodrigo Arias, der nach der zweifachen Präsidentschaft seines Bruders und Friednsnobelpreisträgers Oscar Arias (1986-1990, 2006-2010) ebenfalls das höchste Staatsamt erreichen wollte, Johnny Araya. Es darf erwartet werden, dass die Arias-Brüder daher Araya aus parteiinterner Rivalität nicht unterstützen werden, sondern bei nächsten Wahlen 2018 versuchen werden, sich oder einen ihn nahe stehenden Kandidaten durchzusetzen.

Absage an eine gemeinsame Wahlkoalition der Opposition

Derweil ist Johnny Araya zuversichtlich. In Umfragen liegt er zurzeit weit vorne. Es wird viel davon abhängen, wie viel Boden der PUSC-Kandidat Rodolfo Hernández in den nächsten Wochen und Monaten gut machen kann. Bei den anderen Oppositionsparteien ist derzeit kein viel versprechender Kandidat in Aussicht. Die PAC konnte sich noch nicht einmal auf einen Wahlmodus einigen, wie der Präsidentschaftskandidat der Partei gewählt werden soll. Partei-Urgestein Otton Solís wäre wohl auch der einzige Kandidat, der eine reelle Chance hätte. Allerdings hat dieser bereits mehrmals eine Kandidatur öffentlich abgelehnt. Das Movimiento Libertario hat hingegen mit Otto Guevara zwar eine starke Führungsfigur, jedoch trat dieser bereits in den vergangenen drei Präsidentschaftswahlen an – ohne Erfolg. Da Präsidentschaftskandidaten in Costa Rica aus Gründen der politischen Kultur (und der Glaubwürdigkeit der Kandidatur) nicht gleichzeitig für ein anderes Amt – etwa ein Abgeordnetenmandat – kandidieren, würde Guevara erneut mit leeren Händen dastehen, sollte er auch ein viertes Mal antreten.

Vor dem Hintergrund der Situation hat PUSC-Kandidat Hernández gute Chancen, aus den Präsidentschaftswahlen mindestens als Zweitplatzierter hervorzugehen. Sinnvoll wäre es, wenn sich die Opposition auf ihn als gemeinsamen Kandidaten einigen könnte. Die gemeinsame Abneigung gegenüber einer erneuten PLN-geführten Regierung wäre das Amalgam einer breiten Koalition der Opposition. Anders als in Europa, sind programmatische Unterschiede weniger ein Hinderungsgrund. Vielmehr könnten alte Bindungen, Abneigungen und vor allem der Zeitdruck ein Hindernis darstellen, eine mögliche „Anti-PLN-Koalition“ auf die Beine zu stellen. Die PAC könnte zwar mit der PUSC koalieren, aber nur sofern der Ex-Präsident Calderón außen vor bleibt. Diesem werden jedoch enge Bindungen zu Hernández nachgesagt. Zudem besteht zwischen der PAC und dem ML ein starker Antagonismus, den nur ein überparteilich wirkender Kandidat überwinden könnte. Gleichwohl weiß die Führung der PAC, dass sie ohne einen guten Kandidaten im Alleingang chancenlos ist. Die PUSC wiederum hat wenige Probleme, mit der PAC und dem ML zu koalieren – unter der Voraussetzung, dass Hernández der gemeinsame Kandidat ist. Beide Parteien wären eine willkommene Unterstützung für die PUSC. Eine Koalition der PUSC mit dem ML, an der sich die PAC nicht beteiligt, könnte wiederum bei den Wählern als ein arrangiertes Wahlbündnis zwischen dem einflussreichen, aber unbeliebten Ex-Präsidenten Calderón und dem polarisierenden Otto Guevara wahrgenommen werden. Für die Schaffung einer breiten Koalition, die glaubwürdig wirken kann, bleibt nur wenig Zeit. Bis zum 1. August müsste diese Koalition mit einem von allen Parteien intern abgestimmten und akzeptierten, gemeinsamen Wahlprogramm beim Obersten Wahlgerichtshof eingetragen sein. Aufgrund der üblichen Dauer dieser internen Wahl- und Abstimmungsprozesse ist es unwahrscheinlich, dass genügend Zeit besteht.

Zu Guter Letzt ist mit der Wahl Hernández’ zum PUSC-Kandidaten eine Koalition in weite Ferne gerückt. Hernández schlug eine Koalition unter PUSC-Führung vor, an der sich die anderen Parteien beteiligen dürften. Da die Mehrheitsverhältnisse zwischen den jeweiligen Parteien noch schwer abzuschätzen sind, winkten die anderen Oppositionsparteien angesichts der forschen Vorgehensweise Hernández’ bereits ab. Mehrere wichtige Persönlichkeiten der PAC, des ML und sogar der linksorientierten Frente Amplio erklärten, dass im Gegensatz zu dem unterlegenen Kandidaten Piza Hernández nicht akzeptabel sei. Den in den Umfragen führenden Johnny Araya dürfte es freuen: Eine zersplitterte Opposition bringt ihm den Sieg näher.

Politiker- und Parteienverdruss sorgen für Wahlunlust

Während sich die Parteien im Rahmen der Vorwahlen auch für den kommenden Wahlkampf in Stellung bringen, besteht in Costa Rica ein großes Misstrauen, dass die Politik in der Lage ist, die Probleme des Landes zu lösen. Statt Schlagzeilen über die Personalquerelen innerhalb der Parteien zu produzieren, ist dringend eine Debatte über die wichtigen Themen notwendig. Arbeitslosigkeit, der Zustand der staatlichen Sozial- und Krankenversicherung und die schwindende innere Sicherheit sind die großen Sorgen der Costa-Ricaner. Umweltschutz, Verkehr und Transport, Migration sowie die Bildungspolitik sind weitere Bereiche, die die Bürger als wichtig erachten. In der Meinung vieler Wähler bieten weder die Regierungspartei PLN, noch die Oppositionsparteien Lösungen und Konzepte für die Zukunft des Landes an. Sicherlich ist dies auch ein Resultat der schon immer vorherrschenden Personifizierung der Politik, in der Kandidaten und ihre Sympathiewerte wichtiger sind als Parteistrukturen und -programme. Der schwache Austausch der Parteien mit der Zivilgesellschaft ist eine der hauptsächlichen Gründe für ein Entfernen zwischen Politikern und ihrem Wahlvolk. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Costa-Ricaner ist vergleichsweise hoch und gut organisiert. Allerdings findet kaum eine politische Artikulation seitens der Zivilgesellschaft statt, man sucht bewusst die Distanz zur Politik, obwohl nur in ihrem Rahmen der gesellschaftliche Wandel vollzogen werden kann. Die Aufnahme, Kanalisierung und Debatte gesellschaftlicher Interessen innerhalb der Parteien findet kaum statt. In den Augen vieler Bürger verkommen Parteien auf diese Weise zu bloßen Wahlvereinen und Wahlkampfmaschinen, die weder im Interesse der Mitglieder, der Wähler oder des Landes handeln, sondern zuvörderst Parteipolitiker mit Posten versorgen. Was als eine schonungslose Kritik wirkt, ist im Endeffekt nur das vorherrschende Stimmungsbild in der Bevölkerung. Umfragen zeigen, dass der Anteil der Nicht-Wähler bei den kommenden Wahlen einen historischen Höchststand erreichen wird (zwischen 32-35 %). Die Wahlabstinenz wird in erster Linie dem Kandidaten zu Gute kommen, der den größten Anteil seiner jeweiligen Stammklientel an die Urne bringt. Vermutlich dürfte Johnny Araya demnach von einer niedrigen Wahlbeteiligung profitieren, weshalb er eventuell bereits im ersten Wahlgang die notwendigen 40 Prozent der gültigen Stimmen auf sich vereinen kann. Dies zu verhindern, ist Aufgabe und Herausforderung der Oppositionskandidaten. Eine reelle Chance dürfte Rodolfo Hernández wohl erst im zweiten Wahlgang haben. Ob die Parteien und ihre Kandidaten in der Lage sind, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen, bleibt fraglich. Gewiss ist hingegen, dass das Vertrauen der Costa-Ricaner in ihre Demokratie abgenommen hat.

Den Länderbericht inklusive Tabellen und Bildern lesen Sie im pdf.

Publicador de contenidos

Dr. Rodolfo Hernández (li.)und seine Familie stellen sich bei einer Wahlkampfveranstaltung\r\nvor.| Foto: Equipo Electoral/Wahlkampfteam Dr. Rodolfo Hernández Equipo Electoral/Wahlkampfteam Dr. Rodolfo Hernández

comment-portlet

Publicador de contenidos