Comptes-rendus d'événement
Die Anreise nach Bern war kühl und nass. Die meisten kamen nicht ins Schwitzen. Damit können wir uns präsentabel im Herzen der eidgenössischen Demokratie bewegen. Auf dem linken Arm unserer T-Shirts prangt das weiße Kreuz auf rotem Grund. Schweiz. Das Ziel der neunten Tour unserer Reihe „Politik auf zwei Rädern“. Noch nie war die Resonanz auf unseren Lockruf für Motorradfahrer so groß. So auch unsere Neugier auf diese Nation im Herzen Europas, ihre Energiepolitik, das Demokratiemodell, ihre wirtschaftlichen Ausblicke und ihre Einbettung in die geographische und politische Nachbarschaft. Einschließlich Team sind wir 31 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Truppe bunt gemischt und – besonders erfreulich – mit dem höchsten Frauenanteil seit Beginn der Reihe.
Seit mindestens fünf Tagen sind wir unterwegs. Manche sind schon früher gestartet, denn die Anreise aus Brandenburg, Berlin, dem Oldenburger Land bis an die Höri, unserem Startpunkt, ist kein Pappenstiel. In den Gesprächen im Bundeshaus finden wir den Schlüssel zu politischen Weichenstellungen in der Schweiz. Im Fokus: die Energiewendestrategie bis 2050.
Anreise aus aller Herren (Bundes-)länder
Doch nun der Reihe nach: In einer Sternfahrt waren 25 Motorräder und ihre Besatzungen nebst unserem bewährten Begleitfahrer, dem Ex-Kollegen Michael Fey, am Sonntagnachmittag auf die Höri gekommen. Genauer: nach Horn auf der Spitze der kleinen Halbinsel, die südlich von Radolfzell über den Bodensee nach Konstanz schaut.
Das Setting ist zum Teil vertraut. Viele kennen sich, wer neu ist – darunter viele Altstipendiaten der KAS – wird schnell integriert. Das ist der Charme des Motorrads als verbindendes Element. Streckenplanung, Programminfos, erste Hilfe und Tipps fürs Fahren in der Gruppe. Neu ist, dass „die Schweiz“ von Anfang an mitfährt – in der Person von Hans-Peter Willi, Konsul am Generalkonsulat der Schweiz in Stuttgart, der mit seiner Harley dabei ist. So erfahren wir gleich zu Beginn: „So tickt die Schweiz!“ Aus erster Hand, illustriert an einem Schweizer Fondue auf Youtube. Dazu: Grundlagen des politischen Systems, Interkulturelles und: Kulinarisches. Hans-Peter Willi hat Appenzeller Käse und Getreidechips dabei. Dazu als Teil des „Apero“ Schweizer Wein. „Unser Konsul“, wie er umgehend von der Gruppe vereinnahmt wird, ist für uns in den nächsten Tagen unschätzbarer Scout, Türöffner, Vermittler leckerer Aperos (sowie besonders umfassender „Apero riches“) und – vor allem – charmanter Botschafter und Kulturdolmetscher seines Landes beinahe rund um die Uhr. Den Wein aus dem Apero am Sonntagabend genießen wir natürlich in Maßen, denn am nächsten Tag warten viele Kilometer auf uns.
Internationale Powerregion Bodensee als Startschuss
Der frühe Vogel fängt den Wurm. Mit den Bodenseefelchen ist es aufgrund des mittlerweile supersauberen Bodenseewassers nicht so einfach. Die sind zu mager. Nicht der erste Vortrag: Wir frühstücken mit Thomas Radke, stellvertretender Geschäftsführer der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK). Wir erfahren viel über die Verflechtungen längs und quer über den Bodensee. Vier Länder sitzen mit am Tisch, Österreich, die Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein und Deutschland. Die Kennzahlen im Erfassungsgebiet der IBK: 4 Mio. Einwohner auf 14‘800 km² (2015), Trinkwasser für bis zu 5 Millionen Menschen (auch Stuttgart trinkt mit), 2,2 Millionen Erwerbstätige, 52.000 Grenzpendler, Bruttoinlandsprodukt 2014: 229 Mrd. €, das sind pro Kopf fast 60.000 Euro, ca. 19,5 Mio. Übernachtungen im Hotelgewerbe, über 30 Hochschulen, die sehr auf Kooperation bedacht sind und über 100000 Studierenden einen Platz bieten. Die Finanzierung der IBK ist dagegen nicht ganz so üppig, wie es die Chancen sind: ständige Partnersuche ist Alltag für Radke und sein Team.
Nach einem sonnigen Ritt durch die Kantone Thurgau und Sankt Gallen bzw. Appenzell, für manche Gruppen insbesondere durch das wunderschöne Toggenburg, erreichen wir mittags pünktlich Vaduz, die Hauptstadt Liechtensteins. Das übliche anfängliche Ringen mit den Navis ist überwunden. Wir parken direkt vor dem Amt für Auswärtige Angelegenheiten. Kühle Getränke, Kaffee, belegte Brötchen. Dann tauchen wir ein in die Besonderheiten des Fürstentums: keine eigene Währung, kein Militär. Ein Budget für Entwicklungshilfe im zweistelligen Millionenbereich bei etwa 40.000 Einwohnern (die in der Regel Staatsbürger sein müssen). Eine tägliche Zahl von Grenzgängern, die die Einwohnerzahl des Landes seit einigen Jahren sogar überschreitet. Zahlen über Zahlen: sogar vor einem Größenvergleich mit den Vereinigten Staaten scheut man sich nicht: der Faktor ist 1:62225. „Klein, aber oho!“, denken viele von uns. Das offizielle Staatsmotto Liechtensteins heißt freilich „Für Gott, Fürst und Vaterland“.
Bei aller faktenbezogenen Raffinesse dürfen natürlich auch royale Themenwelten nicht ausgeklammert werden. Auf die Nachfrage einer Teilnehmerin nach der „Thronfolge“ für den Fürsten im Falle eines nicht vorhandenen männlichen Erbprinzen entgegnet Panagiotis Potolidis-Beck, unser formidabler Referent vom Amt für Auswärtige Angelegenheiten, mit aller Sicherheit: „Dann geht es sicher nicht an eine weibliche Nachfolgerin!“. Zwischen Glaziologie und Global Players: faszinierend, dieses Liechtenstein.
Ab in den Süden – und weit darüber hinaus
In insgesamt fünf Gruppen verteilen wir uns anschließend auf die Passstraßen Richtung Südseite der Alpen: Albula, Julier und Splügen. In Cadenabbia, unserem nächsten Ziel, empfängt uns Heiner Enterich, Geschäftsführer der Villa la Collina, und führt wie immer unterhaltsam in die Geschichte und Besonderheiten der Gedenkstätte ein, die einst Sommerdomizil Adenauers war und heute Tagungs- und europäisches Begegnungszentrum der Konrad-Adenauer-Stiftung ist. Dass Adenauer durchaus nicht davor zurückschreckte, Kakerlaken als morgendliche Begrüßung auf dem Bett der Journalisten zu Gast deponieren zu lassen, ist dabei sicherlich für den Großteil der Gruppe neu – nun ja, frei nach Adenauer eben: „Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen.“.
Auf keine 30 Motorradkilometer kommen wir am Dienstag, aber dafür im Geiste in ganz Italien und Europa herum. Christiane Liermann-Traniello führt uns durch das europäische Begegnungszentrum der Villa Vigoni. In der Villa laufen europäische Familienstränge zusammen, die kulturprägend auch für den schweizerisch-italienischen Grenzbereich sind. Später führt uns Frau Liermann-Traniello in die Geschichte Italiens ein, vergleicht sie mit entsprechenden Stadien der Entwicklung Deutschlands. Erstaunlich zahlreiche Parallelen (eben nicht nur die faschistischen Schrecken der 30er und 40er Jahre, sondern beispielsweise auch die Situation eines über Jahrhunderte aus einem Flickenteppich bestehenden und daher eigentlich gar nicht existierenden Landes) fasst sie mit dem Schlagwort der „Schicksalsgenossen“ (Golo Mann) zusammen. Drastische Einsichten legt Liermann-Traniello zu den Gräueltaten der Wehrmacht dar: aus Angst vor Partisanen marschierte diese vor Kriegsende in Italien ein, verschleppte eine Million Italiener und verübte Massaker, die ganze Dörfer auslöschten – ein Abschnitt, der im deutschen Geschichtsbewusstsein noch immer zu wenig präsent sei. Auch einige Worte zur aktuellen Situation lässt sich Liermann-Traniello entlocken: „Amici distanti“, das sei der passende Begriff, die fortlaufende Suche nach einer gemeinsamen Verhandlungsposition auf europäischer Ebene die einzig mögliche Vorgehensweise. Doch warum diese neue, scheinbar kategorisch antideutsche Haltung, gerade seitens der Lega und deren neuen Ministerpräsidenten Salvini? Liermann-Traniello versteht es, die Sache auf den Punkt zu bringen: „Die Italiener sind ein besonderer Sonderweg…“, und, bezugnehmend auf die inneren Spannungen zwischen Nord und Süd: „Italien ist für mich Europa à miniature!“. Dennoch überwiege in der politischen Kultur letztlich ein Hang zum Kompromiss und zum Optimismus, auf den es sich zu vertrauen lohne. Ein angenehm versöhnlicher Abschluss! Wir bekommen ein Gefühl für unser Gastland, die Haltungen der Menschen, ihre historische Perspektive und der Blick auf Europa und Deutschland aus dem Süden der Alpen. Frau Liermann-Traniello, gebürtige Rheinländerin, bricht eine empathische Lanze für unser Gastland. „Europa erfahren“ – das Motto auch dieser Tour.
Zurück in den Norden – der Strom kommt doch nicht nur aus der Steckdose…
Ein neuer Tag, ein neuer Ritt über die Wasserscheide: der Mittwoch ist erneut von einer gewaltigen Fahrstrecke geprägt. Wasser ist durchaus ein bedeutender Faktor für den heutigen Tag. Die instabilen Wetterprognosen bereiten zwar Grund zur Sorge, dennoch springen wir auch programmatisch ins kühle Nass: wir besuchen nach morgendlicher Autobahnetappe das Pumpspeicherkraftwerk am Lago Ritom im tessinischen Piotta, nur wenige Kilometer südlich des Gotthardpasses. Wenngleich sich das technische Interesse vieler fast noch im Übergewicht befindet, hat dieser Stopp natürlich auch eine politische Relevanz: zur „Energiestrategie 2050“ der Schweiz werden wir ohnehin am folgenden Tag in Bern noch mehr erfahren. Riesige Turbinen, dicke Rohre, dunkles Grummeln im Maschinenraum. „Da steht ‚Baden‘ drauf“, sagt ein Teilnehmer aus Baden-Württemberg. „Baden in der Schweiz“, ergänzt Hans-Peter Willi. Na gut. Da setzt sich ein Patriot gegen den anderen durch.
Nufenen- und Grimselpass sind nach einem (endlich einmal wieder) schneereichen Winter noch gesperrt, weshalb wir auf den Gotthard ausweichen müssen. Nicht minder spektakulär, wenngleich wir auf diese Weise der Möglichkeit beraubt werden, unseren nächsten Programmpunkt bei den Kraftwerken Oberhasli wahrnehmen zu können. Schade, dennoch entschädigt die Fahrt durch den UNESO-Biosphärenpark Entlebuch und das „wildromantische“ Emmental. Wieder einmal etwas später als geplant kommen wir – im Wesentlichen trocken – am urigen Hotel Kemmeriboden-Bad an. Auch heute Abend gilt: Inhalt vor Wellness. Ein aus Berlin wegen der Luftqualität in das Emmental emigrierter Mitarbeiter des Hauses gibt uns ein kurzes Briefing zur Geschichte und zur heutigen Strategie des Hauses: Der starke Franken drückt den internationalen Tourismus. Das Gegenmittel: Einzigartigkeit, Exklusivität und Naturerlebnis in Verbindung mit Komfort. In der Tat wartet das Hotel mit speziellen Angeboten auf: Im Sommer das im Kemmeriboden seit Generationen traditionelle Heubad, im Winter der Bau von Iglus: Wir lernen etwas über den Innovationsdruck auf Hoteliers in der Schweiz, um den Mehrpreis, den die Gäste aus dem Ausland bezahlen, auch in einen spürbaren Mehrwert umzuwandeln.
Idyllisches Machtzentrum Bern – die Aaremetropole begeistert
Tag Nummer fünf, Donnerstag: Politiktag. Die Reise geht nach Bern. Vielen vage im Zusammenhang mit wahlweise Fußball, dem Berner Bären oder eben doch dem Schweizer Machtzentrum im Kopf. Zürich? Big Business. Bern. Big power. Hier sind wir richtig. Doch danach sieht es im beschaulichen 130.000-Einwohner-Städtchen gar nicht unbedingt aus, wäre da nicht das hoch über der Aare (übrigens dem Bach, wo sich bei meist nicht über 17 Grad Wassertemperatur die Politprominenz mit dem gemeinen Volk beim allseits populären „Aareschwumm“ trifft) thronende Bundeshaus. Wir parken – wie könnte es mit Hans-Peter Willis Organisation anders sein – nur etwa zweihundert Meter vom Besuchereingang entfernt und starten im Gebäude mit einer Einführung in der mächtigen Eingangshalle des Gebäudes. 1894-1902 erbaut, verstanden die Architekten bereits, jeglichen Spannungen aus dem Weg zu gehen und im Gegensatz dazu vielmehr der Vielfalt an Sprach- und Kulturräumen der Eidgenossenschaft Rechnung zu tragen. Daher baute man in alle vier Himmelsrichtungen in der Kuppel Fenster ein, welche die vier Landesregionen und deren wesentliche wirtschaftliche Erzeugnisse illustrieren. Und was steht über allem: die Schweizer Flagge, eingerahmt vom Wahlspruch „Einer für alle, alle für einen“ – aber Moment, natürlich in lateinischer Sprache. „Unus pro omnibus, omnes pro uno“. Neutralität auf allen Schienen. Ein Erfolgskonzept. Zumindest für die Schweiz.
Weiter geht es mit einem Referat zu den institutionellen Strukturen der Schweiz, Nationalrat, Bundesrat (dessen Rolle jedoch nicht zu verwechseln ist mit der Funktion des deutschen Namensvetters), Ständerat und sonstigen Besonderheiten eines – das lässt sich schwer verleugnen – zumeist vergleichsweise geräuschlos arbeitenden Regierungsapparats.
Freundlicherweise nimmt sich darüber hinaus Martin Candinas, Abgeordneter für die CVP und einer der 0,5 Prozent der rätoromanischen Bevölkerung des Landes, Zeit für unsere Fragen. Dies nimmt er wörtlich: „Ich habe ja hier irgendeine Präsentation vorbereitet bekommen, aber ich denke nicht, dass das alles für Sie so interessant ist!“ Candinas erklärt auf wunderbar charmante Weise den praktischen Alltag Schweizer Politik: spektakuläre Volksabstimmungen und ständige Ämterwechsel (mit denen dort offenbar die Mehrheit der Betroffenen recht gut zurechtkommt).
Und: Wir dürfen live dabei sein: Von der Besuchertribüne verfolgen wir eine Debatte im Nationalrat, dem Pendant zum Deutschen Bundestag. Das Schauspiel in wenigen Worten: ein Verteidigungsminister, der vor fast vollem Hause Stellung zu verschiedenen Anfragen bezieht (etwa zu einem Burkaverbot in der Armee und Ähnlichem), dafür jedoch nicht sonderlich viel Interesse seiner Adressaten zu erreichen scheint. Diese sind beschäftigt. Fast wie eine Bundestagsdebatte, aber eben etwas anders – und meist auf Französisch.
„Dann setzen wir das einfach um!“
Nach dem von der Schweiz gesponserten, feinen Stehlunch in der „Galerie des Alpes“ im Bundeshaus erfolgt die nächste inhaltliche Druckbetankung: die Energiestrategie 2050 der Schweiz. Ziele: Senkung des CO2-Verbrauchs um 43 Prozent bis 2035, Klimaneutralität bis 2050. Der Ausbau erneuerbarer Energien dagegen gestalte sich auch wegen der topographischen Gegebenheiten in den meisten Landesteilen schwierig (mit Ausnahme der Wasserkraft natürlich), und nebenbei seien die günstigen Strompreise für die Wasserkraftwerke ein wachsendes Problem. Logistisch habe sich die Herausforderung offenbart, den Strom aus dem Süden in den Norden (umgekehrt zum Deutschen Problem) transportieren zu müssen.
Schöne Ziele, aber: „Klappt das denn konkret?“, fragen unsere Teilnehmer. Referent Christian Bühlmann antwortet selbstbewusst und nicht ganz ohne Augenzwinkern: „Wenn wir in der Schweiz uns ein Ziel vornehmen, dann setzen wir das einfach um!“
Unseren Bern-Besuch schließt eine Altstadtbesichtigung der etwas anderen Art ab: auf den liebevoll „Trotinettes“ genannten Tretrollern geht es mit wenig Luftdruck komfortabel über das raue Kopfsteinpflaster, vorbei an der „Zytglogge“ (dem zentralen Zeitglockenturm), Albert Einsteins Geburtshaus (und maßgeblichem Wirkungsort) sowie natürlich am Berner Münster. „Politik auf zwei Rädern, heißt es doch“, hatte Hans-Peter Willi die Trotinette-Tour angekündigt. Das KAS-Motto wortwörtlich befolgt.
Runter vom Roller, rauf auf den Hobel. Und ab über den Jura ins Elsass. Preisbewusste Etappe in der Auberge Sundgovienne. Die tri-nationale Oberrhein-Kooperation in der Regio Basiliensis ist das erste Thema am letzten Programmtag. Wir sprechen mit Andreas Doppler und Marc Borer von INFOBEST. „Ja, das Nationale scheint wieder stärker zurückzukehren“, ist eine Botschaft. Doch die andere: „Was ist denn überhaupt die Alternative zur Kooperation?“ Der Kreis unserer Rundfahrt schließt sich geographisch wie thematisch. Ob Internationale Bodenseekonferenz oder INFOBEST: Vertrauen ist der Schlüssel für das Gelingen internationaler Kooperation auf regionaler Ebene.
Highlight zum Abschluss – ein Kernkraftwerk, nur für uns
Und noch einmal: die Energiestrategie. Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg? Hans-Peter Willi hat uns ins Kernkraftwerk Leibstadt gelotst und wir werden (gefühlt) wie Staatsgäste empfangen: kühle Getränke, Häppchen, VIP-Führung durch den Sicherheitsbereich. Das Besucherzentrum ist tatsächlich nur für uns geöffnet. Was wir zu sehen bekommen, erläutern die Kollegen der Öffentlichkeitsarbeit am Modell. Dann geht es hinein. Besucherausweis statt Perso. Sicherheitsbändel an die Brille. Lindgrüner Kraftwerksoverall (nebst orangefarbener Unterwäsche) und Sicherheitsschuhe statt Kutte und Stiefel.
Kein Schleusendurchgang ohne Ausweiskontrolle. Einzeln gehen wir durch Sicherheitstüren, passieren Kontaminationsdetektoren und bestaunen Venenscanner, über die sich unsere Guides identifizieren. Safety first. Hinter Panzerglas die Steuerzentrale. Bei drückender Hitze und hinter Blei und Beton die tosenden Dampfturbinen. Und, vergleichsweise, Stille unter der Betonkuppel vor einem großen Wasserbecken. Unter uns glänzt im Wasser der Stahlmantel des eigentlichen Reaktors. So nah war noch keiner von uns an einer Technologie, bei der Wohl und Wehe so dicht bei einander liegen.
Wehmut spüren wir bei unseren Gastgebern schon. Eine tolle Technik. Aber: Sie läuft aus. „Na ja, und der Strahlenmüll für Tausende von Jahre?“, kommt die Frage aus unserer Runde? „Man forscht, ob man durch erneute Bestrahlung die Halbwertszeit reduzieren kann“, so die Antwort. Doch dieser Zug scheint abgefahren zu sein.
Zum Abschluss gewährt Dr. Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, sehr nachdenkliche Einblicke in die Internationale Arbeit der Stiftung: „Die Welt ist schwieriger geworden.“ Die Arbeit in vielen Staaten sei komplizierter denn je, da längst nicht alle Regierungen Rechtsstaat und Demokratie freundlich gegenüberstünden.
„Bis nächstes Jahr!“
Wie beim „Asterix in der Schweiz“ ist der letzte Abend jedoch auch eine Feier. Benzingespräche. Ein kollektives Aufatmen, dass der Sturz am Donnerstagmorgen am Ende doch glimpflich verlaufen ist. Alle kommen gesund nach Hause. Vorbereitungen für den Hänger-Heimtransport einer weißen R1100RT, die wieder einmal Mucken gemacht hat (am Ende hatte eine Fehlzündung die Drosselklappe aus dem Flansch gehauen). Und dann gibt es zweimal noch ganz dicken Dank: An den Ex-Kollegen Michael Fey, Spezialist für moribunde Motorräder, Sperrgepäck und Fahrer des von einem Rheinländer Unternehmer gesponserten Begleitbusses, und an „unseren Konsul“ Hans-Peter Willi, der nicht nur die Schließfachtüren schweizerischer Institutionen für uns aufsperrte, sondern ganz persönlich einen Schlüssel zum Verständnis des alpinen Schatzkästleins lieferte.
Der Ausblick: 2019 startet vom 5. bis 11. Mai die nächste Tour „Politik auf zwei Rädern“. Das Format wird 10: Innovation-Tour 2019. Details demnächst unter www.kas.de/bw.
Text: Robin Schenk und Dr. Stefan Hofmann; Fotos: Robin Schenk
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