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Kommunalwahlen in der DDR; Bürgerproteste gegen Wahlfälschungen

von Wolfgang Tischner
Die Fälschungen bei der Kommunalwahl in der DDR leiten die Phase der offenen Proteste gegen das SED-Regime ein, die im Herbst 1989 in der Friedlichen Revolution münden.

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Bei den Kommunalwahlen in der DDR am 7. Mai 1989 kam es erstmals zu umfangreichen Kontrollversuchen und koordinierter Beobachtung der Auszählung durch Oppositions- und Umweltgruppen. Den politischen Kontext bildeten die Reformbemühungen des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow, die die SED-Führung unter Honecker vehement ablehnte. Die Entwicklungen in der Sowjetunion ermutigten die oppositionellen Gruppen, systematisch die Auszählung der Stimmen zu kontrollieren. Gleichzeitig durchbrachen viele DDR-Bürger das Ritual, demonstrativ ihre Stimme offen abzugeben, in dem sie auf der Benutzung von Wahlkabinen bestanden. Möglich wurde die partielle Kontrolle der Auszählungen, da diese öffentlich erfolgten. Die darauf nicht vorbereitete SED hielt an den vorher festgelegten „Wahlergebnissen“ fest. In den kontrollierten Auszählungen gab es bis zu 8% Nein-Stimmen zur Einheitsliste, während laut Wahlleiter Egon Krenz angeblich 98,85% der Wähler zustimmten. Diese Diskrepanzen machten die Wahlfälschung offensichtlich.

Obwohl in der Bundesrepublik die Medien ausführlich berichteten, blieben Konsequenzen für die innerdeutschen Beziehungen weitgehend aus: Das politische Bonn bereitete sich auf den für Juni 1989 anstehenden Besuch Gorbatschows vor. Ihre Wirkung entfalteten die Ereignisse um die Wahlen vor allem in der DDR. Der Staatsapparat und die SED waren tief verunsichert. Die Opposition dagegen wurde gestärkt und hatte mit dem offensichtlichen Wahlbetrug ein Thema gefunden, das bis zu den einzigen freien Volkskammerwahlen im März 1990 immer wieder Sprengkraft entfaltete. In dieser Hinsicht bedeutete die Kommunalwahl den Anfang vom Ende der DDR. Nach der Friedlichen Revolution wurden SED-Politiker wie Hans Modrow für die Wahlfälschung verurteilt.

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