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Kosovo-Einigung von KFOR und Serbien für Priština nicht akzeptabel

Die Regierung des Kosovos hat einen Vorschlag der NATO-KFOR-Truppen und Serbiens zur Beilegung des Grenzkonflikts als inakzeptabel zurückgewiesen. Der Deutsche KFOR-Kommandeur Bühler kritisiert die rechtsstaatliche Lage im Kosovo scharf und konstatiert kriminelle Strukturen.

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Wenige Stunden nachdem die KFOR und Vertreter der serbischen Regierung einen Vorschlag zur Lösung der Krise im Norden unterbreitet haben, wurde dieser von der Regierung des Kosovo als nicht akzeptabel zurückgewiesen. Die Vereinbarung sah vor, dass die KFOR die alleinige Kontrolle über die nördliche Grenze des Kosovo bis mindestens Mitte September besitzen sollte.

Im KFOR-Militärstützpunkt "Nothing Hill" hatten der deutsche KFOR-Kommandeur, General Erhard Bühler, der Leiter des serbischen Verhandlungsteams, Borislav Stefanović und sowie der serbische Minister für Kosovo, Goran Bogdanović, eine Vereinbarung getroffen. In einer Pressemitteilung erklärte die KFOR, dass ihr Kommandeur die volle Autorität aller beteiligten Institutionen bei den Verhandlungen über diese Absichtserklärung gehabt habe. Borislav Stefanović solle der Hauptverhandlungsführer für den Kosovo von serbischer Seite bleiben und der serbische Minister Goran Bogdanović werde die Vereinbarung mit dem Präsidenten von Serbien und anderen beteiligten Behörden von der serbischen Seite koordinieren.

Die Verlautbarung enthielt folgende Punkte:

Am Grenzpunkt 1 (in Jarinje) und Grenzpunkt 31 (in Brnjak-Bernjak) solle das gegenwärtige System der Kontrolle, das der KFOR untersteht, bis Mitte September unverändert bleiben und gegebenenfalls verlängert werden.

Derzeit sind die Kontrollposten nur für den Zivilverkehr und für humanitäre Güter geöffnet. Fahrer von Personenkraftwagen und Lastkraftwagen bis zu 3,5 Tonnen werden auf ihre Identität überprüft und einer Waffenkontrolle unterzogen, um die Grenze passieren zu können.

Außerdem sah die Vereinbarung eine Aufhebung der Straßenblockaden durch die dort lebende serbische Bevölkerung vor, um die Bewegungsfreiheit wiederherzustellen.

Unklar bleibt in der Erklärung, ob Zollbeamte und Grenzpolizisten der kosovarischen Seite oder der serbischen Minderheit in dieser Zeit ihren Dienst verrichten würden. Aber gerade diese Frage stellt ein großes Problem dar und trug dazu bei, dass der Konflikt im Norden des Kosovos entbrannte.

Nach Auffassung der Regierung in Priština ist diese Absichtserklärung, die von KFOR und serbischer Seite erstellt wurde, inakzeptabel, weil die Entscheidungsfindung die Gesetze und Beteiligung des Kosovos nicht berücksichtigt.

Die kosovoarische Seite begrüßte zwar die Bemühungen der KFOR, die Straßen von den Blockaden zu befreien, um auf diese Weise das Leben der Bevölkerung zu erleichtern - weil dies dem Mandat der KFOR entspricht - lehnte aber ansonsten alle Punkte ab. Die Regierung des Kosovos befürchtet, dass man zulässt, wieder zur Situation im Norden, wie sie vor dem 25. Juli war, zurückzukehren. Zwar gehört der Norden offiziell zum Staatsgebiet des Kosovo, doch wurden Recht und Gesetze des Kosovo bislang hier nicht durchgesetzt. Im Juni sollten die Einfuhrbestimmungen bzw. das gültige Importverbot für serbische Güter – als erster Schritt – durchgesetzt werden. Dabei geht es der Regierung des Kosovo natürlich nicht nur um die Durchsetzung der Gesetze, sondern um die Herstellung der Souveränität in dem von Serben mehrheitlich bewohnten Norden.

Der Berliner Zeitung Tagesspiegel gab der deutsche Kommandeur, General Bühler, in der Zwischenzeit ein Interview, in dem er heftig die rechtsstaatlichen Defizite im Norden des Kosovos kritisierte und für die Konflikte an der Grenze verantwortlich machte. Er bezeichnete das Fehlen von rechtsstaatlichen Strukturen als eine Ursache der heutigen Problematik. Seiner Auffassung nach habe man viel zu lange zugelassen, dass sich hier radikale Strukturen herausbilden. Dies seien starke kriminelle Strukturen, die multiethnisch aufgestellt sind – kosovo-albanisch als auch kosovo-serbisch. Dabei gehe es um Machterhalt und um Geld. Der Kommandeur hob hervor, dass es seiner Meinung nach genügend Polizeikräfte der EU-Mission EULEX im Kosovo gebe, die mit Unterstützung der KFOR agieren könnten, um Recht und Ordnung durchzusetzen. (Vgl. Interview des Tagesspiegel mit General Bühler vom 04.08.2011 )

Die NATO hat rund 5500 Soldaten im Kosovo stationiert (davon ca. 800 Deutsche), um die Sicherheit des Landes zu gewährleisten. Die Truppen wurden wegen des Grenzkonflikts verstärkt und zusätzlich 550 deutsche und 150 österreichische Soldaten in das Kosovo verlegt. Die Reserve wurde laut KFOR angefordert, um mehr Flexibilität und Durchhaltefähigkeit zu erringen.

Es ist schwer vorherzusagen, wie es jetzt nach der Ablehnung des KFOR-Vorstosses weitergeht und ob die Streitparteien durch Vermittlung der EU aufeinander zugehen können.

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Kontakt

Johannes D. Rey

Johannes D. Rey (2020) kas

Leiter des Auslandsbüros Kasachstan

johannes.rey@kas.de +7 7172 92 50 31

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