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"Italien braucht eine Koalition der großen Parteien"

Dr. Hans-Gert Pöttering im Interview mit "Il Messagero"

Die Berater von Angela Merkel senden vermehrt ermutigende Signale zur Bildung einer großen Koalition an Enrico Letta. Dr. Hans-Gert Pöttering, Vorsitzender der Konrad Adenauer Stiftung, will nicht den Eindruck erwecken, sich in die inneritalienische politische Debatte einzumischen. Aber er schickt dennoch eine implizite Warnung an Silvio Berlusconi, der im Moment versucht, seinen Willen durchzusetzen: Die PDL, die Teil der EVP-Familie ist, muss die „Verantwortung, eine starke und stabile Regierung zu unterstützen“ wahrnehmen.

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Herr Abgeordneter Pöttering, ist Enrico Letta die richtige Wahl für Italien?

„Ich bin immer wieder aufs Neue von der Weisheit der Entscheidungen von Präsident Napolitano überrascht. Ich habe ihn kürzlich in Berlin getroffen, wo wir lange gesprochen haben. Italien darf sehr glücklich sein, einen Staatsmann wie Napolitano zu haben. Seine Entscheidung, Enrico Letta zu bitten eine Regierung zu bilden, ist sehr positiv. Ich wünsche mir von Herzen, dass er Erfolg haben wird.

Kann eine Große Koalition in Italien funktionieren?

„Es ist das richtige Modell. In diesen schwierigen Zeiten braucht Italien eine große Koalition der großen Parteien, welche die großen Herausforderungen angehen kann, die vor Italien und Europa liegen.“

Wird Letta dazu in der Lage sein?

„Mit 46 Jahren ist Letta jung, hat aber viel politische Erfahrung. Er zählt zu den Moderaten und kann die unterschiedlichen Komponenten von PDL und PD untereinander und über die Mitte hinaus einigen. Ich kenne ihn seit er Präsident der Jungen Christdemokraten war. Es ist ein Zufall, aber mein jüngster Sohn Benedict ist heute Vize-Präsident der Jungen EVP. Letta hat große nationale und auch europäische Erfahrung: Das ist eine Grundvoraussetzung, um ein erfolgreicher Premierminister zu werden.“

Halten Sie Berlusconi für vertrauenswürdig? Im Dezember hat seine Partei die Regierung Monti zum Fall gebracht...

„Silvio Berlusconi und die PDL sind Mitglieder der Europäischen Volkspartei. Ich denke, es ist im Sinne Berlusconis, dass Italien und die EU in die richtige Richtung gehen. Ich bin überzeugt, dass er die Verantwortung übernehmen wird, ein starke und stabile Regierung zu unterstützen.“

Wird Ihnen Mario Monti nicht fehlen?

„Mario Monti wird nicht verschwinden. Auf die eine oder andere Art und Weise wird er der Politik erhalten bleiben. Aber die Entscheidung, wer Ministerpräsident sein soll, liegt bei den Italienern. Ich schätze Monti, den ich schon seit langem kenne, sehr: Als ich Vorsitzender der EVP-Frakton und er EU-Kommissar war, haben wir viel zusammengearbeitet. Ich bin mir sicher, dass er in der europäischen Politik eine entscheidende Rolle spielen wird. Er ist eine große Persönlichkeit. Weder Europa noch Italien können sich erlauben, auf Monti zu verzichten.“

Auf welche Reformen sollte sich Letta konzentrieren?

„Ich möchte keine Ratschläge geben. Ich kann nur wiederholen, was ich von Letta gehört habe: Notwendig sind institutionelle Reformen und bessere Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Man muss das richtige Gleichgewicht finden zwischen dem Sozialstaat und Reformen, die die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Aber das sind Entscheidungen, die auf europäischer Ebene getroffen werden müssen, weil sie entscheidend für unsere gemeinsame Zukunft sind. Letta ist ein Europäer und er wird eine wichtige Rolle dabei haben, Europa zusammen zu halten.“

Aber in Italien wollen Rechte und Linke weniger Sparmaßnahmen. Auch Letta hat dies in seiner Antrittsrede betont. Ist Deutschland bereit, hier einen Kompromiss einzugehen?

„Ich habe keine Zweifel daran, dass Letta, sobald er als Ministerpräsident bestätigt wird, die Absprachen, die auf europäischer Ebene getroffen wurden, einhalten wird. Wir müssen in Europa fair sein und das, was vereinbart wurde, auch respektieren. Kompromisse sind sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene nötig. Auf den europäischen Gipfeltreffen wurden alle Entscheidungen gemeinsam getroffen. Kein Land kann einen Alleingang wagen. Italien muss das Defizit gemäß den Maastricht-Kriterien weiter reduzieren. Unsere Verantwortung liegt darin, die richtige Kombination aus Wachstumsreformen und der Reduzierung der Staatsverschuldung zu finden.“

Mit freundlicher Genehmigung von Il Messagero.

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