Frühe politische Karriere
Ruth Hieronymi wurde am 8. November 1947 in Bonn-Beuel geboren. Dort ging sie auch zur Schule und legte 1967 ihr Abitur auf dem Sankt-Adelheid-Gymnasium in Beuel-Pützchen ab. Noch während ihres Studiums der Geschichte und Soziologie, das sie 1977 mit dem Magisterexamen abschloss, heiratete sie Albert Hieronymi. 1971 bekamen sie Tocher Tonia, der 1981 Sohn Philipp folgte.
Zur gleichen Zeit begann auch Hieronymis politische Karriere. 1971 trat sie in die CDU ein, wurde noch im selben Jahr Vorsitzende der Jungen Union Beuel sowie Mitglied im Beueler Bezirksausschuss. Schon 1975 redete sie das erste Mal auf einem CDU-Bundesparteitag. Als junge Mutter und Ehefrau setzte sie sich schon damals für eine partnerschaftliche Ehe ein, in der „nicht nur die Aufgaben, sondern auch die Rechte partnerschaftlich“ geteilt werden sollten.
Im selben Jahr, 1975, wurde Hieronymi Mitglied im Bonner Stadtrat, dem sie bis 1990 angehören sollte. Während dieser Jahre im Rat ihrer Heimatstadt erreichte Hieronymi zahlreiche Ämter innerhalb der CDU. 1977 bis 1978 war sie Landesvorsitzende der Jungen Union Rheinland, 1978 bis 1981 arbeitete sie als Abteilungsleiterin in der CDU-Bundesgeschäftsstelle. 1977 bis 1978 und wieder 1985 bis 1986 war sie Mitglied des Vorstands der CDU Rheinland und ab 1986 im neu gegründeten Landesverband Nordrhein-Westfalen. 1987 bis 1990 leitete sie den Bundesfachausschuss Jugendpolitik der CDU.
Als Jürgen Rosorius in seinem Bonner Wahlkreis zur Landtagswahl 1985 nicht mehr antreten wollte, bewarb sich Ruth Hieronymi um die Nachfolge und setzte sich gegen ihren männlichen Mitbewerber mit 62 Prozent der Stimmen durch. Bei der Wahl am 12. Mai 1985 gewann sie das Direktmandat und zog in den Düsseldorfer Landtag ein. Dort engagierte sie sich im Ausschuss für Gesellschafts- und Sozialpolitik und amtierte im Ausschuss für Jugend und Familie als stellvertretende Vorsitzende.
Innerhalb der CDU-Landtagsfraktion avancierte Hieronymi 1990 zur stellvertretenden Vorsitzenden und im gleichen Jahr entsandte ihre Fraktion sie als Sprecherin in den Hauptausschuss des Landtags. Ein weiteres Fraktionsamt ließ dagegen erkennen, in welche Richtung sich ihre Interessen – abseits von sozialen und Familienfragen – entwickelt hatten: Sie wurde zur medienpolitischen Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion ernannt. Passend dazu berief sie der WDR-Rundfunkrat 1991 zum Mitglied.
Im Europäischen Parlament
Das Interesse an Europa zeigte sich bei Ruth Hieronymi schon früh. Auf dem ersten Kongress der zwei Jahre zuvor gegründeten Europäischen Volkspartei (EVP) vom 6. bis 7. März 1978 in Brüssel war sie Mitglied der deutschen Delegation, der u. a. Helmut Kohl, Heiner Geißler, Egon Klepsch, Kai-Uwe von Hassel und Hans-August Lücker angehörten.
Doch es sollte über 20 Jahre dauern, bis sie dieses Interesse in den Mittelpunkt ihrer politischen Karriere stellte. 1999 trat Ruth Hieronymi bei der Wahl zum Europäischen Parlament für den Wahlkreis an, dem auch ihr Heimatort Beuel zugehört. Mit Beginn der fünften Legislaturperiode saß sie als Mitglied der EVP-Fraktion in den Parlamenten in Straßburg und Brüssel. In Europa konnte die Bonnerin außerdem dort anknüpfen, wo sie in Nordrhein-Westfalen aufgehört hatte: bei der Medienpolitik. Sie war von Anfang an Mitglied im Ausschuss für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport. Nach dessen Teilung 2004 blieb Hieronymi bei dem Bereich Kultur und Bildung.
2000 war sie Berichterstatterin über den dritten Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie zu „Fernsehen ohne Grenzen“, 2001 bezüglich der Diskussion über Fortbildungen sowie Förderprogramme zu audiovisuellen Medien innerhalb der EU, 2005 bis 2006 zum EU- Programm MEDIA Plus/ MEDIA 2007–2013, in den beiden Folgejahren zur Richtlinie für „Audiovisuelle Mediendienste“ (frühere EU-Fernsehrichtlinie) und 2009 dann zum EU-Programm MEDIA MUNDUS.
Ein sehr wichtiges Anliegen war Hieronymi bei diesem Engagement, gerade auch angesichts der digitalen Herausforderung, die Wahrung der „kulturellen Vielfalt in Europa“ (Redebeitrag in der Debatte des Europäischen Parlaments am 4. September 2003). In einem Zeitzeugengespräch betonte sie 2008 medienpolitische Gesetzgebung in Europa müsse nicht nur die „Gesetze des Marktes, sondern auch die Erfordernisse der Kultur- und Wertgemeinschaft“ berücksichtigen.
2009 trat Ruth Hieronymi nicht mehr für die Wahl zum Europäischen Parlament an. Ihr Nachfolger wurde Axel Voss. Den Abschluss ihrer beruflichen Tätigkeit bildete von 2009 bis 2016 der Vorsitz des WDR-Rundfunkrats, dem sie bereits seit 1991 angehört hatte. Mit der Öffnung der Sitzungen des Rundfunkrats für interessierte Bürger setzte sie dabei um, was sie sich selbst bei Amtsantritt vorgenommen hatte: Den Rundfunkrat als Vertretung „der Bürgerinnen und Bürger“ diesen auch zugänglich und die dort getroffenen Entscheidungen „transparenter“ (Kölner Stadtanzeiger 10.12.2009) zu machen.
Veröffentlichungen
- Europe: a community of values, in: Group of the European People`s Party (Christian Democrats) and European Democrats in the European Parliament (Ed.): Our Vision of Europe. Proximity, Competiveness and Visibility, Leuven/Appeldoorn 2001, S. 75–80.
- Medienpolitik in Europa - für Vielfalt und wirtschaftliche Dynamik, in: Medienpolitik in der Europäischen Union. Schriften zur Europäischen Integration 06/02, S. 9–17.
- Europäisches Medienrecht. Kulturelle Vielfalt sichern – Wirtschaft fördern, in: Die Politische Meinung Nr. 450, Mai 2007, S. 5–8.
- Kulturelle Identität in der EU am Beispiel der audiovisuelle Dienstleistungen – Kultur, Wirtschaft oder beides?, in: Florian Melchert u.a. (Hg.): Vereinigte Staaten von Europa – Vision für einen Kontinent, Berlin/München 2007, S. 381–391
Literatur
- Jürgen Nielsen-Sikora: Europa der Bürger. Zeitzeugengespräche mit Peter Altmaier, Barbara Gessler, Ruth Hieronymi und Hans-Gert Pöttering, ZEI Discussion Paper C186/2008.
- Gerlind Schaidt: Porträt der Woche. Ruth Hieronymi, in: Landtag intern, 22.10.1985, S. 15.