Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

PPI-Expertenbeirat

Viertes Treffen

Vom 6. bis zum 7. Oktober fand das vierte Treffen des Expertenbeirats des Regionalprogramms „Politische Partizipation Indígena“ (PPI) der Konrad-Adenauer-Stiftung in Oaxaca, Mexiko, statt. Der Expertenbeirat des PPI trifft einmal im Jahr zusammen und schlägt dem PPI Themen und Methodologien für das Folgejahr vor. Die Teilnehmer waren Marco Mendoza aus Bolivien, Andres Jouannet aus Chile, Catalina Soberanis und Simeon Tiu aus Guatemala, Griselda Galicia aus Mexiko, Guillermo Padilla aus Kolumbien, Josue Ospina aus Panama und Mirva Aranda aus Peru.

Asset-Herausgeber

Dieser Expertenbeirat diente vor allem dazu den neuen Direktor des PPI vorzustellen, Herrn Maximilian Hedrich. So konnte der neue Direktor eine Übersicht über die Situation der indigenen Völker Lateinamerikas bekommen und die Experten besser kennenlernen.

Was die Länderberichte betrifft, so fing Mirva Aranda aus Peru an zu berichten. Sie kommentierte, dass Peru kurz vor den Kommunalwahlen stehe. Das indigene Thema sei dabei präsent, da das Native Quotengesetz vorsehe, dass 15% der Kandidaten indigener Herkunft sein müssen. Dies ist allerdings nur gültig für die Tieflandindigenen aus der Amazonasregion, denn die Hochlandindigenen seien nicht als „indigen“ anerkannt. Das Kulturministerium sei die Instanz, die dafür verantwortlich ist zu identifizieren wer indigen ist und wer nicht und eine Datenbank aufzubauen. Das Kulturministerium realisiere gerade eine Antidiskriminierungskampagne und biete Ausbildungen an für indigene Übersetzer (vor allem wichtig für rechtliche Klagen). In der Judikativen gäbe es auch Fortschritte: ein Büro für Frieden und indigenen Recht sei aufgemacht worden. Das Bildungsministerium gründete ein Gremium zur Koordinierung mit den indigenen Organisationen, vor allem um die Interkulturelle Bilinguale Bildung zu debattieren. Diese Fortschritte seien zwar löblich, allerdings gäbe es noch viel tun was das indigene Thema betreffe. Das Konsultationsrecht, zum Beispiel, ist noch immer umstritten, denn, obwohl es ein Gesetz gäbe, die Normen seien weiterhin restriktiv und zum Nachteil der indigenen Bevölkerungsgruppen. Dies seien die Schlussfolgerungen nach 18 Konsultationsprozessen. Weitere wichtige Themen für die indigenen Völker in Peru seien der Menschenhandel, der Klimawandel und die kulturelle Identität.

In Panama sei die Lebenserwartung auf 64 Jahre gesunken, so Josue Ospina. Die Armut sei vor allem ein Problem der indigenen Völker. Um politische Maßnahmen zu ergreifen, gäbe es zurzeit fünf indigene Abgeordnete; vier gehören der PRD an und einer der Partei Demokratischer Wandel. Keiner dieser Abgeordnete sei von Darien, ein indigenes Territorium oder Comarca, welches sich aber an westliche Strukturen angepasst habe. Gerade denke man an die Schaffung eines Ministeriums für indigenen Angelegenheiten; ein Vizeministerium gäbe es bereits. Dies ist besonders wichtig wenn man in Betracht ziehe, dass am 12. Oktober die ILO-Konvention 169 ratifiziert werde. Bis Datum hätte es Bedenken gegeben vor allem wegen arbeitstechnischen Themen. Wichtige Themen im Bezug zu den indigenen Völkern seien natürliche Ressourcen, Klimawandel und Entwicklungspläne. Bezüglich des ersten Themas, die Wachstumsrate liegt in Panama gerade bei 10%. Die bedeute allerdings auch eine steigende Notwendigkeit von Energie. Viele der Wasserkraftwerke seien auf indigenen Territorien zu finden. Der Widerstand der indigenen Völker habe die Bauten gestoppt und immer mehr Konflikte fordern schnellere Antworten. Vor allem die Volkspartei (Partido Popular) habe einen Plan ausgearbeitet, aber nicht in die Tat umgesetzt. Bezüglich des Klimawandels, viele indigenen Völker, wie zum Beispiel die Gunas, müssen ihre Lebensräume wegen Überschwemmungen verlassen. Die Entwicklungslpläne führen auch zu Konflikten, da die generisch seien und sowohl indigene als auch nicht indigene Autoritäten oft die Unwissenheit über Lebenstraditionen- und Philosophien nicht kennen.

Mexiko hat ähnliche Probleme wie Panama was die natürlichen Ressourcen angeht. Über 12% der indigenen Territorien wurden Konzessionen für den Bergbau überlassen. Diesbezüglich kam es zu Struktur- und Energiereformen, viele von denen zum Nachteil der indigenen Völker und zum Vorteil der Bergbauunternehmen. Das bedeutet auch, dass das Konsultationsverfahren bis Datum nicht reglementiert ist. Jedoch können Veränderungsprozesse für die indigenen Völker nicht verneigt werden. In Oaxaca, zum Beispiel, hätte es Reformen im Kongress gegeben, zu Gunsten der Vertretung der indigenen Völker und was indigene Wahlkreise betrifft. Die Forderung nach mehr politischer Teilnahme ist präsent, allerdings nicht in politischen Parteien, da diese oft mit Einmischung und Intervention in Verbindung gebracht werden. In Michoacan und Oaxaca wurden jetzt Beratende Räte für indigene Angelegenheiten ins Leben gerufen, die für mehr „Plurikulturalität“ in der politischen Repräsentation dienen sollen. Die Abgeordnetenkammer des Staates von Oaxaca schlage jetzt eine Verfassungsreform vor, die die Präsenz der Afro-Mexikaner steigern soll, aber auch die ILO-Konvention 169 und die freie, vorherige und informierte Konsultation der indigenen Völker.

In Guatemala haben die Friedensabkommen (Acuerdos de Paz) nicht den gewünschten Effekt, laut Catalina Soberanis. Die Armut ist weiterhin sichtbar vor allem in ländlichen Gebieten (rund 81% der Armen leben auf dem Land). Die Departements mit der meisten indigenen Bevölkerung sind auch die Departements, die geringe Werte von menschlicher Entwicklung aufweisen. Gewalt, organisierte Kriminalität und Drogenhandel seien weiterhin sehr präsent in weiten Teilen des Landes. Das Rechtssystem sei für viele Bürger nur schwer zugänglich und es existiere kaum Respekt für den Rechtspluralismus. Bezüglich der politischen Teilnahme, laut Umfragen der Vereinten Nationen, sind die Bürger in ländlichen Gebieten, diejenigen, die den Rechtsstaat am meisten unterstützen. Allerdings unterstützten nur 36.1% den Staat, aber 54% die Gemeindeverwaltungen. Generell könne gesagt werden, dass Guatemala der Demokratie traut, mehr sogar als andere lateinamerikanischen Länder. Trotz alle dem sei die indigene politische Teilnahme noch sehr niedrig. Nur vier indigene Repräsentanten seien Teil der Verfassungsgebenden Versammlung. Auch wenn dank der Friedensabkommen die Gemeinderäte für Urbane und Ländliche Entwicklung (COCODES) gegründet wurden, sind diese nicht nur indigen. Die indigenen Autoritäten und die eigenen politischen Strukturen wurden durch die bewaffneten Konflikte demontiert. Auch wenn es Versuche von Aufrechterhaltung der eigenen Strukturen gab, seien diese eher „westlicher“ Naturen gewesen. Im Jahre 2015 gäbe es Wahlen, für die die indigenen Bevölkerungsgruppen eigene Sitze im Parlament fordern. Dies wurde von dem Verfassungsgericht abgelehnt. Die Indigenen wollen, laut Simeon Tiu, zehn Sitze im Parlament und verhandeln gerade mit den politischen Parteien um dieses zu ermöglichen. Wie in Panama und Mexiko, befinden sich viele natürliche Ressourcen in Guatemala auf indigenem Territorium. Das Konsultationsrecht wird nicht eingehalten, was Konflikte und Gewalt zwischen Staat und indigenen Bevölkerungsgruppen zur Folge hat.

Kolumbien sei das Land mit der meisten Empfänglichkeit für die indigenen Angelegenheiten, so Guillermo Padilla. Die Verfassungsreform von 1991 sieht spezielle indigene Verwaltungsbezirke vor, auch für Afrokolumbianer. Die Initiative die politische indigene Teilhabe zu fördern, stamme von den indigenen Organisationen. Am Anfang sei die Wirkung der indigenen Völker auf das Parlamente gering gewesen, bis die indigenen Repräsentanten sich in die Systematik eingearbeitet hätten. Jetzt hat sich die Lage geändert. Bezüglich des Konsultationsrechts, zum Beispiel, können in Kolumbien aktuell von über 200 Konsultationsprozessen gesprochen werden. Trotzdem gäbe es noch Probleme. Viele Indigenen leben weiterhin in extremer Armut und da die wertvollen Ressourcen oft auf ihren Territorien zu finden sind, müssen viele ihre Länder verkaufen. Der Präsident von Kolumbien, Santos, hat einen Unternehmer als Minister für Umwelt eingesetzt, der die Aufgabe hat, die Konsultationsprozesse zu beschleunigen. Dies ist nicht im Sinne einer Konsultation, denn diese brauche Zeit und müsse sich an die Gewohnheiten der indigenen Völker anpassen, die sehr zeitaufwendig sein können.

Die indigenen Völker in Chile, im Gegensatz zu Kolumbien, waren und sind weiterhin von politischen Prozessen ausgeschlossen. Vor allem das Volk der Mapuches fordert mehr Teilhabe. Zurzeit ist die Region der Araucania, aus der die meisten Mapuches stammen, Ort von Gewalt wegen Protesten. Der Gouverneur der Araucania, der mapuche-abstämmige Francisco Huenchumilla, versucht zwischen den Mapuches und dem Staat zu vermitteln. Einige politische Parteien, wie die Christdemokratische Partei (PDC), schlagen vor, dass jedes indigene Volk einen eigenen Rat haben sollte um mit dem Staat zu kommunizieren. Auch wird die Schaffung eines Ministeriums für indigenen Angelegenheiten vorgeschlagen, ein Verfahren, dass gerade konsultiert wird und unter die Aufgaben des Ministeriums für Soziale Entwicklung fällt. Letztlich, und nach dem Beispiel Neuseelands, werde die direkte Repräsentation der indigenen Völker im chilenischen Parlament vorgeschlagen, mit einem Minimum an fünf Abgeordneten und zwei Senatoren. Ein Abgeordnete repräsentiere dabei die indigenen Völker des Nordens, also die Aymaras, Kollas und Diaguitas; ein Abgeordneter sei zuständig für die städtischen Indigenen; ein Abgeordneter für die Rapa Nuis; und zwei für die Mapuches.

Bolivien, laut Marco Mendoza, sei ein vielschichtiges Land und es sei wichtig die Besonderheiten zu kennen. Die Volkszählung vom Jahre 2001 identifizierte die indigene Bevölkerung laut der gesprochenen Sprache. Erst ab der Volkszählung von 2012 nahm man die Autoidentifizierung in Betracht. Das Ergebnis sei gewesen, dass die indigenen Bevölkerungszahl von 61% im Jahre 2001 auf rund 42% im Jahre 2012 sank. In Bolivien wird die indigene Bevölkerung mit „Indigen“, „Ureinwohner“ und „Bauer“ gleichgesetzt, aber nicht alle indigenen Völker sind gleich und können in einen großen Topf geworfen werden. Zum Beispiel leben viele Aymaras und Quechuas in der Stadt und viele aymara- und quechua-sprachige identifizieren sich nicht als indigen. Diese verschiedenen Identitäten wurden vor allem in dem Konflikt rund um das Indigenen Territorium und Nationalpark „Isiboro Sécure“ und in der parteipolitischen Militanz deutlich. Es ist nicht zu verleugnen, dass es viele Fortschritte für die indigenen Völker in Bolivien gegeben habe. So sind zum Beispiel die indigenen Autonomien, die indigenen Parlamentssitze, die Anerkennung der Gemeindedemokratie, usw., zu nennen. Auf der anderen Seite gäbe es auch Rückschritte, so wie das Abgrenzungsgesetz bezüglich des Rechtspluralismus, die Abstriche der indigenen Stadtbezirke, usw. Die Herausforderung sei nun die Rechte der indigenen Völker umzusetzen, vor allem die der Selbstregierung- und verwaltung, und den internen politischen Dialog zu fördern.

Anschließend wurde eine gemeinsame Evaluierung der vom PPI durchgeführten Aktivitäten abgehalten. Vor allem wurde über Partner und Methodologie gesprochen und die neuen Themen für das Jahr 2015 identifiziert. Einige dieser Themen sind indigenen Unternehmer, Klimawandel, traditionelles Wissen, Institutionen für indigene Völker, unter anderen.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber