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Über den Tellerrand geschaut :: Nachwuchspolitiker lernen von deutschen Erfahrungen

von David Brähler
Mehr als 60 Jahre stabile Demokratie in Deutschland sind schon ein Grund stolz zu sein. Erfahrungen mit dieser Entwicklung hatten am vierten Tag des Diplomkurses „Christlicher Humanismus und Politik“ in Guatemala zwei deutsche Politiker für die Teilnehmer im Gepäck.

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Gordon Hoffmann, Landtagsabgeordneter für die Region Prignitz im brandenburgischen Landtag eröffnete den Austausch mit einem Blick in die deutsche Parteienlandschaft. Transparenz der Spielregeln, klare Strukturen der Teilhabe und Gewaltenteilung, das seien die Grundfesten deutscher Parteiarbeit. „Jedes Mitglied ist gleichberechtigt und kann über Anträge seine Meinung einbringen“, so Hoffmann, eine Feststellung, die für viele lateinamerikanische Parteien Neuland ist. Zudem gebe es innerhalb der Parteien Vereinigungen für jede und jeden, die die Interessen ihrer Mitglieder hin zur Parteispitze vertreten. Und diese Strukturen verliehen den Parteien eine solch starke Festigkeit, dass eine Wahlniederlage nicht zur Auflösung führe, sondern man nach stabilen Koalitionen suche. „Wir leben in einer Demokratie, und da entscheidet die Mehrheit.“ Diese selbstverständlichen Vorgänge und Gewissheiten wünschten sich viele Teilnehmer in der anschließenden Diskussion für ihre Länder.

Mit Blick auf Südamerika führte Hoffmann den Ausspruch Adenauers an, dass ein Staat es ermöglichen müsse, dass jeder seinen sozialen Aufstieg erreichen könne. Deshalb lasse sich „soziale Teilhabe am ehesten darüber garantieren, dass es eine gute Bildungspolitik gibt,“ so Hoffmann. Er sei der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. deshalb sehr dankbar, dass sie die Diplomkurse als Bildungsformate betreibe und darüber der Austausch zwischen den Kontinenten möglich werde. Er persönlich lerne dabei sehr viel über die Realität des Kontinents und über gute politische Ansätze, die er in Deutschland mit seinen Kollegen teile. Andersherum gab er den Nachwuchspolitikern aus 14 Ländern mit auf den Weg: „Als junge Nachwuchsführungskräfte sollte man über den Tellerrand schauen und von anderen für die eigene Situation lernen.“

Als Mitglied des saarländischen Landtags und Generalsekretär der CDU Saar gab Roland Theis den Teilnehmern in einer ersten Runde einen Crashkurs in Wahlkampfarbeit. Auch er freue sich dabei sehr, von Südamerika und den neuesten Entwicklungen zu lernen. Wahlkampf sei an erster Stelle Teamwork. Unter den Helfern müsse Mannschaftsgeist und Motivation, aber auch eine klare Struktur und Informationskette herrschen. An zweiter Stelle brauche es eine ehrliche Analyse des eigenen Standorts aus der eine Strategie resultiere, warum der Wähler sich gerade für diesen Kandidaten entscheiden solle. Mit diesem Rüstzeug kann es losgehen, „denn die Menschen wollen eine klare Botschaft, die sie verstehen“, so Theis. Und jeder Wahlkampf braucht einen Rhythmus. Da sich oft mehr als 30 Prozent erst in den letzten Tagen vor der Wahl entscheiden, wem sie ihre Stimme geben, sollte man für diese Tage ein Drittel des Budgets bereitstellen. Am Anfang lohnen sich als Kommunikationsinstrumente Plakate und öffentliche Veranstaltungen. Kurz vor der Wahl sind Anzeigen in Printmedien oder persönliche Briefe erfolgreicher.

Als Fallbeispiel brachte der Abgeordnete Gordon Hoffmann in seinem zweiten Vortrag den Landtagswahlkampf in Brandenburg im Jahr 2014 ein. Selbst nach vielen Wahlkämpfen habe er auch dieses Mal wieder viel dazugelernt und Fehler erkannt, die er in der nächsten Kampagne vermeiden würde. Neben der Plakatierung von Großflächen und Wahlterminen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im ländlichen Raum des Wahlkreises begab sich Hoffmann auch eine „Brandenburg-Besser-Machen-Tour“, um so nah wie möglich an den Bürgern zu sein. Dabei sei auch der Stil entscheidet. Will der Kandidat sehr hip und cool herüberkommen, kann er leicht am Geschmack breiter Wählerschichten vorbeischießen.

„Wenn’s um Parteienfinanzierung geht, ist kein System perfekt“, so der Abgeordnete Theis in seinem Abschlussvortrag. Die deutsche Regulierung des Themas habe Jahre der Entwicklung gebraucht und sehe vor allem drei Kernelemente vor. Das Gebot der Staatsfreiheit, nachdem Parteien sich nur dann am Willensbildungsprozess beteiligen können, wenn sie selbst staatsfrei seien. Zweitens das Prinzip der Chancengleichheit, nach dem alle Parteien die gleichen staatlichen Zuwendungen erhalten. Und drittens das Prinzip der öffentlichen Rechnungslegung, nach dem jede höhere Spende offen gelegt werden muss – egal ob kleiner Ortsverband oder großer Bundesverband.

Das hier in Lateinamerika noch ein weiter Weg zurückzulegen sei, machten die Nachwuchspolitiker in ihren Kommentaren deutlich. Die Unterfinanzierung der Politik und häufige Abhängigkeit von privaten Spenden reicher Konsortien oder Oligarchen verkaufe zu oft politische Anliegen an den Meistbietenden.

Die Nachwuchspolitiker dankten den deutschen Abgeordneten für den Blick über den Tellerrand. Die konkreten Beispiele motivierten viele, das Gehörte in ihre Parteien zuhause einzubringen.

David Brähler

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