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picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited - Kinder aus einem Donezker Kinderheim in Rostow/Russland

Gestohlene Leben. Die verschleppten Kinder der Ukraine

Russische Kriegsverbrechen

Ukrainische Kinder werden nach Russland oder in russisch besetzte Gebiete verschleppt. Nur wenigen gelingt die Rückkehr. Und über eine NGO, die hilft, die Kinder aufzuspüren und wieder nach Hause zu bringen.

Zwei Jahre währt Russlands Krieg gegen die Ukraine nun. Vieles, was seither geschehen ist, ist grauenvoll. So auch die systematische Deportation ukrainischer Kinder nach Russland oder in russisch besetzte Gebiete wie die Krim. 20.000 sind es inzwischen – laut ukrainischen Behörden. Das sind die bekannten Fälle. Kinder, deren Namen man kennt. Die Dunkelziffer ist sehr viel höher. Schätzungen von Hilfsorganisationen liegen zwischen 250.000 bis 300.000.

Am 17. März 2023 wurde vom Internationalen Strafgerichtshof gegen Wladimir Putin und seine Kommissarin für Kinderrechte Marija Lwowa-Belowa ein internationaler Haftbefehl erlassen Beide sollen für das Kriegsverbrechen der rechtswidrigen Vertreibung bzw. Überführung ukrainischer Kinder aus den besetzten Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation verantwortlich sein.

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Putins Kommissarin für Kinderrechte, Marija Lwowa-Belowa, und nach Russland entführte ukrainische Kinder

Wladimir Klitschko, der Bruder des Kyiver Bürgermeisters Vitali Klitschko, und Tatjana Kiel haben im September 2023 ein Buch herausgegeben: „Gestohlene Leben. Die verschleppten Kinder der Ukraine“. Es versammelt die Berichte von Kindern, Jugendlichen, Eltern, Großeltern, Tanten. Den meisten – nicht allen –, ist das Unglaubliche gelungen: Die Verwandten haben ihre verschleppten Kinder zurückgeholt, zu ihren Familien, in die Ukraine. Es sind Geschichten mit vermeintlichem Happy End – denn viele der Zurückgekehrten sind traumatisiert.

Die Mehrzahl der verschleppten Kinder ist immer noch in Russland oder in den von Russland besetzten Gebieten: teilweise wurden sie zwangsadoptiert, haben neue Namen und wurden so ihrer Identität beraubt. Sie sind nicht mehr auffindbar. Es sind „Kinder aus zerbombten Städten, deren Eltern tot sind; Kinder, die in den von der russischen Armee eroberten Gebieten zwangsweise von ihren Eltern getrennt und nach Russland geschickt wurden; Kinder, die von ihren Eltern ins Ferienlager gebracht wurden, um dem Krieg zu entfliehen, oder Kinder, die in Waisenhäusern untergebracht wurden.“ Die Kinder, die in dem Buch „Gestohlene Leben“ ihre Geschichte erzählen, stehen für alle verschleppten Kinder, für das Leid der Familien, deren Zusammenführung noch nicht geglückt ist und man nicht weiß, ob sie jeh gelingen wird.

Viele der Schicksale im Buch ähneln sich. Es sind in der Mehrzahl Teenager aus der Region Cherson. In vielen Fällen kollaborieren Lehrer oder Schuldirektoren mit den russischen Besatzern. „Die Kinder werden oft zu Hunderten aus Schulen abgeholt, auf Busse, Züge oder Schiffe verteilt.“ Fast alle von ihnen wurden auf die Krim verschleppt. Es läuft immer ähnlich ab: Zunächst ein Camp, das einem Ferienlager ähnelt. Dann ein zweites, ein drittes. Dort gleicht der Alltag dann dem von Arbeitslagern. „In den Camps wird jedes Kind früher oder später einer Gehirnwäsche unterzogen.“ „Sobald die Kinder ihren Eltern entrissen werden, wird versucht, sie umzuerziehen.“ Es darf nur russisch gesprochen werden. Sie müssen allmorgendlich die russische Hymne singen, erhalten russischen „Geschichtsunterricht“. Man redet ihnen ein, ihre Familien hätten sie vergessen und dass es ihnen in Russland besser gehen würde. Mit Drohungen und Gewalt versucht man, den Willen der Kinder zu beugen. Widerständige Jugendliche werden hart bestraft. Sie werden in Kellern isoliert. Ihnen werden Folter und Zwangsadoption angedroht. Die wenigsten schaffen es, Kontakt mit Ihren Verwandten aufzunehmen und abgeholt zu werden.

„russland greift ukrainische Kinder an, um die Ukraine zu töten, aber auch um russland zu retten, das unter einem erheblichen Geburtendefizit leidet.“

Wladimir Klitschko

Aber warum? Was bezweckt man damit? Im Buch kommen Personen zu Wort, die sich für die verschleppten Kinder einsetzen, sei es, um sie zu befreien oder sie nach ihrer Rückkehr zu ihren Familien zu betreuen. Herausgeber Wladimir Klitschko ist sich sicher: „russland[1] greift ukrainische Kinder an, um die Ukraine zu töten, aber auch um russland zu retten, das unter einem erheblichen Geburtendefizit leidet.“ Kateryna, die für die NGO „Safe Ukraine“ arbeitet, ist überzeugt: „Diese Kids sollen irgendwann gegen ihre eigenen ehemaligen Landsleute kämpfen.“ Die militärische Ausbildung in vielen der Camps deutet darauf hin. Von Deutschland aus setzt sich Tatjana Kiel, zweite Herausgeberin und langjährige Wegbegleiterin von Wladimir Klitschko, für die Befreiung der ukrainischen Kinder ein. Auch sie bestätigt, dass die Entführungen System habe und von langer Hand geplant worden sei: Wenige Monate nach Kriegsbeginn, am 30. Mai 2022, unterschrieb Wladimir Putin einen Erlass, der es erlaubt, Adoptionsverfahren für ukrainische Kinder auf 24 Stunden zu verkürzen! Zudem können Geburtsdatum, Geburtsort und Namen des Kindes – so der Präsidialerlass – geändert werden. Was man damit bezweckt hat?! Ukrainischen Eltern soll es unmöglich gemacht werden, ihre Kinder jemals wiederzufinden. Sie sollten spurlos verschwinden.

Die maßgeblich an der Rettung der Kinder beteiligte NGO „Save Ukraine“, gegründet von Mykola Kuleba, hat bis zum Erscheinen des Buches 123 Kinder zu ihren Familien zurückgebracht. In Anbetracht der vermuteten Zahl entführter Kinder, klingen 123 Kinder wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch: „Es ist nicht einfach eine Zahl, es sind 123 Leben, 123 Seelen, es sind 123 Schicksale.“ so Kateryna von „Save Ukraine“. „Diese Kinder sind unsere Hoffnung, unsere Zukunft. Ohne sie sind wir nichts.“ „Ich wünsche mir, dass viele Menschen dieses Buch lesen und verstehen, was für Grausamkeiten nicht weit entfernt von uns [...] geschehen.“ Diesem Wunsch von Sabine Oelmann, der Journalistin, die die Interviews führte, kann man sich nur anschließen.

 

[1] Wladimir Klitschko schreibt bewusst „russland“ klein, „denn eine sogenannte Großmacht, die einem freien Volk wie der Ukraine das Existenzrecht abspricht und viele andere angegriffen und bedroht hat, verdient es nicht, großgeschrieben zu werden.“ S.10.

Klitschko Ventures

Dr. Wladimir Klitschko und Tatjana Kiel prangern die ungeheuerliche Kriegstaktik Russlands an. Ihr Buch "Gestohlene Leben. Die verschleppten Kinder der Ukraine" lässt mutige Kinder und Jugendliche zu Wort kommen, die von ihren Schicksalen erzählen, von zerrissenen Familien und geglückten Rettungen, von verlorener Kindheit und dem Kampf für Freiheit.

Weitere Informationen zum Buch und Bestellmöglichkeiten finden Sie hier.

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