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Veranstaltungsberichte

Liebe, Freundschaft und Verbrechen

Ausstellung in der Akademie zeigt verschiedene Facetten der sowjetischen Besatzung 1945-1994

Das Verhältnis zwischen den russischen Besatzern und der DDR-Bevölkerung war anfangs von Angst geprägt. Später näherten sich die Menschen einander an. Doch im Großen und Ganzen blieb es bei der verordneten Freundschaft. Eine von Freya Klier produzierte Ausstellung in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung dokumentiert jetzt viele bis dato unbekannte Einzelschicksale deutscher sowie Sowjet-Bürger.

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Auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik waren von 1945 bis 1994 sowjetische Streitkräfte stationiert. Doch das Verhältnis zwischen DDR- und Sowjet-Führung war eher von Misstrauen geprägt. So mussten Beschlüsse des SED-Politbüros von Moskau abgesegnet werden und das Verteidigungsministerium der DDR war bis zum Schluss nicht umfassend über die sowjetischen Truppen informiert. Zudem bildete die Sowjetunion zwar NVA-Soldaten in ihrem Land aus. Das geschah aber immer abgeschottet und abgesichert von russischen Truppen – und immer nur mit dem eigenen, veralteten NVA-Gerät. Zwischen dem propagierten Bild tiefer, deutsch-russischer Verbundenheit und der Realität scheint eine Kluft zu liegen. Diese zu erklären und weitere Fragen zu beantworten war die Aufgabe von Freya Klier, Regisseurin und Autorin, Dr. Jan Foitzik, ehemaliger Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, Boris Reitschuster, freier Autor und Publizist, und Werner von Scheven, Generalleutnant a.D., bei einer Podiumsdiskussion anlässlich der Ausstellungseröffnung in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Verordnete Freundschaft?

Die Qualität der deutsch-sowjetischen Freundschaft in der DDR lässt sich am besten in zwei Zahlen darstellen: Die Massenorganisation Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, kurz DSF, hatte in ihren Höchstzeiten etwa sechs Millionen – zwangsverpflichtete – Mitglieder. Die Menschen der DDR sollten „die Sowjetbürger lieben und achten“ – in dieser Reihenfolge. Nach dem Ende der DDR 1991 hatte die DSF jedoch nur noch knapp 20.000 Mitglieder.

Studien haben zudem ergeben, dass das Russenbild direkt nach dem Ende des Sozialismus in den neuen Bundesländern viel belasteter war als in den alten Ländern. Ostdeutsche Jugendliche seien doppelt so häufig feindlich gegenüber Russen eingestellt gewesen als ihre westdeutschen Altersgenossen.

Erst Angst, dann Annäherung

Misstrauen und Zwang zur Liebe: Von Freundschaft also keine Spur? Zwar war direkt nach dem Krieg das Verhältnis zu den Besatzern von Angst geprägt, verursacht durch Zwangseinquartierungen, Vergewaltigungen, Gewalt, Trunkenheit und Kleinkriminalität. Ein Fraternisierungsverbot verhinderte in dieser Zeit zudem zu intensive Kontakte zwischen den Militärs und den Bürgern. Doch danach habe es nach und nach durchaus erst vorsichtige Annäherung, später auch Freundschaften und sogar Liebesbeziehungen gegeben zwischen den sowjetischen Soldaten und der lokalen Bevölkerung. Und in den Siebzigern und Achtzigern kam es vermehrt zu Versöhnung: Aus der verordneten Freundschaft wurde vielerorts eine wirkliche Freundschaft.

Die von Freya Klier produzierte Ausstellung widmet sich all diesen angesprochenen Facetten, von Verbrechen, über Freundschaften im Alltag bis hin zu Liebesbeziehungen, unter anderem aus der Perspektive von DDR-Bürgern, Sowjetsoldaten oder auch russischen Offiziersfrauen. Die Ausstellung liefert damit ein differenziertes Bild vieler Einzelschicksale, die bis dato einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt waren.

Die Ausstellung ist vom 4. bis 25. Februar 2016 montags bis donnerstags 8:00 bis 19:30 Uhr und freitags von 8:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Der Besuch ist kostenlos.

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