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Veranstaltungsberichte

Klimawandel, Umwelt und indigene Völker: Das Recht auf Konsultation

Workshop

Am 26. April fand in Belem, Brasilien, ein Workshop zum Thema "Klimawandel, Umwelt und indigene Völker: Das Recht auf Konsultation" statt. Der Workshop wurde vom PPI und vom Forum Amazonia Sustentable organisiert. Experten zahlreicher Länder wurden eingeladen.

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Am 26. April wurde einen Workshop über das Thema „Klimawandel, Umwelt und Indigene Völker: das Konsultationsrecht“ durchgeführt. Dieser wurde in Belem, Brasilien, vom PPI gemeinsam mit dem Forum de Amazonia Sustentable organisiert. Das Ziel war eine Podiumsdiskussion zwischen den verschiedenen Akteuren, die das Thema betrifft, wie Indigenen, Politikern und Unternehmen, zu ermöglichen.

Internationale wie nationale Experten wurden dabei eingeladen, um über das Thema zu diskutieren. Unter den Gästen befanden sich die peruanische Abgeordnete der christdemokratischen Partei PPC, María Soledad Pérez; der ehemalige Verfassungsrichter Boliviens, Marco Antonio Baldivieso; der kolumbianische Sekretär für Ethnien der konservativen Partei PCC, Alexander Ruiz; der Abgeordnete der Volkspartei Panamas, Irene Gallego; der stellvertretender Bürgermeister von San Gabriel de Cachoeira, André Fernando; und der Staatsanwalt von Pará, Felício Pontes. Diese Gäste waren Teil des Workshops sowie Vortragende bei dem nachfolgenden Seminar (der entsprechende Bericht ist ebenfalls auf der PPI Homepage zu finden).

Weiter geladene Gäste des Workshops waren verschiedenen indigene Vertreter aus Brasilien, wie Puyr Tembé und Edna Marajoara; die Direktorin für Nachhaltigkeit, Carla Duprat, und der Manager für Nachhaltigkeit, Kalil Farrán, des Unernehmens Grupo Camargo Correa; ein Vertreter der Abteilung „Sozialer Dialog“ des Generalsekretariats des Präsidialamtes, Thiago García; ein Vertreter der nationalen Stiftung für Indigene FUNAI, Juscelino Bessa; sowie eine weitere Vertreterin der Staatsanwaltschaft von Pará, Eliane Moreira.

Das Ziel des Workshops war es Übereinstimmungen bezüglich des Themas zwischen den Politikern, den Indigenen und den Unternehmern zu finden. Der Workshop wurde mit einer kurzen Zusammenfassung des Konsultationsrechts in den entsprechenden Ländern eingeleitet. Danach wurde eine umfassende Debatte eröffnet.

VORTRÄGE

André Fernando, dem indigenen Volk „Baniwa“ aus Brasilien angehörig, versicherte dass ein relevanter Zusammenhang zwischen den indigenen Völkern und dem Klimawandel besteht, da die Indigenen durch ihren traditionellen Lebensstil sich besonders betroffen durch den Klimawandel sehen. Trotz dieser Betroffenheit, werden die indigenen Völker nicht immer bei Fällen, die sie betreffen könnten, befragt oder richtig befragt. In Brasilien existiert eine reichliche Gesetzgebung bezüglich indigener Rechte (190 Normen), die aber nicht umgesetzt werden; die Reglementierung der Normen ist rechtshängig. Außerdem gibt es keine klare Entscheidung darüber, was befragt werden muss. Deswegen wird zurzeit in Brasilien Wert auf Fortbildung bezüglich folgender Fragen gelegt: was soll befragt werden, wer soll befragt werden, wer kann die Befragung in die Wege leiten, wann soll diese stattfinden und welche Auswirkungen haben die Ergebnisse.

Alexander Ruiz hob die Wichtigkeit eines Gesetzes über das Konsultationsrecht hervor, das als Verhandlungsmittel benutzt werden kann. In Kolumbien hat der Prozess der Anwendung des Konsultationsrechtes 20 Jahren gedauert. Es war mühevoll verständlich zu machen, dass das Konsultationsrecht eine Chance für die Entwicklung der indigenen Völker sein kann. In diesem Sinne ist die legislative Grundarbeit von höchster Wichtigkeit, um dem Staat zu verdeutlichen, inwiefern ein effizienter Konsultationsprozess bei der Schaffung von erfolgreichen und schlagkräftigen Entwicklungsplänen helfen kann.

Eliane Moreira glaubt, dass die Hauptbetroffenen des Klimawandels die indigenen Völker sind. Sie legte Nachdruck auf die Wichtigkeit, die Menschenrechte zu bewahren und auf die Rolle des interamerikanischen Gerichtshofes, um diese Rechte zu sichern. Felício Pontes fügte dem hinzu, dass ein wichtiges Recht der indigenen Völker das Konsultationsrecht sei. Besonders in Brasilien fehlt Aufklärung was dieses Thema angeht. Die Befragung muss frei, vorherig und informiert sein, sonst wird dieses Recht missbraucht.

Der Abgeordnete Irene Gallego betonte, dass zurzeit in Panama das Konsultationsrecht Betreff eines Vorentwurfs für ein Gesetz bei der Kommission für indigene Angelegenheit sei. 1938 wurde die erste indigene Autonomie Kuna Yala gegründet, wo zum ersten Mal das Konsultationsrecht erwähnt wurde. Gesetzlich existieren auch weitere indigenen Autonomien, von denen manche über die Verwendung von natürlichen Ressourcen entscheiden. Trotzdem hält der Staat an der Einmischung in die Angelegenheiten der indigenen Autonomien fest. Das Gesetz des 11. März 2012 der indigenen Autonomie „Ngäbe-Buglé“, Artikel 3, versichert, dass keine Mineral- oder Wasserressourcen ausgebeutet werden dürfen, ohne vorheriger Genehmigung der Angeborenen mittels eines Volksentscheids. Trotz dieser Werdegänge, wird das Konsultationsrecht in vielen Fällen immer noch nicht beachtet. Die Lizenzgebühr der Ausbeutung von Minen in Panama ist 4%, von denen man nicht genau weiß, wieviel an die indigenen Völkern geht. Andererseits kommt es oft vor, dass indigene Völker selber einen Mangel an Informationen und Vorbereitung haben, um Staats- und Betriebsangebote bewerten zu können und um mit dem Staat und den Unternehmern einen konstruktiven Dialog aufnehmen zu können. Der Abgeordnete denkt, dass eine Lösung dieses Problems die Bildung und Vorbereitung der Indigenen sei, um in der Zukunft wirkliche Verantwortung übernehmen zu können.

Juscelino Bessa (FUNAI) betonte, dass das Hauptproblem die geringe Anpassungsfähigkeit der Konsultationsprozesse an die Lebensrealitäten der indigenen Völker in Brasilien sei. Es existiert nicht eine ausreichende Vorbereitung, damit sich eine vorherige und informierte Befragung in die Tat umsetzen kann, wie es in der Konvention 169 der ILO vorgeschrieben ist. Dazu muss man berücksichtigen, dass die Mehrheit der indigenen Völker aus dem Amazonasgebiet in prekären Situationen leben. Welche Mechanismen wären geeignet, um diese indigenen Völker zu befragen? Der Staat hat sich bisher nicht gut genug vorbereitet, so Bessa. Mehrmals sind die Konsultationsprozesse gescheitert, weil kein Übersetzer aus dem Portugiesisch in die indigene Sprache zur Verfügung stand. Auf diese Weise ist das Konsultationsrecht in Brasilien, laut Bessa, eine Utopie.

Marco Antonio Baldivieso bekräftigte, dass 62% der bolivianischen Bevölkerung indigener Herkunft seien und 2/3 der Landfläche sich im indigenen Gebiet befinde. Außerdem ist der bolivianische Präsident Indigen und viele Indigene sind in der öffentlichen Verwaltung tätig. Aktuell wurde die Debatte um das Konsultationsrecht in Bolivien durch die Geschehnisse um den TIPNIS (Nationalpark Isiboro Sécure) wieder aufgegriffen. Die Notwendigkeit neuer Instrumente rund um das Konsultationsrecht für indigene Völker, Staat und Unternehmen liegt darin, die Konsultationsprozesse gewaltlos und ohne Druck zu gestalten, um so den Dialog und die Absprache zu fördern.

Edna Marajoara fügte hinzu, dass für diese Debatte das Nagoya Protokoll der Vereinten Nationen über den „Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt“ von höchster Wichtigkeit sei. Das Protokoll von Nagoya strebt danach, die Biopiraterie zu verhindern, also die unrechtmäßige Aneignung von genetischen Ressourcen ohne die Erlaubnis von den jeweiligen Ländern. Dieses Protokoll hat auch zum Ziel, die technologische Lücke zwischen den Entwicklungsländern (biodiversitätsreich und Genetikressourcenanbieter) und den entwickelten Länder (Benutzer von genetischen Ressourcen) zu verringern und Anreize für den Erhalt und die nachhaltige Benutzung der biologischen Vielfalt zu schaffen.

María Soledad Pérez erläuterte, dass bereits eine weitgehende auf dem Thema bezogene Regelung existiert, wie die Konvention 169 der ILO, die Normen des interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere der Artikel 21, und die Deklaration der Vereinten Nationen über die Rechte der Indigenen Völker. In der peruanischen Verfassung, in der vierten End- und Übergangsbestimmung, Artikel 5, wird das Konsultationsrecht erwähnt, wofür bereits eine Ausführungsbestimmung existiert und die gesetzliche Regelung im Vorgang ist. Trotz dieser Fortschritte, wurden die vorherigen Probleme nicht überwunden und die Debatten finden unter Informationsmangel statt. Peru leidet weiterhin an Diskriminierung und einem Mangel an Autoidentifizierung mit dem Indigenen, der vor allem bei den Quechuas zu beobachten ist. Die indigenen Völker finden nur zueinander auf Grund von gemeinsamer Feinden, nicht aber gemeinsamen Interessen. Es existieren noch Schwierigkeiten in den Bereichen der Vertretung und der Demokratievorstellung und die Weltanschauung der indigenen Völker wird nicht berücksichtigt. Die Abgeordnete behauptete, dass die Frage der Plurinationalität die Peruaner erschreckt, weil sie diese Frage mit dem Problem der Zersplitterung des Gebiets verwechseln. Soziale Konflikte, die sich aus der fehlenden Kontrolle des Staates ergeben, wachsen stetig. Auch sind noch immer Probleme in der Implementierung des Konsultationsrechtes festzustellen. Die Gesprächspartner sind nicht geltend oder waren ursprünglich geltend aber haben ihre Legitimität, hauptsächlich wegen finanziellem Druck, Verständigungsmangel, Angst vor dem Prozess, Mangel an ehrlichen Absichten und Radikalismus verloren. Zu diesen Gesprächspartnern gehören einige NGOs, so wie indigene Organisationen. Die Abgeordnete deutete auf die noch offenen Fragen hin, die sich auf die verschiedenen Entwicklungsvisionen beziehen, so wie auf wer befragt werden soll, wie die Befragung ablaufen soll, was befragt werden kann, warum eine Befragung entstehen muss und mit welchen Aussichten die Befragung gemacht werden sollte.

Thiago García stellte die Position der brasilianischen Regierung dar. 2003 hat Brasilien die Konvention 169 der ILO in Kraft gesetzt. Da diese Konvention Gesetzeskraft hat, ist sie „selbst anwendbar“. 2011 wurde Brasilien in einer vorläufigen Liste von verschiedenen Kriterien für die Analyse der Anwendung der Normen der ILO eingetragen. Das Analysekomitee kritisierte Brasilien, weil Brasilien die Bedingungen der Konvention über das Konsultationsrecht der indigenen Völker nicht erfüllt habe. Als Reaktion forderte Brasilien aus der Liste entzogen zu werden, da Brasilien jetzt wohl doch zwei der Bedingungen vollführt habe: Erstens, erkennt der brasilianische Staat die Gemeinschaften Quilombolas als Völker und somit als Gegenstände der Konvention 169 an; zweitens, verpflichte sich der Staat dazu, einen Reglementierungsprozess dieser Konvention zu schaffen. Dafür sei eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe mit der Beteiligung von Vertretern von 22 Ministerien gegründet worden, deren Arbeit eine Wirkung über die indigene und quilombolas Völker haben soll. Das Ziel dieser Arbeit sei es einen Reglementierungsvorschlag der Konvention 169 zu unterbreiten, insbesondere was der vorherige und informierte Konsultationsprozess angeht. Außerdem wurde ein Dialog zwischen Experten und indigenen Völker, Quilombolas Gemeinschaften und andere traditionelle Gemeinschaften, eingeführt. Vorausgesehen wurde, dass diese Arbeit in 180 Tagen durchgeführt werden müsse. Die Arbeitsgruppe hat aber eine Verlängerung bis Ende 2013 beantragt. Das Ziel des Staates mit dieser Arbeitsgruppse ist in dem Konsultationsprozess zwei Aufgaben erfüllen zu können: einerseits bilden und diejenigen informieren, die später befragt werden und anderseits befragen. Demzufolge warf die Arbeitsgruppe fünf Fragen auf: Was muss befragt werden? Wer muss befragt werden? Wer muss die Befragung durchführen? Wann muss die Befragung stattfinden? Welche Auswirkung wird die Befragung haben; ist sie bindend oder nicht? García erklärte zum Schluss noch die Komplexität dieses Prozesses, denn die Rechte dürfen durch die Reglementierung nicht verringert werden. Deswegen muss der Prozess vorsichtig durchgeführt werden.

DEBATTE

Den Vorträgen folgte eine rege Debatte. Der ehemalige Verfassungsrichter Boliviens begann mit der Beantwortung von Garcías Fragen. Als er noch Verfassungsrichter war, fällte Marco Antonio Baldivieso das bolivianische Verfassungsgerichtsurteil, das mit der Unterstützung der Rechtsprechung des interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte und anderer internationalen Instrumente viele dieser Fragen beantworten sollte.

Hinsichtlich darauf, was befragt werden soll, lautete das Verfassungsgerichtsurteil: ein indigenes Volk muss befragt werden, wenn ein Beschluss die Kultur, das Gebiet oder die Interessen der Indigenen betrifft, genauer gesagt, wenn ein Projekt große Auswirkungen über die Kultur, das Gebiet und die Interessen der indigenen Völker aufweist, wenn Maßnahmen für die Einlagerung von Giftmaterialien getroffen werden oder wenn der Staat das Lebensumfeld indigener Völker verlagern möchte.

Bezüglich darauf, wer befragt werden soll: im Grunde genommen setzte in Bolivien das erwähnte Urteil fest, dass die indigenen Völker befragt werden müssen, die schon immer auf diesen Gebieten ansässig waren. Andere Personen, die nicht zur indigenen Kultur gehören aber auf indigenem Gebiet wohnen, sollten nicht befragt werden.

Hinsichtlich darauf, wer die Befragung durchführen soll, antwortete das Verfassungsgericht: der Staat nicht; er sollte aber an dem Gesamtprozess teilnehemen. Diejenigen, die die Befragung durchführen sollten, ist der Ombudsmann, Journalisten und internationale Organisationen, wie das interamerikanische Gerichtshof. Es sollte eine Entität geschaffen werden, um den Konsultationsprozess zu begleiten, bestehend aus Vertretern des Staates, Indigenen und Bürgen, die einen transparenten Prozess garantieren sollen.

Bezüglich darauf, wann die Befragung durchgeführt werden soll: in Bolivien, zum Beispiel, im Falle des TIPNIS, wurde die Bevölkerung befragt, als 2009 die Aufträge für den Bau der Straße, die den TIPNIS durchqueren sollte, mit den Firmen schon unterzeichnet wurden. Die Befragung ist nicht mehr legitim, wenn die Entscheidungen schon getroffen worden sind. Die indigenen Völker und die Gemeinschaften sollten bei dem Vereinbarungsprozess Teilnahme haben, so wie auch bei den entsprechenden Gesetzesentwürfen (zum Beispiel an dem Gesetz der vorherigen und informierten Befragung). Die Unternehmer selber sollten die Erfüllung des Konsultationsrechtes von dem Staat verlangen, um nicht das Risiko einzugehen, auf internationaler Ebene angeklagt zu werden. Die Verweigerung des Konsultationsrechtes hat unter anderem die Gewalt zur Folge.

Bezüglich auf die Auswirkung der Befragung, hat diese zwei: 1. die Zustimmung und 2. das Konsultationsrecht als ein s der verschiedenen indigenen Rechte. Die Zustimmung hat zur Folge, dass die Befragung immer durchgeführt werden muss. In der Zukunft wird sich die Befragung wahrscheinlich auch auf andere Bereiche, wie Bildung, Gesundheit und Kulturpolitik erweitern. Die Zustimmung unterscheidet sich von der Befragung an sich, da die erste sich auf die Erlaubnis des betroffenen indigenen Volkes bezieht, in dessen Gebiet und Interessen durch bestimmte Pläne einzugreifen. Die indigenen Völker haben in diesem Fall ein Vetorecht, dem sich der Staat unterwerfen muss. In Bolivien kann diese Entscheidungsverfügung in einem Zeitraum von 20 Jahren überarbeitet werden, um das Recht der neuen Generationen zu respektieren, die Entscheidung zu verändern. Auf normativer Ebene muss das Konsultationsverfahren gesichert werden, aber die Beteiligten müssen in gutem Glauben handeln.

Eliane Moreira hob eine Reihe von internationalen Dokumenten hervor, die berücksichtigt werden sollten. Frau Moreira wies auf die Schwierigkeiten ein multiethnisches Land zu sein hin; dazu gehört auch der rechtliche Pluralismus. Sie befürchtet, dass man versucht, den Prozess der Vorbefragung zu vereinheitlichen, weil der Findungsprozess eines einzigen Gesetzes in sich selbst widersprüchlich sei. Es wäre angebrachter, wenn jedes Volk seine eigenen Normen und seine zu Schlussfolgerungen führende Wege habe. Diese sollten respektiert und berücksichtigt werden, vor allem wenn es um seine Entscheidungsweise geht. Die Regel, die danach strebt, ein gleiches Verfahren für alle durchzusetzen, berücksichtigt keine Vielfalt.

Edna Marajoara hob hervor, dass die entsprechende Information den indigenen Völkern übermittelt werden muss und dass diese das Recht haben eine Vorbefragung abzublocken. Sie haben das Recht darauf, „nein“ zu sagen. Frau Marajoara denkt nicht, dass die Vorbefragung nur die Befugnis des Staates sei, sondern dass ein Unternehmen auch teilnehmen und die Befragung durchführen könnte. Was die Ehrlichkeit der Befragung angeht, sollte der Schutz oder die Beaufsichtigung des Staates gegeben sein und die Information und Studien in die indigene Sprache übersetzt werden. Die Rednerin hält es für wichtig, dass, einerseits, die Konsultation vor dem Beginn des Projekts stattfindet; anderseits, wie gesagt, muss der Vorbefragungsprozess von dem Staat durchgeführt werden, auch von den Unternehmen, aber nur mit Beaufsichtigung des Staates.

Alexander Ruiz äußerte, dass der Respekt in einer Vorbefragung wesentlich ist. Die indigenen Völker sind Teil der Gesellschaft und somit des Staats; die Interessen des Staates müssten auch die der indigenen Völker ansprechen. In Kolumbien wurde eine Instanz im Regierungsministerium geschaffen, aus hohen Beratern bestehend, die zwischen den Gebietsbehörden, den vorher identifizierten und territorialen Einheiten und dem Staat vermitteln. So kann Vorarbeit im Konsultationsverfahren erreicht werden, die das Verfahren an sich einfacher machen. Der Staat muss die Unternehmen über das Vorbefragungsverfahren aufklären, damit diese wissen, welche Rolle ihnen zusteht.

Der indigene Abgeordnete, Irene Gallego, legte fest, dass kein Dialog über das Verständnis des Entwicklungskonzeptes stattfinde. Anscheinend wird die Vorbefragung nur einseitig betrachtet. Die Indigenen verstehen unter Entwicklung im westlichen Sinne Großstadtmodernisierung. Zum Beispiel wollte die Regierung von Panama das Bergrecht verändern, damit mit fremden Regierungen verbundene Institutionen Bergprojekte in Panama entwickeln können. Als das Gesetz 1008 genehmigt wurde, demonstrierten die indigenen Völker und zwangen die Regierung dazu, das Gesetz außer Kraft zu setzen. Deshalb müssen die Befragungen mit der indigenen Entwicklungssichtweise und der Teilname des betroffenen Volkes durchgeführt werden. Die Lebensweise der indigenen Völker muss respektiert werden und dieser Respekt bedeutet das Recht der Vorbefragung zu beachten. Indigene Berater, die die Weltanschauung der indigenen Völker kennen und die in der Vergangenheit geholfen haben, indigene Forderungen bekannt zu geben, sollten an dem Konsultationsprozess teil haben. In Panama haben die indigene Autonomien eigene Gesetze und eigene Regelungen, die im Großen und Ganzen respektiert werden, außer einige Autonomien, wo Gesetze noch nicht formuliert wurden.

Thiago García hob hervor, dass viel mehr Fragen als Antworten vorliegen. Der Konsultationsprozess sollte keine festen Regeln durchsetzen: die Leitidee des Konsultationsrechts ist eben nicht ein durchsetzendes Mittel darzustellen. Die Diskussion in diesem Workshop und die daraus folgenden Frage sind ein Anfang und streben danach, das festzustellen, was nicht gemacht werden sollte. Es bleibt klar, dass es nicht zu einem auf Finanzmittelverteilung gegründeten Konsens führen darf oder zu einem bedingtem Konsens, wie zum Beispiel der Bau von Krankenhäusern. Es ist kein Volksentscheid in dem die indigene Gemeinschaft „ja“ oder „nein“ zu sagen hat. Das Konsultationsrecht muss eher als ein ununterbrochener und offener Dialog gesehen werden, der in dem indigenen Gebiet und in indigener Sprachen vollzogen werden sollte.

Puyr Tembé stellte die Effektiviät der Konvention 169 der ILO in Frage. Brasilien beachte die Konvention 169 nicht, was sich in dem Fall des Wasserkraftwerks in Belomonte widerspiegelt.

André Fernando wies darauf hin, dass hinsichtlich des Konsultationsrechtes die Entscheidungsmacht berücksichtigt werden müsse und nicht nur die Regelungsweise der Befragung. Herr Fernando macht sich Sorge um die Macht des Staates, der indigene Völker enteignen könne, wenn er darin eine Angelegenheit für das nationale Interesse sehe.

Die Abgeordnete María Soledad Pérez vertiefte, dass eine rechtliche Antwort existiere, wie Herr Baldivieso vorhin erläutert habe. Aber in der Praxis wird das Konsultationsrecht nicht umgesetzt. In Peru, zum Beispiel, zeigte der Fall des Bergbaus Conga die Mängel, die der Staat bezüglich der Vorbefragung aufweist. Als der Premierminister sich mit dem Apu Aguajun (der Stammesführer der Aguajun) deswegen zusammensetzte, befestigte der Apu Aguajun, dass er sich mit seinem Volk besprechen müsse, bevor irgendeine Entscheidung getroffen werden könne. Der Staat betrachtete sein Verhalten als unnachgiebig, während die Absprache mit dem Dorf in Wirklichkeit die traditionelle Vorgehensweise der Aguajun ist. Wenn staatliche Instanzen versuchen, ohne Kenntnis der entsprechenden Vorgehensweise zu verhandeln, kann die Verhandlung nur scheitern. Wie Eliana Moreira es erwähnt hatte, können nicht alle in diesem Workshop auftauchenden Fragen mit internationalen Maßnahmen gelöst werden. Aber gleichzeitig sind Normen und Gesetze als Mindestschutz notwendig.

Zurzeit hat Peru mit Brasilien einen Vertrag in Bezug auf zwei Wasserkraftwerke unterzeichnet, welches die Verlegung von indigenen Völkern voraussetzt. Dies zeigt, dass nationale Interessen privilegiert werden. Ausgehend davon sollte die Debatte gehen: Wie vereinbart man die Armut eines Landes, welches Entwicklung braucht, mit den legitimen Rechten und Forderungen der Indigenen? Die Rechte, weder von Indigenen noch von anderen, dürfen missachtet werden. Die Armut könnte dank der Gewinne aus der Ressourcenausbeutung bekämpft werden, aber wie soll diese Ausbeutung vollzogen werden, ohne den indigenen Völkern zu schaden? Mit Dialog und Respekt.

Eliane Moreira äußerte, dass die Wortmeldung von Herrn Baldivieso wichtige Richtlinien über die Regelung des Konsultationsrechtes gegeben habe. In der Regelung müssen allgemeine Prinzipien wie die Transparenz, der Dialog und der gute Willen enthalten sein, aber keine detaillierte Vorgehensweise, weil die kulturellen Unterschiede berücksichtigt werden müssen. Sie hinterfragte die allgemeine Gegenüberstellung von indigenen Interessen und nationalen Interessen. Auch bemerkte sie, dass die Energie als nationales Interesse offensichtlich sei, aber dass die Debatte sich darum drehen sollte, wie diese Energie erworben werden kann. Auf diese Weise würde die Bevölkerung verstehen, dass diese Gegenüberstellung von Interessen nicht notwendig ist.

Die Vertreter der Firma Camargo Correa bemerkten, dass man versuchen müsse, die lokalen mit den staatlichen und unternehmerischen Interessen zu vereinbaren, was das Leben von allen erleichtern würde. Ohne eine gesunde Gesellschaft, kann es keine wirtschaftliche Entwicklung geben. Die Realität zu verkennen bedeutet auch mit zu vielen Risiken konfrontiert zu werden, wie, zum Beispiel, Auswirkungen in dem Zeitplan und hohe Kosten. Wie wird erreicht, dass die verschiedenen Interessen in Einklang gebracht werden, und wer legt sie fest? Dialog und Informationen sind notwendig um festzustellen, wie man mit verschiedenen Ethnien anhand ihrer Kulturen und Werte arbeiten kann. Für die Unternehmer ist das Konsultationsverfahren neu und sie befinden sich weiterhin im Lernprozess. Die Bauprojekte zur Verbesserung der Infrastuktur, wie Straßen, usw., haben erhebliche Konsequenzen in Hinsicht auf die Umweltverschmutzung, weswegen sich das Unternehmen Camargo Correa schriftlich zum Klimaschutz bekannt hat. Anderseits hat der Klimawandel auch starke Auswirkungen auf die Unternehmen. Diese Lehre wurde aufgenommen und muss in den Befragungsprozessen angewandt werden. Aber was immer noch unklar bleibt ist, welche Kompetenzen dem Staat zufallen, welche der Gesellschaft und welche den Unternehmen. Diese Frage bleibt offen und muss debattiert werden.

Marco Antonio Baldivieso bestätigte, dass die Energie, die Infrastruktur, usw. Interesse von allen sei. Die indigenen Völker verlangen an dieser Entwicklung teilnehmen zu können, aber unter Beachtung ihrer Sichtweise der Entwicklung. Sie können entscheiden, nicht mit der westlichen Sichtweise einverstanden zu sein. Das Vorbefragungsverfahren versichert einen Dialog, wie gewisse Projekte für alle von Vorteil sein können. Das Verfahren bezieht sich nicht nur auf die Auswirkungen auf die Umwelt, sonder auch auf die gesellschaftlichen und kulturellen. Herr Baldivieso wiederholte die Wichtigkeit nicht einen einzigen Befragungsprozess zu schaffen, um die Heterogenität der Völker zu respektieren. Allerdings besteht trotzdem die Notwendigkeit Prinzipien und allgemeine Normen zu etablieren, um durchschaubare, partizipative und ehrliche Vorbefragungsverfahren zu garantieren. Deswegen schlug er vor, eine Frage mehr bezüglich des Befragungsprozesses einzuführen: Wie wird die Befragung durchgeführt?

Jusselino Bessa sprach die Schwierigkeit an, Kommunikationsmechanismen ohne die Beteiligung des Staates zu erstellen. Die Verantwortung für Gesundheit und Bildung kann nicht auf die Unternehmen übertragen werden. Laut Bessa, sorgt der Staat dafür, dass die indigene Entwicklungssichtweise auf Grund der Zerbrechlichkeit der indigenen Völker pessimistisch bleibe. Die indigenen Völker haben manchmal keine Auswahl an Möglichkeiten, da sie Grundbedürfnisse haben, die vom Staat nicht erfüllt werden, was dazu führt, dass die indigenen Völker jedes Angebot des Staates annehmen. Diese Unsicherheit stellt eine Schwierigkeit dar.

Schließlich machte die Abgeordnete María Soledad Pérez darauf aufmerksam, dass die Konvention 169 in einem Bericht über die Zwangsarbeit ihren Ursprung hat. Dieser Bericht stellte fest, dass 80% der Zwangsarbeiter indigene Frauen und Männer seien. Dieser Fakt zwingt dazu neue Formen der Konflitlösung zu finden, die den Staat, die Unternehmen und die indigenen Völker berücksichtigen. Die Realität zeigt, dass der Mangel an Maßnahmen von Seiten des Staates dazu beiträgt, dass die indigenen Völker weiter in Armut leben und es weiter Ungleichheiten gebe, die die indigenen Völker abhängig vom Staat mache. Ein Vorbefragungsprozess sollte nicht eine bürokratische Barriere darstellen, sondern derAuslöser für einen demokratischen Dialog sein. Zurzeit ist ein Dialog auf gleicher Augenhöhe nicht gegeben, da die indigenenVölker nicht informiert sind. Die Dialogpartner müssen gleiche Voraussetzungen haben; ein Dialog muss gleich sein und muss als Ausgangspunkt verstanden werden und nicht als Ziel.

Kalil Farrán des Unternehmens Camargo Correa drückt seine Sorge aus, dass die öffentlichen Ausschreibungen nicht die Sozial- und Umweltkosten abwägen. Oft werden Dienste von Unternehmen in den indigenen Gemeinschaften geleistet, zum Beispiel der Bau von Krankenhäusern, weil die öffentliche Infrastruktur nicht vorhanden oder mangelhaft sei. So tragen die Unternehmen zur Entwicklung der Gemeinden bei, was auch berücksichtigt werden sollte.

Zusammenfassend kann die Wichtigkeit des Dialogs zwischen alle Beteiligten im Vorbefragungsprozess hervorgehoben werden. Nur durch Dialog können die genannten Zweifel und Fragen aufgeklärt und neue Wege der Konfliktlösung identifiziert werden..

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