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Kurt Sieveking (1897-1986) Kurt Sieveking (1897-1986) © ACDP

Kurt Sieveking

Jurist, Syndikus, Diplomat, Bürgermeister 21. Februar 1897 Hamburg 16. März 1986 Hamburg
von Andreas Grau
Zwischen 1946 und 2001 war Kurt Sieveking der einzige CDU-Bürgermeister in Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit seiner „Politik der Elbe“ trat er schon in den 1950er Jahren für eine Verständigung mit den Ländern Osteuropas ein.

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Jugend und Ausbildung

Der am 21. Februar 1897 geborene Kurt Sieveking entstammte einer alten Hamburger Familie, aus der viele Gelehrte und Ärzte hervorgegangen waren. Er wuchs in seiner Heimatstadt auf und besuchte dort das traditionsreiche Johanneum. Nach dem Notabitur 1914 ging er als Freiwilliger zur Front und wurde zum Reserve-Leutnant befördert. Bei der Fliegerausbildung verlor er 1917 den linken Arm. Nach Kriegsende studierte Sieveking Rechtswissenschaften in Heidelberg, München und Marburg. Das 1. Staatsexamen bestand er 1922. Noch im gleichen Jahr folgte die Promotion in Marburg. Als Referendar arbeitete er 1923/24 im Amerikareferat des Auswärtigen Amtes und später bei einer Bank in Berlin. 1925 bestand er das 2. Staatsexamen und ließ sich als Anwalt in Hamburg nieder. Im gleichen Jahr heiratete er die Bildhauerin Ellen Ruperti. Aus der Ehe gingen 3 Kinder hervor.

 

NS-Zeit

Politisch engagierte sich Kurt Sieveking in der DVP. Zusammen mit einer Gruppe junger Parteifreunde versuchte er im Vorfeld der Bürgerschaftswahl 1931 die Führung der DVP in Hamburg zu einem entschiedeneren Kampf gegen die republikfeindlichen Parteien von rechts und links zu drängen. Als Gegner des Nationalsozialismus trat er 1936 als Syndikus in das jüdische Hamburger Bankhaus Warburg & Co ein. 1938 stieg er dort zum Generalbevollmächtigten auf. Die Einberufung zur Wehrmacht nach Dänemark 1944 beendete seine Tätigkeit für die Bank. Nach Kriegsende kehrte Sieveking 1945 wieder nach Hamburg zurück.

 

Senatssyndikus und Diplomat

Am 1. Oktober 1945 übernahm er das Amt des Senatssyndikus im Hamburger Rathaus, das ihm der erste Nachkriegsbürgermeister, Rudolf Petersen (CDU), angeboten hatte. In dieser Funktion war Sieveking nicht nur Leiter des Bürgermeisteramtes, sondern auch Verbindungsmann zur britischen Militärregierung. Auch nach dem Wahlsieg der SPD 1946 behielt der neue Bürgermeister Max Brauer (SPD) Sieveking im Amt. Als bei der Einrichtung des Auswärtigen Dienstes 1951 von der Bundesregierung politisch unbelastete Persönlichkeiten mit entsprechender Erfahrung gesucht wurden, war bald auch Sieveking im Gespräch. Noch im selben Jahr ging er als erster Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland nach Stockholm. Schon nach wenigen Monaten wurde das Konsulat in eine Gesandtschaft umgewandelt.

 

Erster Bürgermeister

Seine Zeit als Gesandter in Schweden war jedoch nur von kurzer Dauer. Am 16. Oktober 1953 wurde Kurt Sieveking vom Hamburg-Block e.V. als Bürgermeisterkandidat für die bevorstehende Bürgerschaftswahl vorgestellt. Der Hamburg-Block war Ende September 1953 von Politikern der CDU, der DP, der FDP und des BHE als Sammelpartei gegründet worden. Schon bei der Bundestagswahl im September 1953 hatten CDU, FDP und DP in Hamburg zusammengearbeitet und die Wahlkreise unter sich aufgeteilt. Bei der Bürgerschaftswahl am 1. November 1953 erhielt der Hamburg-Block 50,0% der Stimmen und 62 von 120 Sitzen in der Bürgerschaft. Zu diesem Ergebnis hatte nicht zuletzt die Popularität von Sieveking beigetragen, der sich allerdings am Wahlkampf nicht beteiligte.

Nach der Wahl kehrte Kurt Sieveking wieder nach Hamburg zurück und trat in die CDU ein. Am 9. Dezember 1953 wurde er zum Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg gewählt. Da sich der Hamburg-Block vor der Wahl keine Gedanken über die Besetzung des Senats gemacht hatte, nahm die Regierungsbildung viel Zeit in Anspruch. Auch die weitere Regierungszeit des Hamburg-Block-Senats war von personellen Querelen und Rücktritten überschattet. Durch eine Wahlrechtsänderung entfiel 1956 die Notwendigkeit zur Bildung von Sammelparteien und die FDP entschied, den Hamburg-Block zu verlassen und bei der Bürgerschaftswahl 1957 wieder allein anzutreten.

Obwohl die Regierungszeit des Hamburg-Block-Senats schon 1957 endete, hat er doch Einiges in der Elbmetropole auf den Weg bringen können. So wurde der Streit um die Schulpolitik durch die Einsetzung einer unabhängigen Kommission für das Hamburger Schulwesen beigelegt. Die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurde intensiviert. Es gelang dem Senat, die Führungsakademie der Bundeswehr nach Hamburg zu holen und große Garnisonen in der Stadt anzusiedeln. An der Hamburger Universität wurde ein Nuklearforschungszentrum gegründet und der Bau eines Forschungsreaktors bei Geesthacht beschlossen. Über den Norddeutschen Rundfunk wurde ein erster Staatsvertrag geschlossen. Zur Wahrnehmung der Hamburger Interessen in Bonn wurde erstmals ein Senator für Bundesratsangelegenheiten berufen.

 

Die „Politik der Elbe“

Durch die Teilung Europas nach dem 2. Weltkrieg war Hamburg von seinem östlichen Hinterland abgeschnitten worden. Die Elbe, jahrhunderte lang Hamburgs natürlicher Handelsweg nach Mittelosteuropa, war blockiert. Mit seiner „Politik der Elbe“ bemühte sich Sieveking, kleine Schritte zu einer praktischen Verständigung zu unternehmen und zu einer Wiederannäherung an die Staaten Mittel- und Osteuropas beizutragen. Um neue Kontakte zu knüpfen, reisten Delegationen des Senats nach Prag, Budapest und Leipzig. 1956 nahm Sieveking eine sowjetische Einladung zu einem Besuch des Senats in Leningrad an, was ihm einen harschen Protestbrief von Bundeskanzler Konrad Adenauer einbrachte. Als amtierender Bundesratspräsident nahm Sieveking selbst nicht an der Reise teil, doch der Besuch in Leningrad mündete 1958 in einer Partnerschaft zwischen beiden Städten.

 

Abschied von der Politik

Bei der Bürgerschaftswahl 1957 gewann die SPD wieder die absolute Mehrheit. Sievekings Vorgänger im Amt des Ersten Bürgermeister, Max Brauer, wurde auch sein Nachfolger. Kurt Sieveking blieb bis 1965 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und war bis 1962 Vorsitzender der CDU-Fraktion. 1961 trat er nochmals erfolglos als Spitzenkandidat der CDU bei der Bürgerschaftswahl an. Nach der Flutkatastrophe von 1962 bewährte er sich als Vorsitzender des Sonderausschusses zur Bekämpfung der Hochwasserkatastrophe. Für seine Verdienste um seine Heimatstadt wurde Sieveking 1967 vom Hamburger Senat mit der Bürgermeister-Stolten-Medaille geehrt. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik 1965 betätigte er sich wieder als Rechtsanwalt. Außerdem war er Mitglied im Aufsichtrat des Norddeutschen Rundfunks und in weiteren Aufsichtsräten.

Am 16. März 1986 starb Dr. Kurt Sieveking in Hamburg. In allen Nachrufen wurde er als bescheiden, fair und ausgleichend sowie hanseatisch-nüchtern und allseits respektiert gewürdigt.

Lebenslauf

  • 21.02.1897 geboren in Hamburg
  • 1914 Notabitur
  • 1914-1918 Kriegsdienst, Reserve-Leutnant
  • 1917 Verlust des linken Arms infolge eines Unfalls
  • 1919-1922 Studium der Rechtswissenschaften
  • 1922 1. Staatsexamen und Promotion zum Dr. jur.
  • 1925 2. Staatsexamen, Rechtsanwalt in Hamburg
  • 1925 Heirat mit Ellen Ruperti
  • 1936 Syndikus beim Bankhaus Warburg&Co in Hamburg
  • 1938 Generalbevollmächtigter bei Warburg&Co
  • 1944-1945 Kriegsdienst in Dänemark
  • 1945-1951 Senatssyndikus in Hamburg
  • 1951-1953 Generalkonsul bzw. Gesandter der Bundesrepublik Deutschland in Schweden
  • 1953-1957 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg
  • 1956-1957 Präsident des Bundesrates
  • 1953-1965 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft
  • 1957-1962 Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft
  • 1961 Spitzenkandidat der CDU bei der Bürgerschaftswahl
  • 16.03.1986 gestorben in Hamburg
Ehrungen

 

 

  • 1960 Ehrensenator der Hamburger Universität
  • 1967 Verleihung der Bürgermeister-Stolten-Medaille

 

Literatur

  • Renatus Weger/Carl-Gisbert Schultze-Schlutius/Wilhelm Güssefeld (Hg.): Bürgermeister a.D. Dr. Kurt Sieveking zum 70. Geburtstag am 21. Februar 1967, Neumünster 1967.
  • Helmut Stubbe-da Luz: Die Politiker Paul de Chapeaurouge, Rudolf Petersen, Kurt Sieveking, Hamburg 1990.
  • Helmut Stubbe-da Luz: Von der „Arbeitsgemeinschaft“ zur Großstadtpartei – 40 Jahre Christlich-Demokratische Union in Hamburg (1945-1985), Hamburg 1985.

 

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