Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Cyber-Sicherheit: Schöne, neue, digitale Welt?

Herausforderungen der Cyber-Sicherheit auf dem Weg in die globale Vernetzung

Deutschland: Das nächste Kapitel. Wie verändert Digitalisierung unsere Sicherheitsbedürfnisse?

Asset-Herausgeber

Die Digitalisierung hat für uns als Endverbraucher gefühlt nur positive Seiten: Per WhatsApp mit Freunden und Familie auf dem ganzen Globus verbunden, mit Amazon Prime heute bestellt und morgen geliefert und das Online-Banking macht den lästigen Gang zur Filiale überflüssig. Auch in der Industrie schreitet die Entwicklung mit Industrie 4.0 und dem sogenannten Internet of Things (IoT) voran. Wertschöpfungsketten sind digitalisiert, Fortbewegungsmittel genauso vernetzt wie Unterhaltungsprodukte. Erst vor Kurzem war aber die Cyber-Sicherheit Deutschlands aus nicht so erfreulichen Gründen im Schlaglicht der Medien, als Hacker wochenlang in den Regierungsnetzen unterwegs waren.

Doch was sind die konkreten Herausforderungen dieser „schönen, neuen, digitalen Welt“? Dieser Frage gingen wir zusammen mit Marc Biadacz, MdB und Mitglied in den Ausschüssen Arbeit und Soziales sowie Digitale Agenda, Dr. Gerhard Schabhüser, Vize-Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und Dr. Michael Müller, CEO der Magility GmbH nach.

Digitalisierung als Zukunftsfaktor und Angstquelle

Dieser Dreiklang aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft wurde eröffnet von Marc Biadacz. Mit Leidenschaft warb der frisch gewählte Abgeordnete dafür, die Digitalisierung als den entscheidenden Zukunftsfaktor wahrzunehmen. Denn nicht nur bei den Wählern, so berichtet er, nein auch im politischen Berlin ist die Digitalisierung doch noch mit einer gewissen Angst verbunden. Dies liegt unter anderem an dem Problem der Greifbarkeit von Cyber-Sicherheit, welches die Frage, wie sich Deutschland denn nun vor Cyber-Angriffen schützen könne, durch ein diffuses Unsicherheitsgefühl weiter kompliziert. Hier benötigt es ein Zusammenwirken von Politik und Bevölkerung. Das Wichtigste dabei sei die Bereitschaft, immer weiter zu lernen, um nicht abgehängt zu werden. Kritisch sieht Biadacz, dass die aktuelle Regierung nicht in der Lage war, ein „Digitalministerium“ zu etablieren. Jedoch sieht er in dem neu geschaffenen Posten der Staatsministerin für Digitales eine Chance und rechnet für die nächste Legislaturperiode mit dem von Bürgern erwarteten eigenständigen Ministerium für Digitales.

Digitalisierung mit Verstand

Dr. Gerhard Schabhüser, in seiner Funktion als Vertreter der obersten digitalen Sicherheitsbehörde des Bundes, betonte die Wichtigkeit, Digitalisierung nicht mit Angst zu sehen. Sein Motto „Digitalisierung machen, aber mit Verstand“ zog sich durch den Vortrag. Die Notwendigkeit, Informationssicherheit von Anfang an mitzudenken, zeigt sich in den Cyber-Zwischenfällen der letzten Jahre, u.a. dem Ausfall von Telekom-Routern, Daten-Leaks bei Yahoo! oder besagtem Angriff auf die deutschen Regierungsnetze.

Vorbereitung ist sowohl für den Staat, als auch die Wirtschaft und den einzelnen Bürger der zentrale Punkt. Wer digitale Schottensysteme etabliert und sich vorbereitet, wird nicht wehrlos sein. Die Digitalisierung wirkt sich sowohl in einer horizontalen Dimension aus, zum Beispiel in der B2C Beziehung, welche komplett digitalisiert werden kann, aber auch in einer vertikalen Dimension, d.h. zwischen Handy-Chip und Sendemast oder Server und Cloud. Diese Netzwerke sind umso anfälliger, je größer und verzweigter sie sind. Und da zum Beispiel in Unternehmen ganz unterschiedliche Professionen für die Cyber-Sicherheit sorgen sollen, besteht die Gefahr eines digitalen Babels. Das BSI sieht sich hier als Orchestrierer mit staatlichem Auftrag. Denn um die digitale Sicherheit einer ganzen Gesellschaft voranzutreiben, braucht es Koordination. So gibt es z.B. die Allianz für Cyber-Sicherheit, in der sich Unternehmen zu Best-Practice austauschen können oder den Service BSI für Bürger.

Konkret wird das BSI in den nächsten Jahren weiter wachsen, um den Anforderungen gerecht zu werden und lokal beraten zu können. Nach einer Zweigstelle in der Rhein-Main-Region steht dabei auch Stuttgart oben auf der Liste. Denn Schabhüser zeigt, dass besonders kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch Parteien und Verbände noch sehr anfällig sind. Er empfiehlt daher, Cybersecurity zu Chef- und v.a. Profisache zu machen, d.h. auch professionelle Hilfe von außen an Bord zu holen. Das Wichtigste dabei bleibt die Vorbereitung auf den Ernstfall, v.a. geklärte Zuständigkeiten. Denn es sei keine Frage ob erfolgreiche Angriffe stattfinden werden, sondern wie wehrhaft man in diesem Falle sei.

Die Wirtschaft zwischen Innovation und Nachholbedarf

Dr. Michael Müller, Geschäftsführer der Magility GmbH, nahm den Faden von BSI-Vize Schabhüser auf und betonte die Wichtigkeit der Vorbereitung angesichts der steigenden Konvergenz des IoT. Die verschiedenen Typen von Angreifern, vom Schüler, der sich ausprobieren will bis hin zu staatlichen Hackerarmeen stellen uns vor ganz unterschiedliche Herausforderungen.

Mit Magility berät Dr. Müller v.a. Unternehmen aus der Automotive-Branche zu Fragen der Digitalisierung und Cybersicherheit. Sein Einblick in die Branche gab ein anschauliches Beispiel, wie sich die traditionellen Industrien jetzt schon radikal verändern und war besonders in der Autohauptstadt Stuttgart für die Zuhörer sehr anschaulich. So ist ein vernetztes Auto von Beginn der Entwicklung vernetzt, in einer automatisierten Produktion, über die Aftersales Prozesse, hin zu der Vernetzung mit intelligenter Infrastruktur, zum Beispiel in smart cities. Es bedarf also eines holistischen End-2-End Schutzes.

Auch die Geschäftsmodelle ändern sich durch die vertiefte Vernetzung und so werden die Unternehmen nicht nur ihre Sicherheit, sondern gleich ihre Gesamtstrategien überdenken. So erwartet Müller einen zügigen Übergang zu Flottenbetrieben statt klassischer Hersteller, welche dann aus einem Security Center betreut werden.

Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Es gibt viel zu tun

In der anschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden ging es konstruktiv zur Sache. So wurde bemängelt, dass die internationale Standardisierung hinterherhinkt, worin die EU eine Vorreiterrolle einnehmen sollte. Innerhalb ebendieser wurde sowohl auf dem Podium, als auch aus dem Publikum deutlich, dass man sich eine besondere Vorreiterrolle Deutschlands wünscht, ein Appell an Politik, Wirtschaft und Bevölkerung zugleich. Hier tauchte auch der Ruf nach dem eingangs erwähnten Digitalministerium wieder auf.

Als eine weitere große Herausforderung kristallisierte sich auch die Anpassung des deutschen Bildungssystems heraus. So wurde klar, dass sich von Kindergarten über die Schulen, hin zur Ausbildung in Betrieben und an den Hochschulen alle zügig anpassen müssen, was Lerninhalte und Methoden angesichts der Digitalisierung angeht. Als Paradebeispiel wurde hier immer wieder Israel angeführt, welches nicht nur über eine beeindruckende Start-up Landschaft verfügt, sondern mit Be'er Scheva auch eine Art Cyber-Hauptstadt mitten in der Wüste.

Die insgesamt 170 Teilnehmenden konnten sich im Anschluss an die Diskussion noch weiter untereinander und mit den Referenten austauschen. Dieses beachtliche Interesse für einen lauen, sommerlichen Montagabend zeigt zumindest schon einmal, dass das Interesse am Thema Cyber-Sicherheit groß ist. Und Erkenntnis ist ja bekanntlich der erste Schritt, um Herausforderungen erfolgreich anzugehen.

Autor: Johannes Heinemann, Fotos: Jonathan Kamzelak

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Asset-Herausgeber