Das digitales Netzwerktreffen zum Thema Städtebau und Demokratie. Für mehr Miteinander war der Appetizer für die geplante Präsenzveranstaltung in Berlin im nächsten Jahr (17. und 18. Juni 2026, Anmeldung möglich). An konkreten Beispielen diskutierte die interessierte Runde aus Fachkräften der Stadt- und Regionalentwicklung, welche Orte das gesellschaftliche Miteinander prägen und ob sich Gemeinwohl bauen lässt.
Den Auftaktimpuls „Demokratie braucht Begegnung“ gab Dr. Rainald Manthe, Soziologe und Autor. Er erforscht Soziale Bewegungen; Herausforderungen der Demokratie zählen zu seinen Kernthemen. 2024 hat Rainald Manthe ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Demokratie fehlt Begegnung. Über Alltagsorte des sozialen Zusammenhalts“. Anschließend folgte ein praxisbezogener Beitrag von Robert Ambrée, Diplom-Ingenieur der Stadt- und Regionalplanung, Referent für Gemeinwohl bei der Montag Stiftung Urbane Räume. Er hat unter anderem den BOB CAMPUS in Wuppertal mit aufgebaut: Dieser neu geschaffene multifunktionale Ort auf dem Gelände einer ehemaligen Textilfabrik in Oberbarmen beherbergt Kita, Schulräume, Gewerbe- und Gemeinschaftsflächen, Wohnungen sowie einen Nachbarschaftspark und hat den Deutschen Städtebaupreis 2025 gewonnen. Es gibt fünf weitere dieser so genannten Initial-Kapital-Projekte, bei denen die Zivilgesellschaft ihre Stadt mitgestaltet.
Die Initialkapital-Projekte der Montag Stiftung Urbane Räume sind Beispiele für die konkreten Handlungsempfehlungen von Rainald Manthe: Orte der Begegnung zu schaffen und dabei die Menschen vor Ort direkt mitgestalten zu lassen.
Kernerkenntnisse zum Mitnehmen
1. Gemeinwohl lässt sich bauen
Das Ziel der Initial-Kapital-Projekte ist gemeinwohlorientiertes Engagement: Menschen aus einem Stadtteil eignen sich Gemeinwohlflächen an, indem sie diese nutzen und sich untereinander vernetzen. Hierbei werden Investitionen in eine Immobilie mit unternehmerischem Handeln und gemeinwohlorientierter Stadtteilentwicklung verbunden, wobei die Projekte der Stiftung immer in Kooperation mit Kommunen entwickelt werden. In Krefeld entstand mit der Alten Samtweberei 2014 das Pilotprojekt des Programms Initialkapital, es folgten fünf weitere Projekte. Die Praxis zeigt, dass das Zusammenwirken von Kommune, Zivilgesellschaft, Bewohnerinnen und Bewohnern trägt. Auf diese Weise entstehen Orte der Gemeinschaft und des Engagements.
2. Der wahrgenommene gesellschaftliche Zusammenhalt ist wichtig.
Demokratische Irritation entsteht durch zufällige Begegnungen, bei denen wir uns als Menschen in unserer Diversität wahrnehmen. Zufällige Begegnungen sind für unsere Demokratie, unsere demokratische Staats- und Gesellschaftsform essenziell, um einander als legitime, diverse Gesellschaftsmitglieder anzunehmen. Die vielfältige Gesellschaft muss erlebbar sein, um einander zu vertrauen. Gesellschaft wird auf diese Weise in ihrer Diversität positiv erfahrbar.
3. Stadtplanung kann Möglichkeiten für Begegnung schaffen, sie aber nicht erzwingen.
Wie wir Gesellschaft im Alltag wahrnehmen, bestimmt unser Bild von ihr. Deshalb ist es relevant, wie unsere Kommunen gebaut sind, wie unsere Plätze gestaltet sind, wie unsere Wohngebiete aussehen. Wie wir unseren Alltag wahrnehmen, prägt unser Denken und Verhalten. Demokratie lässt sich durch Begegnungsorte positiv mitgestalten. Gute Begegnungen entstehen oft da, wo sich Menschen auskennen und diese selbst mitgestalten, beispielsweise in gemeinsam genutzten Höfen oder Plätzen als Versammlungsorten.
4. Eine resiliente Demokratie entsteht in einer Gesellschaft von Menschen, die sich kennen und sich deshalb vertrauen.
Vertrauen in die Gesellschaft und in die politischen Institutionen steigt, wenn der Staat engagiert vor Ort wahrgenommen wird und schwindet, wenn Wirtschafts- und Infrastruktur schwach sind. Bei der Zufriedenheit mit der Politik sind oftmals Alltagsfragen bzw. Alltagsorte relevant: Funktioniert der ÖPNV, sind die Grünanlagen in Ordnung, sind Straßen, Brücken und städtische Gebäude intakt, etc. Es geht um das konkrete Erleben vor Ort: Kernaufgabe jeder Kommunalpolitik.
Ausblick
Die beiden Impulse sowie die Fragen und Diskussion der Teilnehmenden haben gezeigt, dass das Zusammenwirken von Städtebau und Demokratie für die kommunale Praxis relevant ist: Den Sorgen über verwahrloste Plätze, fehlende Begegnungsräume, Demokratieverlust und dem Wunsch nach Zusammenhalt konnten die Referenten mit konkreten Ideen für vielfältige Begegnungsorte und mutmachende Initiativen begegnen. Die KommunalAkademie und das Deutsche Institut für Stadtbaukunst laden am 17. und 18. Juni 2026 zu einer Präsenzveranstaltung in die Konrad-Adenauer-Stiftung nach Berlin ein, bei dem das Thema vertieft und weitere Praxisbeispiele ausgetauscht werden (Weitere Informationen und Anmeldung).
Das Netzwerk Städtebau bringt regelmäßig Nachwuchskräfte aus unterschiedlichen Disziplinen mit etablierten Städtebau-Verantwortlichen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen. Nachwuchskräfte lernen anhand konkreter städtebaulicher Aufgabenstellungen und Lösungen von den praktischen Erfahrungen der Städtebau-Verantwortlichen und von der wissenschaftlichen Expertise, können eigene Entwürfe und Ideen vorstellen und professionell reflektieren lassen. Etablierte Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker lassen sich von neuen Ideen inspirieren, lernen Entscheider von morgen kennen und bereichern ihr eigenes Netzwerk.
Themen
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