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Nationale Versammlung der Partei der Mitte „Unione di Centro“

di Dr. Antje Ehrhardt Pioletti
Am 3. und 4. April 2009 fand in Rom eine nationale Konferenz der Christdemokraten statt, zur Gründung einer neuen Partei der Mitte. Die Veranstaltung stand im Schatten der wenige Tage zuvor erfolgten Verschmelzung von AN und FI zur Partei „Popolo della libertà“ – Volk der Freiheit.

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Italien sollte wieder eine große und starke Partei der Mitte haben – da sind sich die Redner auf der nationalen Versammlung der Partei „Unione di Centro“ (UDC) einig, die im Auditorium in der Via della Conciliazione unweit des Petersdoms am ersten Aprilwochenende stattgefunden hat. Tenor der Veranstaltung: Die Partei knüpfe an die Tradition des demokratischen und liberalen Katholizismus an. Sie sei eine reformorientierte Partei der Mitte, die den Anspruch habe, bei zukünftigen Wahlen nicht das fünfte Rad am Wagen und kein Zünglein an der Waage zwischen Rechts und Links zu sein. Geplant sei eine große offene Partei, die alle in ihrer Mitte aufnehme – so wie die frühere Democrazia Cristiana (DC).

Parteiführer Pier Ferdinando Casini erklärt in seiner richtungsweisenden Abschlussrede, am Ende des Jahres werde ein konstituierender Kongress der „Partei der Nation“ stattfinden. Bei dieser Versammlung wolle er nicht als Leader auftreten, sondern neuen Kräften Platz machen. Die „zwei großen Väter“ der „Unione di Centro“ sind laut Casini Alcide De Gasperi und Helmut Kohl.

Der Generalsekretär der UDC, Lorenzo Cesa, wies darauf hin, dass es sich bei der Einreihung in die politische Tradition Luigi Sturzos und Alcide De Gasperis nicht um eine politische Standortbestimmung handle, die man beliebig in Anspruch nehmen dürfe. Er grenzte sich mit dieser Aussage von der neuen Partei „Popolo della Libertà“ ab. Auf dem Verschmelzungskongress Ende März hatten Silvio Berlusconi und Gianfranco Fini ihre Partei ebenfalls in dieser Tradition verortet.

Die Trennung von Forza Italia, mit der die UDC in der Vergangenheit eine Regierungskoalition eingegangen war, begründen Cesa und Casini mit dem Vorwurf, Berlusconi habe ihre Prinzipien nicht respektiert. Sie monieren eine nur auf seine Person fixierte Politik, in der Inhalte keine Rolle spielten. Berlusconi wolle mehr Machtbefugnisse als Ministerpräsident, weil er mit diesem Thema von den eigentlichen wirtschaftlichen Problemen des Landes ablenken wolle, für die er keine politischen Lösungen habe, so Cesa.

Vorsichtiger ist in diesem Punkt Casini, der daran erinnert, dass auch schon andere Ministerpräsidenten vor Berlusconi eine Ausweitung der Befugnisse des Premiers gefordert hätten: „Wir wollen das Thema Präsidialsystem nicht kriminalisieren“, so der Spitzenvertreter der UDC.

Staatspräsident Giorgio Napolitano und der ehemalige Staatspräsident, Francesco Cossiga, sagen der UDC in ihren Grußworten Unterstützung zu. Viel Beifall bekommt auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die an den Geist eines vereinten Europas im Sinne Adenauers und De Gasperis appelliert.

UDC-Präsident Rocco Buttiglione machte deutlich, die Partei „Unione di Centro“ wolle eine grundlegende Reform des Schul- und Ausbildungswesens vorantreiben. Frauen lasse man eine große Rolle nicht nur in der Partei, sondern auch im notwendigen und längst überfälligen Modernisierungsprozess der Gesellschaft zukommen. Weiterhin orientiere sich die UDC wirtschaftlich an der sozialen Marktwirtschaft. Die von Berlusconi betriebene Reform des Wahlrechts habe zwar zur Herausbildung eines rechten und eines linken Blocks geführt, die politische Landschaft sei dadurch jedoch forciert worden: Laut Buttiglione sind gegenwärtig fünf Parteien vertreten, die realistisch die Stimmung der Wähler zum Ausdruck bringen: Lega Nord, „Popolo della Libertà“ (PdL), Unione di Centro, Partito Democratico (PD) und „Italia dei Valori“ von Antonio Di Pietro.

Ehemalige Politiker der „Democrazia Cristiana“ wie Calogero Mannino, Ciriaco De Mita oder Francesco D’Onofrio, appellieren an die Wiederbesinnung auf die in der Gesellschaft fest verankerte Tradition einer moderaten, liberalen, christlichen Politik. Sie sei die Basis für eine konstruktive politische Diskussion in der Öffentlichkeit.

Der Fraktionsführer der UDC im Parlament Michele Vietti erklärte, die Ereignisse, die zum Ende der „ersten Republik“ beitrugen, hätten Politik auf etwas Kriminelles reduziert. Dies habe indirekt zum Erfolg Berlusconis geführt, der als Anti-Politiker auftrete, so Vietti. Die UDC wolle als Partei mit einer lebhaften innerparteilichen Demokratie zurück zu einer Politik der gesellschaftlichen Verantwortung führen. Sie wolle sich nicht nur mit ihrem eigenen Bild in den Medien beschäftigen, sondern den fruchtbaren Pluralismus der Parteien wiederbeleben, um dem Verfall der politischen Kultur durch den Populismus Berlusconis Einhalt zu gebieten.

Nach Einschätzung Ciriaco De Mitas gehören für die Vertreter der UDC dazu auch institutionelle Reformen, die aber nicht durch kurzfristige Machtinteressen bestimmt werden dürfen, sondern langfristig im Sinne einer zukunftsorientierten Modernisierung des Landes durch eine parlamentarische Debatte ausgearbeitet werden sollen.

Redner wie Bruno Tabacci, De Mita, D’Onofrio und Vietti appellieren, Italien dürfe in der gegenwärtigen schwierigen wirtschaftlichen Situation die Diskussion über einen stärkeren Föderalismus nicht dazu missbrauchen, um den Eindruck scheinbarer politischer Erneuerung zu wecken. Die Einführung einer größeren föderalen Struktur der Regionen führe unweigerlich zu höheren Ausgaben und nicht zu den versprochenen Einsparungen. Mehrere Redner nennen als einzig denkbaren Weg das deutsche Föderalismusmodell mit Bundesrat. Auch im Zusammenhang mit der von der UDC geforderten Wiedereinführung der Präferenzstimme in einem Verhältniswahlrecht, gilt das deutsche Modell der Sperrklausel als mögliches Beispiel.

Die Redner machen deutlich, dass eine große moderate Partei der Mitte katholisch liberaler Prägung, an die Tradition der DC anknüpfen wird. Man wolle den Weg frei machen für die Wiederbelebung einer moderaten christlichen Partei der Mitte, die jedoch, so Casini mit Nachdruck, eine laizistische Partei (partito laico) „christlicher Inspiration“ sei.

In Cesas Kritik an Fini, der seiner Einschätzung nach in Ethikfragen eine zu laizistische Position vertritt, zeigt sich, dass in der gegenwärtigen politischen Standortbestimmung der Parteien, um die Zuordnung des Begriffs „laizistisch“ gerungen wird. Einerseits knüpft er an die katholische Tradition an, andererseits unterscheidet er sich von ihr. Ferdinando Adornato macht z.B. in seiner Rede darauf aufmerksam, es sei absurd, dass in der öffentlichen Meinung „frei“ nur als „gegen die Kirche“ verstanden werde, ganz so, als ob man mit der Kirche nicht frei sein könnte.

Mit einem moralischen Appell an Jung und Alt schlägt Casini einen Generationsvertrag vor: „Nehmen wir uns bei der Hand unter einem neuen Solidaritätsvertrag zwischen den Generationen, weil das Verändern nicht eine Möglichkeit, sondern eine Pflicht für alle ist. Wir sind uns bewusst, dass die Kräfte, die auf Modernisierung und Veränderung ausgerichtet sind, eine Minderheit sind, aber helft uns, ein neues Haus zu bauen, das Haus der Italiener“.

Dass auch die katholischen Linken um Franceschini, ehemals DC, dann „Margherita“, jetzt PD, wieder zur Mitte zurückfinden sollten, fordern viele Redner, auch Casini und Cesa. Jedoch kritisieren sie, dass Franceschini, ähnlich wie andere Katholiken, die sich mit dem linken Spektrum zusammen geschlossen haben, inzwischen eine zu linke Position einnehmen. Dies zeige sich etwa an seiner Teilnahme an dem von der linken Gewerkschaft CGIL einberufenen Generalstreik.

Hinsichtlich der Europawahlen will die UDC sich dafür einsetzen, dass die Europäische Volkspartei EVP die Mehrheit erlangt. Ihr Präsident Wilfried Martens umreißt in seiner Rede die Politik der europäischen Partei der Christdemokraten. Buttiglione bestätigte den Willen der UDC, im Wahlkampf für die EVP einzutreten: „Wir wollten in Italien die europäische Volkspartei mit Berlusconi aufbauen“.

Die nördlichen und südlichen Regionen Italiens sind fast alle durch Redner vertreten. Auch junge Repräsentantinnen und Repräsentanten der UDC-Jugendbewegung „Movimento Giovanile“ nehmen an der Veranstaltung teil. Viele von ihnen, etwa ihr nationaler Koordinator Gianpiero Zinzi, begeistern das Publikum. Sie sind ein überzeugendes Beispiel für junge motivierte Menschen, die sich in einer Partei engagieren, die noch eine Minderheit repräsentiert. Aber sie soll, wie alle einstimmig zum Ausdruck bringen, wieder eine große christliche, liberale und moderate Partei der Mitte werden.

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