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Zwischen Griechenland-Hilfen und Flüchtlings-Rettung

di Dr. Hans-Gert Pöttering

Die EU steht derzeit vor zwei Herausforderungen, die sie als Solidargemeinschaft auf eine harte Probe stellen

Im Zuge der Diskussionen über weitere Hilfen für Griechenland wurde das europäische Solidarprinzip - nach dem kein EU-Mitglied in einer Krise allein gelassen wird - infrage gestellt. Vor allem Deutschland wurde vorgeworfen, rücksichtslos eigene Interessen zu verfolgen. Dabei besteht unter den Mitgliedern der Eurozone Konsens, dass verantwortungsvolle Haushaltspolitik und Wettbewerbsfähigkeit Grundlagen für Wachstum und Wohlstand sind; dass fiskalische Konsolidierung und strukturelle Reformen Voraussetzungen für eine Rückkehr zu Stabilität sind.

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Athen wurden - dank der Solidarität der Euro-Partner - Hunderte Milliarden Euro an Garantien und Direkthilfen gewährt. Ein drittes Hilfspaket im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro wurde nach dem EU-Sondergipfel vom 12. Juli bewilligt und für die Rückzahlung wurden sehr lange Fristen eingeräumt. Im Gegenzug wurde ein umfassendes Spar- und Reformprogramm aufgelegt - damit Griechenland mittelfristig wieder auf eigenen Füßen stehen kann.

 

 

Sparpolitik und Reformen zeigen Wirkung

 

Die Spar- und Reformmaßnahmen verlangen den Griechen viel ab. Doch das gilt für alle von der Staatsschuldenkrise betroffenen Euroländer. Alle haben schmerzhafte Sparmaßnahmen und Strukturreformen eingeleitet, erholen sich dank dieser aber wirtschaftlich bereits wieder. Die Erfolge in Irland, Portugal, Spanien und Zypern geben den Befürwortern einer reformorientierten Politik Recht. Die Staatsschuldenkrise hat einmal mehr offenbart, dass die EU nur funktioniert, wenn alle Mitgliedsstaaten solidarisch sind und zugleich daran arbeiten, in ihren Ländern ähnliche Rahmenbedingungen für Wachstum und Wohlstand zu schaffen.

 

Auch bei der Flüchtlingskrise, der zweiten und größeren Herausforderung dieser Tage, steht die Solidarität in der EU vor der Bewährung. Uns erreichen immer dramatischere Bilder der humanitären Katastrophe auf den Flüchtlingsrouten in die EU. Das Risiko, dem sich Flüchtlinge hundertausendfach aussetzen, sich in die Hände von skrupellosen Schleppern zu begeben, einzig getragen von der Hoffnung auf ein besseres Leben, ist Ausdruck der Verzweiflung, die in ihren Heimatländern herrscht. Hierauf bedarf es einer geschlossenen und entschiedenen Antwort der EU. Die Menschen, die zu uns kommen, sind auf unsere Unterstützung angewiesen. Wir haben die moralische Pflicht, ihnen nach unseren Möglichkeiten zu helfen.

 

 

Entschiedener Widerstand gegen Fremdenhass

 

Zugleich ist es unsere historische Pflicht, unsere Stimme und uns selbst gegen alle zu erheben, die aufgrund von Vorurteilen gegenüber Fremden, aus Angst vor angeblicher Überfremdung oder gar aus genereller Ausländerfeindlichkeit menschenverachtende Parolen skandieren, zu Gewalt aufrufen oder gar Gewalt ausüben. Die Ablehnung von Menschen, die zu uns kommen und auf Hilfe hoffen, Hetze gegen Andersgläubige, Hass gegen andere Kulturen - das ist weder patriotisch, noch ist es deutsch, geschweige denn europäisch.

 

Daneben erfordern der Umgang und die Bewältigung der Flüchtlingskrise die Solidarität aller EU-Mitgliedsstaaten. Jedes EU-Mitglied muss bereit sein, nach seinen Möglichkeiten Flüchtlinge aufzunehmen und sich ihrer anzunehmen. Das europäische Solidarprinzip darf in dieser Frage nicht auf nationale Egoismen als Grenze stoßen. Kein EU-Mitglied darf sich seiner Verantwortung entziehen. Es braucht den Konsens aller Mitgliedsstaaten für ein gerechtes, der Situation angemessenes Verteilungsverfahren. Klar ist aber auch: Wir können nicht unbegrenzt Flüchtlinge in der EU aufnehmen. Die Schaffung eines europäischen Grenzschutzes an den EU-Außengrenzen muss verbunden werden mit der Möglichkeit legaler Einwanderung.

 

Die Flüchtlingskrise ist eine langfristige Herausforderung, einige bezeichnen sie als eine Jahrhundertaufgabe. Wie wir sie bewältigen, wird Auskunft darüber geben, wie solidarisch die EU und ihre 28 Mitglieder untereinander tatsächlich sind, wenn es darauf ankommt.

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