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Paul Tresp

Zukunftswerkstatt

Europa muss Position beziehen

de Paul Tresp

11. Ausgabe der deutsch-französischen Zukunftswerkstatt

Europa wird international schon längst als geopolitischer Akteur wahrgenommen. In dieser Fortsetzung der Zukunftswerkstatt diskutierten die Experten wie sich die EU international positionieren sollte, sowohl zwischen den USA und China als auch gegenüber der Globalisierung.

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Mit der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten hat der Multilateralismus eine neue Chance erhalten. Dennoch haben auch wir Europäer mit dem Aufstieg Chinas und mit illiberalen Kräften zu kämpfen. Wir müssen uns der wachsenden Kritik an der Globalisierung und am Multilateralismus stellen. Gleichzeitig muss Europa lernen, sich in internationalen Verhandlungen Gehör zu verschaffen, um die eigenen Interessen der europäischen Staaten durchzusetzen.

Wie der Multilateralismus in Zukunft aussehen wird und was Europa dafür tun muss, diskutierten unsere drei Gäste, Eric-André Martin vom Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen (CERFA) des Institut francais des relations internationales, der Bundestagsabgeordnete Dr. Andreas Nick sowie Tara Varma vom Head of European Council on foreign relations, in der deutsch-französischen Zukunftswerkstatt „Globalisierung und Multilateralismus in der Kritik – wofür steht Europa?“ am 27. Januar.

Zum Einstieg an diesem Abend stellte Andreas Noll die Frage, ob die Pandemie eine Bedrohung für den Multilateralismus darstelle. Die Krise sei durchaus eine Bedrohung, aber auch eine Chance, so Tara Varma. Eine Chance für Europa, die neue Rolle auf der internationalen Bühne anzunehmen, denn die EU werde zwar als geopolitischer Akteur, aber als ein schwacher wahrgenommen.
Eric-André Martin fügte dem hinzu, dass die EU es schaffte die anfänglichen Probleme in der überraschenden Krise zu bewältigen und so ihre Stärken zeigte. Zu diesen zählen beispielsweise die grenzüberschreitende Aufnahme von Patienten oder die Beschaffung des Impfstoffes.
 
Die anschließende Frage der Denkfabrik knüpfte hier ebenfalls an. Markieren das Ende der Trump Ära und die Pandemie einen Wendepunkt und werden wir international an den Zeitpunkt von vor vier Jahren zurückkehren? - Nein, zu einem früheren Zeitpunkt werden wir nicht zurückkehren, so Eric-André Martin. Weiter führte er fort, dass die Pandemie uns lehrte, dass wir uns nicht in unserem „nationalen Schneckenhaus“ verstecken dürfen und, dass eine multilaterale Ordnung im Interesse der EU sei. Es stellt sich ebenfalls die Frage, wie sich die Finanzlage durch Corona verändern wird. Laut Andreas Nick könnte die Pandemie neue Ungleichgewichte schaffen. Die EU müsse sich fragen, wo sich ihre strategischen Hebel auf internationaler Ebene befinden.
Tara Varma ergänzte, dass Joe Biden und seine neue Regierung keineswegs eine passive europäische Haltung wollen. Die Welt sehe heute anders aus, als noch vor dem Amtsantritt Donald Trumps. So habe es rapide Entwicklungen in Russland, China und der Türkei gegeben. Varma stellt fest: Europa sollte die Initiative ergreifen und sich fragen, wo die eigenen Interessen liegen, um anschließend den USA ein Angebot unterbreiten zu können. Eric-André Martin merkte hier an, man müsse überlegen, was man den USA anbieten könne. Eine Antwort darauf könnte lauten, dass Europa zu seiner Verantwortung stehen und seinen Teil, nicht nur im militärischen Bereich, sondern auch im Krisenmanagement, übernehmen müsse.
Andreas Nick fügte dem hinzu, dass wir zwar mehr Kooperationen mit den USA bei globalen Problemen durch Joe Biden erwarten können. Die EU müsse sich dennoch fragen, welche Position sie zwischen China und den USA einnehmen möchte und auch wie sie strategische Autonomie, beispielsweise in der Energieversorgung, einfordern kann. Durch China ist sie außerdem erstmals mit Staatskapitalismus konfrontiert worden. Deshalb dürfe die EU darf nicht nur Importeur von Technologie sein, sondern müsse technologische Souveränität erreichen, um die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen zu können.
Der erste Härtetest für die strukturelle Autonomie der EU werde das Projekt Nordstream 2 sein, so Tara Varma. Dort zeige sich, ob und wie viel strukturelle Autonomie die USA den Europäern einräumten, um genügend selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Bisher gebe es für den Dialog mit den USA lediglich die NATO, die aber ausschließlich für militärische Angelegenheiten zuständig sei. Tara Varma plädierte daher für die Schaffung eines neuen politischen Forums, um auch andere Fragen erörtern zu können.

In der ersten Umfrage an das Publikum zeigte sich, dass unsere Zuschauer ebenfalls keine einheitliche Meinung darüber hatten, ob die EU zukünftig einen eigenen Weg gehen oder an der Seite der USA, gegen den wachsenden chinesischen Einfluss in internationalen Organisationen, stehen sollte. Eric-André Martin ließ hier die Frage einfließen, ob die EU überhaupt imstande sei, sich das auszusuchen. China habe schließlich einen starken Einfluss im europäischen Raum durch seine zahlreichen Investitionsprojekte. Europa müsse daher auch lernen, „Nein zu sagen“. Tara Varma schloss sich hier Eric-André Martin an. China tue als diktatorisches Regime alles um die eigenen Interessen international durchzusetzen, wodurch es erschwert wird mit China in einen Dialog zu treten. Außerdem definieren wir uns über unsere europäischen Werte, die denen der USA deutlich näher sind, als denen Chinas. Dennoch seien wir alle von China abhängig, da wir bei einigen globalen Fragen, wie z.B. zum Klima, auf die Zusammenarbeit Chinas angewiesen seien. Varma schlussfolgerte, dass die EU ihren eigenen Weg gehen müsse.

Auch die zweite Zuschauerfrage, ob die Globalisierung den Einbruch des Wirtschaftswachstums in der Pandemie eher abgeschwächt oder gestärkt habe, teilte das Publikum in zwei Lager.
Eric-André Martin stellte aber fest, dass die Pandemie Entwicklungen beschleunigt und Probleme der Globalisierung aufzeigt habe wie z.B. die weit verzweigten Wertschöpfungsketten von essentiellen Gütern wie Medikamenten. Daher müsse die Art, wie die Globalisierung momentan umgesetzt werde, in Frage gestellt werden. Auch Andreas Nick stimmte dem zu und ergänzte: den immer-verfügbaren-Weltmarkt wird es nicht immer geben. Daher brauche die EU technologische Unabhängigkeit.

Abschließend hielt Tara Varma fest, dass wir internationalen Institutionen und Foren wieder mehr Legitimität geben sowie ihnen mehr Bedeutung zumessen müssen, um so zukünftige globale Probleme lösen zu können.

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