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Volkszählung 2011/12 in Lateinamerika: Sicht- oder Unsichtbarkeit der indigenen Bevölkerung?

Workshop

Am 12. Juni fand der Workshop "Volkszählung 2011/12 in Lateinamerika: Sicht- oder Unsichtbarkeit der indigenen Bevölkerung?" im Rahmen des gleichnamigen Seminars in Santiago de Chile statt.

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Im Rahmen des am 12. Juni 2012 in Santiago der Chile realisierten Seminars “Volkszählung 2011/12 in Lateinamerika: Sicht- oder Unsichtbarkeit der indigenen Bevölkerung?“, fand ein Workshop mit den Experten und Referenten des Seminars statt.

Die anwesenden Experten und Referenten umfassten unter anderem Fabiana del Popolo, vom lateinamerikanisch- karibischen -Zentrum für Demografie (CELADE)– Abteilung für Bevölkerungsfragen der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik. Álvaro Mauricio Torres, Direktor für öffentliche Politik und innere Entwicklung der ethnischen Gemeinden in Kolumbien (Ecodesarollo). Malvina Ponce de León, Professorin an der Universität Miguel de Cervantes, sowie Direktorin für Sozialarbeit und Vizepräsidentin des Nationalrats für die Sozialarbeiterausbildung in Chile. Wilson Reyes, nationaler indigener Berater und Ex Nationaldirektor der Konföderation für Fragen zur indigenen Entwicklung (CONADI);- María de la Luz Nieto de los Ríos vom Institut für Statistik in Chile; Delmis Pineda, die am statistischen Institut Honduras ansässig ist; Arnulfo Embris Osorio vom mexikanischen Spracheninstitut für indigene Sprachen (INALI) und Miguel Huaracán, Berater für indigene Fragestellungen.

Auch zugegen waren die Repräsentanten der Institutionen die für die Organisation des Seminars und des Workshops verantwortlich waren. Namentlich: Andrés Jouannet, Präsident des Städtischen Forschungsinstituts für ein nachhaltiges Lateinamerika (CICLAS) in Chile. Jorge Maldonado, Vizedirektor für Kommunikation der Universität Miguel de Cervantes. Seitens des PPI waren Susanne Käss als Repräsentantin sowie Claudia Heins als Koordinatorin anwesend.

Die Volkszählung ist von großer Wichtigkeit. Sie wurde zurzeit des Seminars und des Workshops in einigen Ländern der Region ausgeführt. In den letzten Volkszählungen wurde immer mehr Gewicht auf die ethnische Frage gelegt, vornehmlich auf den Aspekt der Selbstkategorisierung der Befragten. Denn nur mit Informationen über die Lebensbedingungen der Indigenen, können geeignete Politikprogramme im Hinblick auf ihre Rechte formuliert werden. Dabei ist eine große Heterogenität bei der Umsetzung der Volkszählungen in den verschiedenen lateinamerikanischen Ländern feststellbar. In vielen Ländern sind die im Zusammenhang mit einer Volkszählung bestehenden Probleme nicht nur technischer sondern auch politischer Natur.

Somit hatte der Workshop zum Ziel, im Sinne der Best Practice einen fruchtbaren Austausch zwischen den eingeladenen Repräsentanten der verschiedenen Länder zu ermöglichen.

Herausforderung Nr. 1: Die Kommunikation zwischen der Regierung und den indigenen Bevölkerungsgruppen. Die Unterredung.

María de la Luz Nieto de los Ríos führte die Schwierigkeiten an, die entstehen wenn es zu einem Gespräch zwischen indigenen Gruppen und der Regierung kommt. So sehe sich die Regierung in solchen Fällen mit einer sehr heterogenen Gruppe an Repräsentanten konfrontiert, die mit unterschiedlichen Verantwortungsgraden und Reichweiten ausgestattet sind. In Chile existiert eine Organisation, die verantwortlich ist für die indigene Politik der Regierung, die CONADI. CONADI hat eine umfassende Mitgliederdatei, die mehr als 5000 Organisationen, Vereine und Entitäten beheimatet, welche sich mit indigenen Belangen befassen. Bei dem Versuch zu dialogisieren, wird häufig deutlich, dass die CONADI den notwendigen Einfluss entbehrt, um eine reibungslose Kommunikation zwischen ihren indigenen Mitgliedern und der Regierung sicherzustellen.

Für die Arbeit von CONADI, urteilte Wilson Reyes, sei die Gesprächsbereitschaft seitens der Regierung fundamental. Der Dialog ist notwendig, doch nur wenn die Regierung die indigenen Völker in die ihr zugedachte Politik mit einbezieht. Die Bevölkerungsgruppen dürfen nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das ist der eigentliche, grundlegende Fehler seitens der Regierung, durch den die Vertrauensbildung schwierig wird. Die Volkszählung ist diesbezüglich nur eines von vielen Beispielen. Grundsätzlich werden die Indigenen bei der Politikformulierung häufig übergangen und wenn dem nicht so ist, haben sie am Agenda Setting keinen großen Anteil.

Miguel Huaracán fasste zusammen, dass CONADI eigentlich nicht als Repräsentation der indigenen Völker betrachtet werden kann, sondern vielmehr als öffentlicher Kommunikations- und Ressourcendistributionskanal der Regierung. Damit sich das ändert müssen die indigenen Völker verfassungsrechtlich anerkannt werden, um so Teil der politischen Willensbildung werden zu können. Nur so können die angemessenen Gesprächspartner für die Regierung ausfindig gemacht werden.

Arnulfo Embris thematisierte das Vorbefragungsrecht in Mexiko. Das Konzept steckt noch in den Kinderschuhen und gilt als unausgereift. Die Berater der CONADI dienten als Vorbild für das mexikanische Modell – den Vorbefragungsausschuss der Nationalkommission für die Entwicklung der indigenen Völker (CDI),- geregelt durch ein Bundesgesetz.

Mexiko ratifizierte die Konvention 169 (Konvention über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern) der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) im Jahr 1992. Doch bis zum Jahr 2002 existierte keine entsprechende Vorbefragungsinstanz für Betroffene. Schließlich einigte man sich darauf, dass der einzurichtende, konsultative Rat entsprechend der indigenen Verhältnismäßigkeiten in den Bevölkerungsgruppen konstituiert wird. Zurzeit wird der konsultative Rat durch 180 indigene Repräsentanten und bis zu acht Beratern in den jeweiligen indigenen Völkern konstituiert.

Nichtsdestotrotz garantiert auch dieses Modell nicht die reibungslose Kommunikation. Aus diesem Grund werden in periodischen Abständen Gesprächsrunden zu den dringendsten, indigenen Fragen organisiert. So z.B. zu den Themen: Grund und Territorium sowie Kultur und Sprache.

Diese Gesprächstafeln werden von, indigenen Führungspersonen und Beamten, die sich mit dem Thema beschäftigen, koordiniert. Dennoch kommt auch hier die Beratung der Indigene häufig zu kurz. Denn die Gesprächsrunden wandeln sich schnell zu Diskussionstafeln, bei denen die Vorbefragung der Bevölkerungsgruppen schnell in den Hintergrund gedrängt wird. Ein weiteres Problem stellt die Rotation unter den indigenen Führungspersonen dar, so erlaubt es diese nicht, dass eine dauerhafte Ansprechperson eingerichtet wird.

Herausforderung Nr. 2: Wie kann sichergestellt werden, dass alle indigenen Völker gleichermaßen gehört, ergo repräsentiert werden?

Andrés Jouannet stimmte mit Wilson Reyes darin überein, dass die Vorbefragung für indigene Bevölkerungsgruppen grundsätzlich Top Down organisiert ist und dass eine Implementierung Bottom Up für den Mechanismus förderlich sei. Hierfür fehlt es jedoch an den erforderlichen repräsentativen Leistungsträgern. Der Staat sei eigentlich auch dafür verantwortlich, die an der Basis befindlichen Kräfte weiter zu stärken, konkretisiert Jouannet.

Herausforderung Nr. 3: Die Verlässlichkeit der Antworten auf die Frage der Auto-Identifizierung in Anbetracht der Volkszählung als staatliches Instrument.

Jorge Maldonado führte an, dass gemäß der Volkszählung in Chile 800.000 bis 1.200.000 Indigene sich als solche identifiziert haben. Man müsse sich weiterhin fragen bis zu welchem Punkt das korrekt ist. Denn viele Indigene verschweigen ihren richtigen Nachnamen aus Angst vor Diskriminierung. Der entscheidende Punkt ist demnach, wie viel Legitimität dem zukommt, der in die Rolle des Fragenden schlüpft. Um zuverlässliche Antworten zu erhalten muss Vertrauen zwischen dem Fragenden und dem Befragten herrschen. Herr Maldonado hat starke Zweifel, ob dieses Vertrauensverhältnis bei der aktuellen Volkszählung besteht. Herr Maldonado fragt weiter, ob in Anbetracht der zweifelhaften Selbst-Identifikation der Befragten, die darauf bauenden staatlichen Politiken überhaupt legitim sind.

Die Aufwertung der indigenen Bevölkerungsgruppen ist eine junge Entwicklung, die wesentlich von dem ILO-Abkommen 169 geprägt wurde. Ein Abkommen, welches erstmals eine Beziehung zwischen Herkunftsland und Territorium herstellt. Diese neue Entwicklung macht vielen chilenischen Unternehmern Angst, da sich ihre Investitionen qua Definition, nun auf indigenen Territorium befinden. Somit herrscht auch bei Nicht-indigenen Akteuren Misstrauen und Angst, was deren Teilnahme an politischen Prozessen für Indigene erschwert.

Miguel Huaracán versteht zwar die Bedenken Jorge Maldonado’s, ist aber der Meinung das erst seit dem Bestehen der ethnischen Herkunftsfrage in der chilenischen Volkszählung im Jahre 1992 überhaupt eine Möglichkeit auf Sichtbarkeit der indigenen Bevölkerung in den offiziellen Statistiken besteht. Zuvor habe die Regierung tendenziell Assimilation gegenüber den Indigenen bestrieben.

Für Mexiko führt Arnulfo Embris an, dass die Daten der Volkszählung einen indigenen Bevölkerungsanteil von 15 Millionen offenlegen. 28 von 300 Bezirken sind qua Überlieferung indigen (nicht autonom). Diese Angaben werden von der Bevölkerung akzeptiert und als richtig anerkannt. Grund dafür sei, dass den einzelnen, indigenen Völkern gezeigt wurde wie die Daten zu interpretieren seien. Damit wurde ihnen für weitere Diskussionen ein wichtiges Informations- wie Verhandlungsinstrument zur Hand gegeben.

Herausforderung Nr. 4: Konstante Erhebungen als notwendige Voraussetzung, um eine sachdienliche Politik betreiben zu können.

Ständige Erhebungen seien eine Notwendigkeit, urteilte Miguel Huaracán. Gerade in Chile würden zwar Erhebungen existieren, doch keine die sich ausschließ mit der indigenen Bevölkerung befasst.

Herausforderung Nr. 5: Die interkulturelle Vision aus staatlicher Perspektive.

Miguel Huaracán fügte hinzu, dass die öffentlichen Institutionen auch in kulturellen Belangen angemessen handeln müssen. Ihr Informationssystem sollte die Lebensauffassung der Anwender und Nutznießer gleichermaßen berücksichtigen.

Herausforderung Nr. 6: Die Erwartungen an die Informationen.

Der Kolumbianer Álvaro Mauricio Torres, stellte klar, dass etliche Akteure auf die Informationen der Volkszählung angewiesen sind. Darunter Regierungsstellen, NGO’s, Universitäten, die indigenen Bevölkerungsgruppen, Stiftungen, etc.. -In Kolumbien wurde eigens eine Instanz aus verschiedenen Akteurs-Gruppen mit einer eigenen Vertretung geschaffen, um bestimmte Informationen anzufordern. Hierbei sei ein besonderes Augenmerk auf die Sprache und die jeweilige Tradition der Akteurs-Gruppe gegeben, da diese eng mit den angeforderten Informationen verknüpft sei. Herr Torres erklärte, dass dieser Kommunikationskanal einen wichtigen Rückkopplungseffekt zwischen den Gruppen und der Regierung hat und es letzterer auch erlaubt die zirkulierenden Information einer Vielzahl öffentlicher Institutionen zur Verfügung zu stellen, die in der Folge entsprechende Politikprogramme formulieren können.

Für eine korrekte und somit hilfreiche Information ist eine Harmonisierung der statistischen Verwaltung substantiell. Weiterhin sind diese Art von Informationen nicht nur mittels kostspieliger und meist ungenauer Volkszählung zu emittieren, sondern können auch aus Studien und wissenschaftlichen Arbeiten hervorgehen.

Arnulfo Embris betonte, dass in Mexiko zwar einzelne Bereiche der Sozialpolitik, wie Gesundheit und Behausung ausreichend statistisch belegt sind,- Erhebungen im Hinblick auf diese Politikfelder unter der indigenen Bevölkerung jedoch noch Mangelware darstellen. María de la Luz Nieto de los Ríos stimmt mit Arnulfo Embris darin überein, dass es nicht ausreicht die ethnische Herkunftsfrage zu stellen. Die Fragen bezüglich indigener Gesundheit und Lebenssituation seien ebenso von Belang.

Im Rahmen der chilenischen Volkszählung, aus dem Jahr 2002, wurden mehrere Kooperationsverträge geschlossen, die dabei behilflich sein sollten eine Vielzahl an statistischen Informationen über die indigene Bevölkerung zu sammeln. So schloss das Planungsministerium, mittels CONADI, ein Abkommen mit dem statistischen Bundesamt (INE), um einen effektiven Abgleich von Informationen in Bezug auf indigene Zugehörigkeit durchzuführen. Obwohl die so gesammelten Informationen von großer Wichtigkeit sind, wurden sie kaum weiter verwendet. Miguel Huaracán befand, dass dies auch an den Charaktereigenschaften der Erhebungsinstrumente liegen müsse, die stark eingeschränkt waren. Auch wurden die Daten nicht online gestellt. Die Informationen hätten insbesondere auf regionaler sowie lokaler Ebene viel bewirken können, kamen in den meisten Fällen jedoch gar nicht erst dort an. Hiermit stimmte auch Frau Nieto de los Ríos überein.

Herausforderung Nr. 7: Der Gebrauch der Informationen zur Formulierung von Politikprogrammen.

Im Fall Mexikos, erklärte Arnulfo Embris, wurden die bei der Volkszählung anno 1990 erhobenen Informationen von der indigenen Rechtsschutzstelle und im Anschluss vom CDI verwaltet. Hierbei sei insbesondere die Handhabung des Datenbanksystems schwierig. So werden die technischen Daten für einen Zeitraum von fünf Jahren als geheim eingestuft und stehen der Forschung nicht zur Verfügung. Obwohl die Daten nach fünf Jahren immer noch von Belang sind, wird auch nach Ablauf dieses Zeitraums die Möglichkeit versäumt fundierte Analysen zu erstellen. In Mexiko wird die Information folgendermaßen bearbeitet: Es gibt die grundlegenden Tabellen sowie Angaben zur territorialen Integration –also die Identifizierung der einzelnen Gemeinden nach Ort. Mit der Gesamtheit dieser Instrumente können entscheidende Indikatoren formuliert werden, die spezifische Fallstudien ermöglichen würden.

Letztlich liegt eine umfassende Menge an Informationen vor, doch mangelt es an Wissen, um diese auszuwerten. Das Bundesamt für Statistik und Geografie (INEGI), z.B. stellt statistische Tabellen zur Verfügung. Doch die indigenen Bevölkerungsgruppen haben weder das Wissen noch die Informationen, die man zur Anwendung dieses Instrumentariums braucht. Aus diesem Grund hat der INEGI kompakte Broschüren veröffentlich, die es den Indigenen ermöglichen kleinere, eigene Studien durchzuführen.

Somit wächst auch bei den öffentlichen Institutionen das Bewusstsein über die fortschreitende Befähigung der indigenen Bevölkerung in der Interpretation der statistischen Ergebnisse, weswegen der Staat sich immer auf die CDI bei der Formulierung ihrer Politikprogramme stützt. In diesem Sinne wurde z.B. entschieden, dass Gemeinden in denen der Anteil der indigenen Bevölkerung min. 30% ausmacht, als indigen angesehen werden und spezifischen Politikprogrammen unterliegen.

Der bestehende Politikdiskurs schließt somit differenzierte Programme für Indigene und nicht Indigene mit ein. Doch zwischen Formulierung und Implementierung dieser ethnisch ausgerichteten Konzepte liegen häufig Welten. Der CDI implementiert zwar Programme mit kulturspezifischer Ausrichtung, die aber nur in den wenigsten Fällen die notwendige Innovation mitbringen. INALI rief z.B. ein Projekt ins Leben, in dem indigene Methodolgien angewendet wurden, um die Beibehaltung und Konservierung indigener Sprachen voranzubringen. Und im Gesundheitsbereich versuchte gar das Bundesinstitut der Indigenen (INI), der Vorgänger des CDI, differenzierte Programme, so wie indigene Medizin in den Krankenhäusern Pueblas’s und Nayarit’s einzurichten. Nachdem dies allgemein als Kompetenzüberschreitung des INI reklamiert wurde -es wurde moniert dass das Sekretariat für Gesundheit hier aktiv werden müsse- endete das Projekt in einer Sackgasse.

Delmis Pineda erzählte, dass in Honduras Projekte zur interkulturellen Erziehung umgesetzt wurden. Solche Initiativen sind insbesondere auf die indigene Repräsentation auf Kongress-Ebene zurückzuführen. Zurzeit gibt es z.B. nur zwei Abgeordnete, die die Misquitos und die Garifunas repräsentieren. Im Politikfeld Gesundheit z.B. müssten differenzierte Politikprogramme implementiert werden. So ergaben die statistischen Erhebungen, dass obwohl die Indigenen von wiederkehrenden Krankheitsbildern heimgesucht werden, das nicht auf alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zutrifft. Befördert durch die hohe Arbeitslosenrate unter den Indigenen kam es zur Einrichtung diverser Arbeitsprogramme für Indigene in der Tourismusbranche. Diese Programme waren insbesondere für die Garifunas und die englischsprachige afro-honduranische Bevölkerung hilfreich. So handelt es sich hierbei um Gruppen die aufgrund ihrer Sprachkenntnisse besonders geeignet sind für diese Tätigkeiten. Die Lencas gingen sogar so weit, eine eigene Touristenroute durch ihren Bezirk „la ruta lenca“ zu konzipieren.

Gemäß Miguel Huaracán wurden die ersten Politikprogramme für Indigene in Chile nach der Volkszählung im Jahr 1992 eingeführt und im Rahmen des Gesetzes für indigene Völker (Ley Indígena). Ein erster Schritt bestand darin, ausfindig zu machen wo die exakten Ballungsräume der indigenen Bevölkerung in Chile sind und welche Charakteristika diese mitbringen. Diese Erkenntnisse gaben Anstoß für die Entstehung indigener Territorien. Der Staat verfügte, in Gestalt des Planungsministeriums, darüber, dass die sektoralen Investitionen an die dort lebenden Bevölkerungsgruppen angepasst wurden. Zudem wurden weitere Politikprogramme realisiert. So z.B. das Gesundheitsprogramm seitens des Gesundheitsministeriums und eines im Rahmen der bilingualen, interkulturellen Erziehung durch das Bildungsministeriums. Die kommunalen wie regionalen Regierungsstellen formulierten Programme die noch akzentuierter sind (Bau von Schulen, Krankenhäusern etc.).

María de la Luz Nieto de los Ríos fügte dem Beitrag Miguel Huaracán’s hinzu, dass sich die wirklich interessanten Beobachtungen in Bezug auf Politikprogramme auf Grundlage der neuen Volkszählungsdaten von 2012 ergeben werden. In Bezug auf die Bereitstellung von Informationen hat Chile erst kürzlich ein Transparenz-Gesetz erlassen; so dass seitens der Regierung jede generierte Information der Öffentlichkeit bereitgestellt werden muss. Somit besteht dann auch keine Geheimhaltungsstufe mehr für die bisher über fünf Jahre unter Verschluss gehaltenen, technischen Daten. Hierzu komplementär, bestehen Bemühungen seitens der CELADE, Indigene für den Umgang mit statistischen Daten fit zu machen. Auf dieser Grundlage sollte es einfacher sein kulturspezifische Politikprogramme zu formulieren.

In Kolumbien, so führt es Álvaro Mauricio Torres an, gibt es gewichtige Entitäten, die sich Informationen aneignen und verbreiten. Auf diesem Wege entstand die Einheit zur territorialen Entwicklung, welche nun im kolumbianischen Planungsministerium angesiedelt ist und sich um die Verbreitung entsprechender Informationen auf lokaler Ebene kümmert. Leider fehle auf regionaler sowie sub-nationaler Ebene eine vergleichbare Instanz. Bei der Formulierung zweckmäßiger Politikprogramme wäre diese äußerst hilfreich. Damit es überhaupt zur Formulierung konkurrierender Politikprogramme kommt, müssen die verschiedenen Ansätze erst einmal auf die öffentliche Agenda gesetzt werden.

Schlussfolgerungen

Zum Schluss des Workshops bat die Repräsentantin des PPI Susanne Käss die Teilnehmer, die ihrer Meinung nach , im Sinne des Themas das Workshops, größte Herausforderung für ihr Herkunftsland zu nennen.

Demnach besteht für Mexiko das größte Problem in dem Fehlen statistischen Materials über die Anzahl indigener Sprachen im Land. Der INELI und der INEGI haben einen indigenen Sprachenkatalog erstellt und in diesem die Summe von 264 verschiedenen Sprachen zusammengetragen, die auch für die Formulierung von Politikprogrammen relevant sein müssten. Dennoch, die Annahme, dass die Anzahl der identifizierten Sprachen sich äquivalent zu den existierenden Völkern verhält irrt. So kennt z.B. das Náhuatl zwanzig verschiedene Ausprägungen. Somit ist das letztliche Ziel INALI’s einen Katalog zu entwerfen, der diesen Besonderheiten Rechnung trägt. Eine andere Achillesferse Mexikos ist die niedrige Beteiligung der Indigenen bei den Volkszählungen sowie ihre schlechte Repräsentationsstruktur. Es ist äußerst schwierig den richtigen Gesprächspartner, für die teilweise stark ausdifferenzierten Themen, ausfindig zu machen. Letztlich steht auch die Glaubwürdigkeit der erhobenen Daten auf dem Spiel. Diese werden nur als verlässlich anerkannt, wenn sie ausnahmslos allen Bevölkerungsteilen gleichermaßen zur Verfügung stehen.

Die Herausforderung Chiles besteht darin, die relevanten Daten auf dem schnellsten Weg der Öffentlichkeit bereitzustellen. Zwischen den zwei Volkszählungen 1992 und 2002 verminderte sich die indigene Bevölkerung, ein Umstand der als „statistischer Genozid“ bezeichnet wurde. Gerade weil sich die ethnische Frage an der Selbst-Identifizierung der Indigenen orientiert, ist ein rasches Bearbeiten und Bereitstellen der Daten von hoher Dringlichkeit. Denn dort wo eine Kultur der Diskriminierung besteht oder entsteht, werden weniger Indigene sich als solche zu erkennen geben. Ein weiteres wichtiges Thema für Chile ist die Notwendigkeit von Politikprogrammen die darauf abzielen die Lücke zwischen den verschiedenen indigenen und nicht-indigenen Bevölkerungsgruppen zu schließen. Letztlich sollten die statistischen Informationen, aus Gründen der Glaubwürdigkeit, stets von Vertretern der entsprechenden Bevölkerungsgruppe erhoben werden.

Für Kolumbien wird deutlich, dass insbesondere die Handhabung der statistischen Informationen mit Schwierigkeiten verbunden ist. Die Informationen werden nicht ausreichend ausgewertet und für Politikprogramme und Studien nutzbar gemacht. Somit geben sie auch kein befriedigendes Bild über die Situation der Indigenen im Land ab. Eine andere Herausforderung besteht darin, die indigene Bevölkerung nicht nur der Volkszählung näher zu bringen, sondern auch anderen Erhebungen, die von anderen öffentlichen Institutionen durchgeführt werden. In diesem Fall wäre man nicht mehr ausschließlich auf die Daten der Volkszählungen angewiesen, um neue Akzente in den Politikfeldformulierungen zu setzen.

Die Herausforderung Honduras besteht darin, dass die erhobenen Daten der kommenden Volkszählung einer sehr heterogenen Bevölkerung glaubhaft nähergebracht werden müssen.

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