Informes sobre los eventos
An dem Treffen Namen Delegationen aus Chile, Uruguay, Peru, Kolumbien, Panama, Costa Rica, Honduras, Guatemala, der Dominikanischen Republik, Puerto Rico und Mexiko teil sowie, als Experten, Dr. Néstor Pedró Sagüés, Präsident des Iberoamerikanischen Instituts für Verfassungsprozessrecht (Argentinien), Dr. Eduardo Rodríguez Veltzé, Ex-Präsident von Bolivien, Dr. Rosembert Ariza, Experte für Rechtspluralismus und Menschenrechte (Kolumbien), Dr. Arturo Hoyos, Professor für Verfassungsrecht (Panama), Dr. Jesús Casal, Professor für Verfassungsrecht (Venezuela), und Rechtsanwalt Aresio Valiente, Experte für indigenes Recht (Panama). Aus Deutschland kamen Herr Prof. Matthias Herdegen sowie der Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. h. c. Rudolf Mellinghoff hinzu. Das Treffen wurde u. a. vom Präsidenten des OG Panama und dem Innenminister der Republik Panama eröffnet.
Verbindung mit Feierlichkeiten zu 20 Jahren Wiedervereinigung
In Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft in Panama (Botschafter Michael Grau) wurde das Treffen mit den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung verbunden. Die Teilnehmer des Verfassungsrichtertreffens waren als Ehrengäste zum Botschaftsempfang geladen.
Themen
Auf der Fachkonferenz wurden aktuelle rechtspolitische Probleme des Kontinents debattiert, welche Einfluss auf die Verfassungsgerichtsbarkeit haben bzw. auf welche die Verfassungssenate und -gerichte selbst Einfluss nehmen können.
AKTIVE GESTALTUNG DURCH VERFASSUNGSGERICHTSBARKEIT
Inwieweit sollen und können Oberste bzw. Verfassungsgerichte aktiv zur Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit beitragen? Ist hierfür eine ausdrückliche Rechtsgrundlage erforderlich? Wo liegen die Grenzen der Verfassungsauslegung? Die Gerichtsbarkeit als Motor für soziale Veränderungen sowie Auswirkungen der Urteile auf die anderen Staatsgewalten. Ausgehend von den Beiträgen des Richters Mellinghoff (zugleich Eröffnungsvortrag der Fachkonferenz), Néstor Pedro Sagüés (Argentinien), Leslie van Rompaey (Uruguay) und Mario Pérez (Guatemala) debattierten die Teilnehmer unter der Moderation des ehemaligen Staatspräsidenten Boliviens, Eduardo Rodríguez Veltzé, eine Reihe von Fallstudien zur Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit in Krisensituationen. Mellinghoff
stellte die Bedeutung der richterlichen Ethik für ein geordnetes Gewaltengefüge heraus, denn selbst die auf dem Papier beste Rechtsordnung könne nur funktionieren, wenn die jeweiligen Akteure ihr Amt verantwortungsvoll
wahrnähmen. Auch wurde deutlich, dass die Standfestigkeit eines Verfassungsgerichts in Krisensituationen maßgeblich
von seinem Rückhalt in der Bevölkerung abhängt.
DIE VERFASSUNGSKULTUR IM VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN STAATSGEWALTEN
Die liberalen demokratischen Verfassungsordnungen zeichnen sich durch voneinander unabhängige und miteinander konkurrierende Staatsgewalten aus. Wie kann ein gesundes und nachhaltiges Gleichgewicht zwischen diesen Gewalten, insbesondere im Verhältnis zur Gerichtsbarkeit, erreicht werden? Auf der Grundlage von Impulsreferaten von Arturo Hoyos (Panama), José Ramón Cossío (Mexiko), Enrique Navarro (Chile) und Gilbert Armijo (Costa Rica) berieten die höchsten Richter unter Moderation von Matthias Herdegen über die Schwierigkeiten einer Herstellung und Erhaltung des Machtgleichgewichts in den zum Teil noch sehr labilen Demokratien.
RECHTSSTAAT UND GLOBALISIERUNG
Die sich stetig weiter entwickelnden engen Verbindungen zwischen den nationalen Wirtschaften in einer globalen Welt erfordert eine einvernehmliche Regulierung durch die Staaten. Geleitet wird diese durch internationale Standards, die tauglich sind, Finanz- und Wirtschaftskrisen zu verhindern, und Richtlinien für eine soziale Marktwirtschaft zu etablieren. In einigen Ländern Lateinamerikas sind Entwicklungen zu beobachten, die als Konsequenz einer von weiten Teilen der Bevölkerung der jeweiligen Staaten als ungerecht empfundenen internationalen
Wirtschaftsordnung gedeutet werden können. Wie kann solchen Entwicklungen, die die Grundlagen des Rechtsstaates
gefährden, entgegen gewirkt werden? Jesús Maria Casal und Matthias Herdegen lieferten die Diskussionsgrundlage für dieses Panel. Herdegen stellte insbesondere auf die zunehmende Bedeutung internationaler Standards für die Erhaltung des Rechtsstaats ab.
WIEDERWAHL UND GEWALTENTEILUNG
Die gewünschte oder teilweise bereits realisierte Wiederwahl in den Präsidialsystemen Lateinamerikas hat in jüngster Zeit wiederholt zu Auseinandersetzungen geführt, welche die Stabilität der betroffenen Staaten in Gefahr gebracht oder diese tatsächlich destabilisiert hat. Nach welchen Kriterien lässt sich beurteilen, ob die Gewaltenteilung im Staat durch eine Präsidentenwiederwahl bzw. eine diese bezweckende Verfassungsreform gefährdet wird? Mit Jorge Ignacio Pretelt (Kolumbien) und Gustavo Enrique Bustillo (Honduras) referierten Richter von zwei direkt betroffenen Gerichten. Pretelt erklärte das Urteil des kolumbianischen Verfassungsgerichts gegen die Zulassung eines Referendums über die Einführung einer nochmaligen Wiederwahl und verdeutlichte demokratiefördernde Wirkung dieser Entscheidung. Bustillo und sein Kollege Ruiz Gaekel erläuterten die Geschehnisse vor, während und nach dem außergewöhnlichen Staatsstreich in Honduras, das sich –auch justiziell- noch mitten in der Aufarbeitung
dieser jüngsten Geschichte befindet.
VIELVÖLKERSTAATEN UND RECHTSPLURALISMUS
Die enormen Herausforderungen der Vielvölkerstaaten Lateinamerikas im Hinblick auf staatlichen Zusammenhalt, sozialen Frieden und Rechtspluralismus führten Expräsident Rodríguez Veltzé (Bolivien), Fernando Calle (Peru) und Aresio Valiente (Panama) unter der Moderation von Rosembert Ariza (Kolumbien) vor Augen. Politik und Justiz stellen sich seit wenigen Jahren einer Aufgabe, die über die Jahrhunderte hinweg seit der Kolonisierung nicht in Angriff genommen wurde. Grundtenor der Diskussion war, dass sowohl die nunmehr etablierten, westlichen Denkschemata als auch die neu erstarkten indigenen Forderungen einer Reflexion und Korrekturen bedürfen, um vollkommen neue, der Realität angepasste konsensfähige Lösungsansätze zu entwickeln.
DIE RECHTSKULTUR IN LATEINAMERIKA – MENSCHENRECHTE IN LATEINAMERIKA: UNGELÖSTE AUFGABEN.
Nach einer Phase des demokratischen (Wieder-)Aufbaus, die während der letzten beiden Jahrzehnte in vielen Fällen akzeptable und zum Teil sogar mustergültige Verfassungsordnungen in der Region geschaffen hat, ist es gegenwärtig
ein vorrangiges politisches, verfassungsrechtliches und gesellschaftliches Ziel, dem bestehenden Ordnungsrahmen tatsächliche Geltung zu verschaffen. Ein weit verbreiteter Usus der Nichtbefolgung des geltenden Rechts, hohe Straflosigkeitsraten, Korruptionspraktiken und das teils ungestörte Walten der organisierten Kriminalität führen dazu, dass große Teile der Bevölkerung das Vertrauen in den Rechtsstaat verlieren, der momentan ohne wirkliche Perspektive zu einer bloßen programmatischen Phrase verkommt. Wie kann das Vertrauen in den demokratischen
Rechtsstaat wieder hergestellt werden? Dies gilt insbesondere für den Menschenrechtsschutz in einem Kontext extremer sozialer Gegensätze und Armut. Mit einem leidenschaftlichen Appell an die anwesenden höchsten Richter forderte Rosembert Ariza (Kolumbien) eine klare Positionierung der obersten Gerichte zugunsten eines effektiven Menschenrechtsschutzes ein, verwies aber gleichzeitig auf die schwere Last, die diese damit übernähmen, wenn
die Politik richtungsweisende Gerichtsurteile nicht umsetze.
MEDIENKOMMUNIKATION DER VERFASSUNGSGERICHTE UND –SENATE IN LATEINAMERIKA
Ausgehend von einem Überblick über die Maßnahmen des OG Costa Rica durch Gilbert Armijo und einer Zusammenfassung
der zu diesem Thema im Vorfeld durchgeführten Umfrage berieten die anwesenden Richter und Experten über Möglichkeiten zur Optimierung einer Kommunikation ihrer rechtsprechenden Tätigkeit. Während die Vereinfachung der juristischen Sachverhalte und Argumentationen in Pressemeldungen als sehr dienlich empfunden wurde, erkannten
die Richter auch die Schwierigkeiten, die sich aus einer unkoordinierten Kommunikationspolitik ergeben können.
Vorstellung des Jahrbuchs für Lateinamerikanisches Verfassungsrecht
Oydén Ortega Durán (Panama) stellte offiziell das Jahrbuch 2010 vor und den anwesenden Richtern wurden die druckfrischen Exemplare überreicht. Die Redebeiträge der Verfassungsrichtertreffen bilden stets einen Grundstock für die Veröffentlichungen im Jahrbuch.
KZE-Einsatz Richter Mellinghoff
Der Einsatz von Richter Mellinghoff erwies sich in diesem Jahr sogar noch fruchtbarer als im Vorjahr in Kolumbien, weil dem KZE bei seinem zweiten Einsatz das rechtspolitische Umfeld vertrauter war. Im Rahmen eines intensiven Konferenz- und Gesprächsprogramms schon im Vorfeld in Mexiko (s. Programm in der Anlage) konnte der KZE vor verschiedenen Zielgruppen zu den augenblicklichen Schlüsselthemen punktgenau Stellung beziehen und so den traditionell viel beachteten Input aus Sicht des deutschen Verfassungsrechts leisten. In Panama geschah dies zu den meisten der oben ausgeführten Themen; in Mexiko insbesondere die Frage des Verhältnisses zwischen internationalen Gerichtshöfen und nationalen Verfassungsgerichten.