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Veranstaltungsberichte

Politische Kommunikation in der heutigen Gesellschaft

von Dr. Martin F. Meyer
Am 18. Oktober hat die Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem chilenischen Presseverband (ANP) ein internationales Seminar zum Thema Politische Kommunikation organisiert. Die Veranstaltung zählte mit einer Keynote Speech des Professors für Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Dresden, Wolfgang Donsbach, sowie mit Beiträgen einer Reihe von angesehenen chilenischen Experten, unter ihnen die stv. Regierungssprecherin De la Fuente.

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Eröffnet wurde das Seminar von Juan Jaime Díaz, 1. Vizepräsident des chilenischen Presseverbands, und Winfried Jung, Auslandsmitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Chile. Ersterer betonte in seinem Grußwort, dass in Zeiten der Globalisierung die Interkonnektivität zwischen den Menschen dramatisch gestiegen sei und nun eine Fülle von neuen Instrumenten und Technologien – insbesondere soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter – zur politischen Kommunikation zur Verfügung stünden. Dennoch sei er der Ansicht, dass diese neuen Arten der Kommunikation in den kommenden Jahren lediglich eine komplementäre Funktion zu den traditionellen Medien spielen würden, da man auch in Zukunft auf den professionellen Journalismus nicht verzichten könne.

Winfried Jung betonte hingegen die Notwendigkeit von politischer Kommunikation zur demokratischen Legitimierung von politischen Entscheidungsprozessen und –trägern. Einerseits werde die Öffentlichkeit durch die politische Kommunikation über wichtige Entscheidungen und Maßnahmen informiert, gleichzeitig diene sie aber auch dazu, die öffentliche Meinung zurück an die Regierungsebene zu transportieren und so die Acocuntability der Entscheidungsträger zu garantieren.

Diese wichtige Funktion der politischen Kommunikation wurde im Anschluss auch von María Eugenia de la Fuente, Staatssekretärin im Generalsekretariat der Regierung, betont. „Politische Kommunikation ist die Brücke zwischen der Regierung und dem Bürger. Sie ist jedoch keine Einbahnstraße, sondern funktioniert stets in beide Richtungen“, so die stv. Regierungssprecherin. Die größte Herausforderung für jede Kommunikationspolitik einer Regierung ist nach Auffassung von de la Fuente, mit der Übermittlung von Informationen an die Bürger rasch aber gleichzeitig auch verantwortlich auf die neuesten Entwicklungen zu reagieren. Sehr positiv sei sie gegenüber den neuen sozialen Netzwerken eingestellt, da diese theoretisch die Möglichkeiten bieten würden, alle Betroffenen in einem gemeinsamen politischen Diskurs zu vereinigen. Hierzu müsste als Voraussetzung jedoch gewährleistet werden, dass auch tatsächlich alle Zugang zu diesen neuen Medien bekommen, und nicht nur eine wirtschaftliche und hochausgebildete Elite.

Im anschließenden Hauptvortrag der Veranstaltung äußerte sich Wolfgang Donsbach zum Thema „Transformation der Politischen Kommunikation: Vom professionellen Journalismus hin zu den sozialen Netzwerken?“ Donsbach, der in den letzten Jahren ausgiebig die Entwicklung der öffentlichen Darstellung der Politik in den Medien untersucht hat, gab zunächst zu bedenken, dass man in den traditionellen Medien einen wachsenden Trend zu immer mehr „Pop-Politik“ beobachten könne. Diese „Banalisierung der Politik“ sei geprägt durch einen Anstieg von immer größerer Personifizierung, Emotionalisierung und Skandalisierung in der öffentlichen Berichterstattung. Angesichts der Anforderungen nach immer mehr Unterhaltungswert würden Persönlichkeit und Charisma eines Politikers kontinuierlich wichtiger werden als das eigentliche Fachwissen, so Donsbach.

Laut des renommierten Medienwissenschaftlers hat sich diese Entwicklung zunehmend negativ auf das Ansehen der Politik in der Gesellschaft ausgewirkt. Angesichts der wachsenden Berichterstattung im Boulevard-Stil, würden viele Wähler und insbesondere Jugendliche die Politik nicht mehr als eine ernstzunehmende Instanz wahrnehmen. Diese Sachlage trägt nach Auffassung von Donsbach auch in erheblichem Maße zur in den letzten Jahren dramatisch gestiegenen „Politikverdrossenheit“ bei: Nur knapp über 50% der Bevölkerung halte es laut Umfragen noch für nötig, sich täglich über die aktuellen Geschehnisse zu informieren. Bei den unter 30-Jährigen würde dieser Wert sogar bei 37 Prozent liegen. Die logische Konsequenz dieses wachsenden Desinteresses sei, dass das allgemeine Wissen über politische Zusammenhänge und Begriffe (z.B. Definition von Föderalismus oder Gewaltenteilung) kontinuierlich sinken würde.

Bemerkenswert ist laut Donsbach die Tatsache, dass dieses wachsende Desinteresse durch das Internet nicht kompensiert wird. Das rasante Wachstum des Internets habe bei vielen in den letzten Jahren eine Menge Hoffnungen, wie z.B. eine stärkere Partizipation ehemals politisch unbeteiligter Bürger, geweckt. In von ihm durchgeführten Meinungsumfragen sei man jedoch zum Ergebnis gekommen, dass traditionelle Medien wie Zeitungen und Magazine immer noch als primäre Informationsquelle benutzt würden, und nicht etwa das Internet, wie viele heute annehmen würden. Wenn das Internet zur Informationsbeschaffung benutzt werde, dann handele es sich in erster Linie um Blogs, welche allerdings im Vergleich zu den professionellen Medien oft von zweifelhafter Qualität seien und weniger Hintergrundinformationen und Vielseitigkeit vorweisen würden. Die von vielen bejubelten sozialen Netwerke würden hingegen ein sehr selektives Bild der Realität präsentieren. Eine elementare Funktion der traditionellen Medien – die Auswahl von relevanten und weniger relevanten Nachrichten – würden die sozialen Netwerke nur sehr begrenzt wahrnehmen. Angesichts all dieser Tatsachen sei er der festen Überzeugung, dass man in Zukunft nicht auf den professionellen Journalismus verzichten könne.

Im Anschluss an den Vortrag von Herrn Donsbach wurden in einem Panel mit renommierten chilenischen Kommunikationsexperten – moderiert von José Luis Santa María, Chefredakteur der Zeitschrift “Qué Pasa” – die verschiedenen medialen Instrumente und Strategien für den politischen Erfolg diskutiert. Patricio Dussaillant, Dozent der Fakultät für Kommunikation der Katholischen Universität Chiles, stellte in seinem Kommentar die herausragende Bedeutung des so genannten „Framing“ – der Einbettung von (politischen) Ereignissen und Themen in subjektive Interpretationsrahmen durch massenmediale Akteure und politische Pressearbeit – dar. Osvaldo Puccio, ehemaliger Minister und Regierungssprecher, erklärte derweil, wie sich mit der Entstehung des souveränen Nationalstaates durch den Westfälischen Frieden die Rahmenbedingungen für die „kommunikative Interaktion“ zwischen politischen Entscheidungsträgern und Bürgern in den letzten Jahrhunderten radikal verändert hätten. Anschließend betonte María Fernanda Otero, Dozentin der Universidad de los Andes und ehemalige Kommunikationsberaterin in der Wahlkampagne von Präsident Piñera, die großen Herausforderungen für politische Akteure, um sich an die Realitäten und Produktionserfordernisse der modernen Medien – sprich: die Fokussierung auf Unterhaltungswert sowie Konflikte, Skandale und negative Schlagzeilen – anzupassen, sich deren Logik aber auch zunutze zu machen.

Die Präsentation von Prof. Wolfgang Donsbach (auf Spanisch) kann heruntergeladen werden, indem Sie auf das PDF-Symbol oben klicken.

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