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von Helmut Altrichter

Stalin und die verstaatlichte Erinnerung im postsowjetischen Russland

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2017 jährte sich in Russland ein doppeltes Schreckensjubiläum: 100 Jahre waren seit der bolschewistischen Oktoberrevolution vergangen, achtzig Jahre seit dem Terrorjahr 1937, dem Höhepunkt der stalinistischen Säuberungen. Der russische Präsident, Wladimir Putin, gedachte beider Ereignisse am 30. Oktober. Das Revolutionsgedenken, so Putin, sollte einen Schlussstrich unter diese Ereignisse von 1917 und die Spaltung der Gesellschaft ziehen, die sie hervorgerufen hatten. Schon seit 2004 war der Revolutionstag (der 7. November) als Feiertag abgeschafft und durch den 4. November ersetzt worden, der an die Befreiung Moskaus von polnischen Besatzern durch einen Volksaufstand im Jahr 1612 erinnern und als „Tag der Einheit des Volkes“ gefeiert werden sollte.

Am gleichen Tag, dem 30. Oktober 2017, der seit den 1990er-Jahren als Tag der Opfer politischer Verfolgung begangen wurde, übergab Putin im Beisein des Patriarchen Kyrill I. ein monumentales Denkmal der Öffentlichkeit, das für die Opfer politischer Repressionen an der Kreuzung zwischen Sacharow-Prospekt und Gartenring in Moskau errichtet worden war. Diese beeindruckende „Mauer der Trauer“, dreißig Meter lang und sechs Meter hoch, besteht aus Hunderten von Bronzefiguren, gesichtslos, ohne Augen, Nase und Mund. Die Regierung hatte das Monument in Auftrag gegeben, wobei das Unternehmen von der Solschenizyn-Stiftung (die Witwe des Friedensnobelpreisträgers war bei der Einweihung des Denkmals anwesend) und Memorial mitgetragen wurde, der Menschenrechtsorganisation, die sich seit ihrer Gründung 1989 für das Gedenken an die Gulag-Häftlinge, für die Rechte der Überlebenden und die Durchsetzung der Menschenrechte in Staat und Gesellschaft eingesetzt hatte.

 

Vorgegebenes Geschichtsverständnis

 

Selbst wenn Menschenrechtler an der Ausarbeitung des Konzepts beteiligt gewesen waren: In ihren Kreisen blieb man mehr als skeptisch, ob alle Beteiligten wirklich dasselbe Ziel verfolgten, ob es auch der Staatsführung und der Orthodoxen Kirche um eine Sensibilisierung der Gesellschaft für Meinungsfreiheit und Menschenrechte, um „Aufklärung“, die Aufklärung einer verbrecherischen Vergangenheit, die Benennung der Schuldigen und um Wiedergutmachung ging. Eine Gruppe von vierzig ehemaligen politischen Häftlingen nannte die Errichtung des Denkmals in einer Zeit, in der in Russland die politischen Repressionen nicht nur weitergingen, sondern zunahmen, einen Akt der „Scheinheiligkeit“. Ging es mit der Musealisierung nicht eher darum, das Geschehene in eine ferne Vergangenheit zu rücken, für abgeschlossen zu erklären und zu versuchen, einen „Schlussstrich“ unter die „tragische Vergangenheit“ zu ziehen?

Seit geraumer Zeit war zu beobachten, dass man sich „oben“ die „vaterländische Geschichte“ nicht von Ortsinitiativen und Nichtregierungsorganisationen aus der Hand nehmen lassen wollte, erneut eine „Verstaatlichung der Erinnerung“ betrieb, wobei die Eckpunkte des Geschichtsverständnisses, der kollektiven Erinnerung, „von oben“ vorgegeben wurden – wie man es in der Vergangenheit gewohnt war, nur eben jetzt mit etwas verändertem Inhalt.

Diese Erfahrung hatte zwei Jahre zuvor das von einer regionalen Initiative getragene Projekt „Perm 36“ machen müssen: Auf dem Gelände einer ehemaligen „Besserungs-Arbeits-Kolonie“ im Ural war seit Mitte der 1990er-Jahre eine Gedenkstätte für die Geschichte politischer Repressionen entstanden, getragen von einem zivilgesellschaftlichen Trägerverein und mitfinanziert von der Regionalregierung. Einmal jährlich waren Tausende zu einem sommerlichen Festival vor Ort, mit Ausstellungen, Konzerten, Theateraufführungen und Diskussionsveranstaltungen, gekommen.

1942 gegründet und für den Holzabbau eingesetzt, war das Lager nach Stalins Tod nicht aufgelöst, in den 1970er-Jahren mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen ausgebaut worden und in den 1980er-Jahren ein Sektor des „Sonderregimes“ entstanden, in dem „besonders gefährliche Staatsverbrecher“ untergebracht wurden – prominente Dissidenten und Menschenrechtler wie Wladimir Bukowski (Schriftsteller und Publizist, der den Missbrauch der Psychiatrie im Kampf gegen Andersdenkende publik gemacht hatte), Juri Orlow (Physiker, Mitbegründer der Moskauer Helsinki-Gruppe), Natan Schtscharanski (ebenfalls Physiker und Gründungsmitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe, der später in der israelischen Emigration eine politische Karriere machte), Sergej Kowaljow (Mitherausgeber der Chronik der laufenden Ereignisse im Samisdat [Selbstverlag], Anfang der 1990er-Jahre unter Boris Jelzin Vorsitzender der Menschenrechtskommission des Präsidenten), Oles Serhijenko (Vertreter der ukrainischen Nationalbewegung), Wassyl Stus (ukrainischer Dichter und Dissident, den Heinrich Böll 1985 für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen hatte und der im gleichen Jahr im Lager verstarb); auch siebzehn Mitglieder der Kiewer Helsinki-Gruppe waren dort inhaftiert gewesen.

 

Fragwürdige Botschaften

 

Eine breite politische Kampagne – Vorwürfe von Missmanagement gegen die Museumsleitung, eine Fernsehdokumentation, die „nachwies“, dass hier eine „fünfte Kolonne“ von Feinden Russlands am Werk sei, die unterschlage, dass im Permlager verurteilte Straftäter der baltischen und ukrainischen Unabhängigkeitsbewegungen („Banderaleute“) untergebracht waren, Vorwürfe der Geschichtsfälschung bezüglich der Haftbedingungen, vorgetragen von Angehörigen der ehemaligen Lagerwachen und unter Beteiligung von lokalen Mitgliedern der kommunistischen Partei – und schließlich der Hinweis, dass der Verein von amerikanischen Stiftungsgeldern mitfinanziert werde, führten dazu, dass die Regionalstellen die Zuschüsse einstellten, der Verein die Wasser- und Stromrechnungen nicht mehr zahlen konnte und sich auflöste, dass neue Leute nun den Kurs des Museums bestimmten: Das Museum werde unter dieser neuen Leitung seine Stoßrichtung ändern, kein Museum über politische Gefangene oder über Stalin mehr sein, konstatierte der ehemalige Direktor (in einem Interview gegenüber BBC). Zur neuen Botschaft gehörte die Würdigung dessen, wie das Lager mit seinen Holzlieferungen zum Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg“ beigetragen hatte.

Wer die Rede Putins zur Eröffnung der „Mauer der Trauer“ nachliest, merkt rasch, dass sie sehr im Allgemeinen blieb und keine Schuldzuweisungen machte: Die „Tragödie“ der politischen Repression sei durch nichts zu rechtfertigen und habe das ganze Volk, die ganze Gesellschaft betroffen; es gehe nicht darum, alte „Rechnungen zu begleichen“ und Gräben aufzureißen.

 

Stalin ohne Stalinismus

 

Den Namen Stalins erwähnte Putin kein einziges Mal. Wie denn auch? Einen Monat zuvor, im September 2017, war vor dem Militärhistorischen Museum eine neue Stalinbüste enthüllt worden, geschaffen von dem – für Monumentales bekannten – Bildhauer Surab Zereteli. Dieser hatte 1995 zum 50. Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland für den neuen Moskauer „Siegespark“ ein riesiges Denkmal, einen 141,8 Meter hohen, bronzenen Obelisken, entworfen, mit einer Nike an der Spitze und einer Statue des Heiligen Georg, des Drachentöters, zu Füßen. Und Zereteli hatte 2005 auch ein riesiges bronzenes Denkmal für die „Drei von Jalta“ (Churchill, Roosevelt und Stalin) geschaffen, sechs Meter breit und fünfeinhalb Tonnen schwer, das allerdings erst im Februar 2015 nach der russischen Annexion der Krim, zum 70. Jahrestag, am Schauplatz der Konferenz eingeweiht wurde.

Diesem Stalin, unter dessen Herrschaft Russland den Feind besiegt, Europa vom Faschismus befreit, sein eigenes Herrschaftsgebiet weit nach Westen erweitert habe, zur Atom- und Weltmacht aufgestiegen sei, galt die neue patriotische Verehrung, an dieser ruhmreichen Vergangenheit sollte sich die kollektive kulturelle Erinnerung in Russland orientieren, in dieser Orientierung neuen Halt finden. 2004/05 hatte Präsident Putin wiederholt vom Zerfall der Sowjetunion als einer „gesamtnationalen Tragödie von gewaltigen Ausmaßen“ und als der „größte[n] geopolitische[n] Katastrophe“ des 20. Jahrhunderts gesprochen; er wusste dabei einen Großteil der Bevölkerung Russlands auf seiner Seite.

Die Unruhen in Georgien (2003), in der Ukraine (2004), in Weißrussland (2006), samt und sonders ehemalige Mitglieder der Sowjetunion und seit 1991 unabhängige Staaten, zeigten, dass sich Moskau für deren Entwicklung weiterhin „zuständig“ fühlte. In Reaktion auf den Kiewer „Maidan“ (2013/14) ging Moskau mit der „Unterstützung“ der russischsprachigen Separatisten in der Ostukraine, der „Unabhängigkeitserklärung“ der Krim und ihrer Annexion noch einen Schritt weiter, wobei man sich über vertraglich eingegangene Verpflichtungen, die den Nachfolgestaaten die Sicherheit ihrer Grenzen, die territoriale Integrität und die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten garantierten, einfach hinwegsetzte. Man warf der Führung in Kiew vor, wie der „Maidan“ gezeigt habe, von „Banderaleuten“, „Faschisten“, unterwandert zu sein, legitimierte das eigene Vorgehen einmal mehr mit dem „Großen Vaterländischen Krieg“, dem neuen Staatsnarrativ von der Befreiung Europas vom Faschismus durch die Rote Armee und mit dem offenkundigen Anspruch, diese „Tradition“ fortzusetzen.

Durch Meinungsumfragen in der russischen Bevölkerung konnte sich die Führung in ihrem außenpolitischen Kurs durchaus bestätigt fühlen; nicht nur, was die „Wiedergewinnung“ der Krim, sondern auch, was die Einschätzung Stalins und seiner historischen Bedeutung betraf. Selbst wenn die Belastbarkeit von Meinungsumfragen zu „Stalin“ in Russland Ende der 2010er-Jahre mit letzter Sicherheit nicht zu bestimmen ist, wird man den Ergebnissen des 1987 in Moskau gegründeten Lewada-Zentrums für Meinungsforschung kaum jede Glaubwürdigkeit absprechen können; dass die Umfragen von westlichen Medien übernommen, von diesen auch Erhebungen in Auftrag gegeben wurden und das Zentrum von russischen Behörden 2016 selbst als „ausländischer Agent“ eingestuft wurde, spricht für die Seriosität dieser Institution. Wie eine Umfrage vom März 2018 zeigte, waren einem Großteil der Befragten die dunklen Seiten der Stalinjahre durchaus noch bewusst. Sie stimmten der Aussage, „Stalin war ein grausamer, unmenschlicher Despot, schuld am Tod von Millionen unschuldiger Menschen“, völlig (15 Prozent) oder größtenteils (29 Prozent) zu. Gleichzeitig schlossen sich fast zwei Drittel der Aussage an, das russische „Volk [habe] unter seiner Führung den Großen Vaterländischen Krieg gewonnen, was von herausragender Bedeutung ist“; 24 Prozent stimmten ihr völlig, 40 Prozent größtenteils zu.

 

Schleichende Rehabilitierung

 

Die Nachfrage im Folgejahr (März 2019), ob die „hochgesteckten Ziele und die in kurzer Zeit erreichten Ergebnisse die menschlichen Kosten rechtfertigen [würden], die das sowjetische Volk während der Stalin-Ära zu tragen hatte“, beantworteten 13 Prozent mit „Ja, unbedingt“, 33 Prozent mit „in gewissem Umfang ja“, wobei allerdings 45 Prozent diese Politik immer noch für „durch nichts zu rechtfertigen“ hielten. Und nach ihrer persönlichen Einstellung zu Stalin gefragt, äußerten sich (im März 2019) über 50 Prozent rundweg positiv, 41 Prozent empfanden Respekt, sechs Prozent Sympathie, vier Prozent Bewunderung, während 26 Prozent Gleichgültigkeit, nur fünf Prozent Angst und drei Prozent Abscheu und Hass äußerten. Bei einer Umfrage des Lewada-Instituts 2017 nach der bedeutendsten Persönlichkeit aller Zeiten und Völker hatten 38 Prozent der Befragten Stalin genannt, vor Puschkin und Putin auf Platz 2. Dass General Schukow, seit 1942 Stellvertreter Stalins als Oberkommandierender der Sowjetischen Streitkräfte, ebenfalls weit oben (auf Platz 5 zusammen mit Lew Tolstoi) landete, zeigte einmal mehr die Bedeutung des Weltkriegs in der kollektiven Erinnerung.

Die schleichende Rehabilitierung Stalins begann bereits in den 2000er-Jahren und ist auf das Engste mit der Präsidentschaft Putins verbunden. Er, der in seiner Heimatstadt Leningrad Jura studiert hatte, dann KGB-Resident in der DDR gewesen war und seit Juli 1998 den FSB, den Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation, führte, hatte seine Präsidentschaft mit einem Militäreinsatz gegen die Unabhängigkeitsbewegungen im Nordkaukasus begonnen, die ihre Separation auch mit Terroranschlägen in Russland durchzusetzen versuchten. Bereits im Januar 2000 hatte er eine Erhöhung der Militärausgaben um fünfzig Prozent angekündigt. Zugleich sollte die Zentralmacht gestärkt und der Verfall der Staatsautorität im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität gestoppt werden. Eine Sammlungsbewegung im Innern, aus der die Kremlpartei „Einiges Russland“ hervorging, umwarb die Etatisten auf der Linken wie die Nationalisten auf der Rechten, die beide der alten Größe der Sowjetunion nachtrauerten, ebenso die „Reformer“ und „Unabhängigen“, die immer mehr in Kleingruppen zerfielen und damit ihre politische Bedeutung einbüßten.

 

Beschwörung imperialer Traditionen

 

Nachjustierungen bei der Staatssymbolik (Wappen, Fahne und Hymne) brachten den neuen Kurs zum Ausdruck: Staatswappen sollte weiterhin der unter Jelzin wieder eingeführte zarische Doppeladler sein, den die Moskauer Großfürsten einst vom Byzantinischen Reich übernommen hatten. Die Flagge Russlands blieb wie unter Jelzin die weiß-blau-rote Trikolore, die (als Flagge für die Handelsmarine) auf die Zeit Peters I. und seine Ausrichtung nach Europa zurückgeführt wurde. Die Armee sollte allerdings, anders als unter Jelzin, ihr rotes Tuch zurückerhalten, unter dem sie im Zweiten Weltkrieg ihre Siege errungen hatte, nur ohne Stern, Hammer und Sichel. Ebenso wurde das von Jelzin als Nationalhymne eingeführte textlose „Patriotische Lied“ (von Michail Glinka) abgeschafft und stattdessen wieder auf die seit 1944 gespielte, von Alexander Alexandrow komponierte Sowjethymne zurückgegriffen, allerdings jetzt mit neuem Text, der nicht mehr die „Union der freien Republiken, die die Große Rus für immer vereint“ besang, sondern „Russland – unsere geheiligte Macht, […] der brüderlichen Völker jahrhundertealten Bund!“

Alle Staatssymbole beschwören somit imperiale Traditionen – zu denen auch die Sowjetunion und Stalin gehörten. Schließlich habe Stalin das riesige Land in schwierigen Zeiten zusammengehalten, seine Macht erweitert, im „Großen Vaterländischen Krieg“ Europa, ja die Welt vom Faschismus befreit. Doch die ideologischen Ziele, die Stalin mit seiner Politik verfolgte, und die tiefen Wunden, die sie in der kollektiven Erinnerung hinterlassen hatte, verlangten nach einem vorsichtigen Umgang mit seiner Person. Für eine Politik, die die „gesamtnationale Tragödie“ überwinden, das zerrissene Land einen und zu alter Größe zurückführen wollte, war Stalin als Referenzfigur ungeeignet.

Unter Beibehaltung der antifaschistischen Rhetorik lieferte Putin eine Rechtfertigung der Krim-Annexion nach, die zugleich die darüber hinausgehende Zielsetzung erkennen ließ. Bei den Separationsbewegungen in der Ostukraine und der Annexion der Krim stellte er 2014 fest, sei es nicht nur um den Schutz der russischsprachigen Bevölkerung gegen die „Russophoben“,

„Nationalisten“ und „Neonazis“ gegangen, die „heute das Leben in der Ukraine“ bestimmten. Er beschrieb die Krim als Ursprung und Inbegriff dessen, was Russland ausmache, von der Taufe des Heiligen Wladimir in Chersonesos (auf der Krim) im 10. Jahrhundert bis zum erbitterten Widerstand im 20. Jahrhundert, mit dem sich die „Heldenstadt Sewastopol“ Hitlers Truppen im „Großen Vaterländischen Krieg“ entgegenstellte. Geschichtlich, spirituell sei die Krim für Russland so wichtig wie „der Tempelberg in Jerusalem für Moslems und Juden“. Denn mit der Taufe Wladimirs in Chersonesos und der Hinwendung zur Orthodoxie sei eine „gemeinsame kulturelle, wertorientierte und zivilisatorische Grundlage“ geschaffen worden, die „die Völker Russlands, der Ukraine, Weißrusslands verbindet“.

Wenn man die alte Sowjethymne noch im Kopf hat, ergänzt man unwillkürlich „für immer“, und tatsächlich kamen die Ausführungen, die Putin in den kommenden Jahren (in Reden und Artikeln) zur Ukraine machte, dem sehr nahe: Die Ukrainer seien keine eigene Nation, sondern zusammen mit Russen und Weißrussen Teil der „dreieinigen russischen Nation“, für Russland nicht „Nachbarland“, sondern „integraler Bestandteil“ der eigenen Geschichte und Kultur, ein Produkt bolschewistischer Politik, das die NATO nun zu einem Anti-Russland aufzubauen versuche – wie es Putin wenige Monate, Wochen, ja Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 formulierte.

 

Helmut Altrichter, geboren 1945 in Alt-Moletein (Mähren, heute Tschechische Republik), 1990 bis 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte mit dem Schwerpunkt der Geschichte Osteuropas, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.

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