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Veranstaltungsberichte

Saudi-Arabien: Frauen auf dem Weg zur erfolgreichen Karriere

von Rahma Janetzke

A cross-regional dialogue on economic growth

Können Frauen in einem Land wie Saudi-Arabien, welches ihnen selbst das Autofahren untersagt, Karriere machen? Das Regionalprogramm Golf-Staaten wagte mit einer Podiumsdiskussion während des Jeddah Economic Forum 2014 den Blick hinter die konservative Fassade, denn unbemerkt von der Weltöffentlichkeit emanzipieren sich saudische Geschäftsfrauen langsam in der patriarchalischen Gesellschaft.

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Spätestens seit der überraschenden Nachricht über die Berufung einer Frau an die Spitze der größten saudischen Investmentbank im März 2014 findet die Frage nach den Karrieremöglichkeiten von saudischen Frauen auch außerhalb des saudischen Königreichs Beachtung. In der Tat gibt es in dem in Geschlechterfragen sonst erzkonservativen Land zunehmend Bemühung um Reformen, die wirtschaftliche Betätigung von Frauen erleichtern sollen. Die Entscheidungsfindung im Könighaus wird dabei auch maßgeblich von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst, denn das Land steht vor gravierenden ökonomischen und demographischen Herausforderungen.

Die demographische Entwicklung stellt Saudi-Arabien vor eine große Belastungsprobe. Um die Bevölkerungsverdopplung bis 2050 aufzufangen, müsste die saudische Wirtschaft um mehr als 8 Prozent jährlich wachsen, um genügend Arbeitsplätze für die auf den Arbeitsmarkt strömenden jungen Saudis im Privatsektor bereitstellen zu können. Seit 2011 versucht das saudische Herrscherhaus durch eine Politik der „Saudisierung“ verstärkt die eigene Bevölkerung in den Arbeitsmarkt zu integrieren und vergleichsweise kostengünstige ausländische Arbeitskräfte durch Saudis zu verdängen.

Obwohl junge Frauen mit knapp 65% zwar die Mehrheit der Hochschulabsolventen im Königreich repräsentieren, findet nur jede fünfte Frau mit einem Hochschulabschluss in Saudi Arabien auch einen Job. Vor allem soziokulturelle Normen erschweren die Ausübung eines Berufs für Frauen. So sind saudische Frauen durch rechtliche, gesellschaftliche und religiöse Gebote im Alltag teilweise stark eingeschränkt und müssen sich an Kleidervorschriften und einen strengen Verhaltenskodex halten, der ihnen unter anderem das Autofahren untersagt.

Vor diesem Hintergrund organisierten das KAS-Regionalprogramm Golf-Staaten und die EU-Delegation für Saudi-Arabien und die Golfregion, unter Leitung von EU-Botschafter Adam Kułach, die Seitenveranstaltung „Promoting Career Opportunities for Young Women“ während des Jeddah Economic Forum 2014. Frau Dr. Anne Wichels-Schnieber, Beraterin bei Russell Reynolds Associates, einem weltweit führenden Executive-Recruiting-Unternehmen, und Noura Al Turki, HR and CSR Executive Manager der saudischen Nesma Holding, diskutierten die Chancen und Herausforderungen für Frauen am Arbeitsmarkt sowie den Mehrwert von Gender-Diversity in Unternehmen vor Entscheidungsträgern aus Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Moderiert wurde die Diskussion von Dr. Lama Suleiman, der stellvertretenden Vorsitzenden der Jeddah Chamber of Commerce and Industry.

Kułach betonte die Wichtigkeit des Dialoges und Austausches über gesellschaftsrelevante Themen wie die Stellung von Frauen und ihre wirtschaftliche Teilhabe. Während in Saudi-Arabien in absoluten Zahlen bislang nur wenige Frauen am Arbeitsleben teilnehmen, hätten europäische Unternehmen das Diversity-Konzept und insbesondere Gender-Diversity als handfesten Wettbewerbsvorteil für sich entdeckt, erklärte Dr. Wichels-Schnieber. So wirtschafteten Unternehmen mit überdurchschnittlich vielen Frauen in Führungspositionen erfolgreicher und nachhaltiger als ihre Konkurrenten. Außerdem stärke Diversität die Innovationskraft, erhöhe die Produktivität und erlaube es Unternehmen, ein besseres Verständnis für die Wünsche ihrer Kunden zu entwickeln. Dennoch mahnte Frau Dr. Wichels-Schnieber, dass in Europa zwar Frauen in den Arbeitsmarkt gut eingegliedert seien, europäische Firmen jedoch tatsächlich nur wenige Führungspositionen mit Frauen besetzten.

Noura Al Turki ging insbesondere auf die Rolle der Frau als produktive und kreative Arbeitskraft ein. Die strikte Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum mache es geradezu notwendig, Frauen in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Sie erklärte, dass saudische Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erlangen könnten, da weibliche Arbeitskräfte insbesondere weiblichen Kunden Dienstleistungen bereit stellen könnten, besser auf deren Bedürfnisse und Wünsche eingingen und in bestimmten Berufszweigen deutlich produktiver und wirkungsvoller arbeiteten als Männer. Es böten sich durch die Rahmenbedingungen Möglichkeiten, ganze Branchen und Wirtschaftszweige für Frauen neu zu erschließen, gesamtwirtschaftlich wettbewerbsfähiger zu werden und schlummernde Potentiale zu nutzen.

Das steigende Interesse und wachsende Bewusstsein für die Bedeutung der aktiven wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen spiegelte sich auch im Publikum der Seitenveranstaltung wieder. Trotz der strikten Geschlechtertrennung, die in dem konservativen Land gilt, fand die Veranstaltung vor einem gemischten Publikum statt und überraschend viele saudische Männer nutzten die Gelegenheit, sich über das Thema zu informieren. Sie sprachen sich nachdrücklich für eine wirtschaftliche „Emanzipation“ der Frauen aus und es mahnten konkrete Fälle an, in denen die Geschlechtertrennung die erfolgreiche Berufsausübung für Frauen verhindere. Während der gesamten Veranstaltung herrschte eine positive und vorwärtsgewandte Atmosphäre als Zeichen einer Offenheit für eine Stärkung der Frauen in Saudi-Arabien.

Das Resümee von Noura al Turki beinhaltete schlussendlich, dass die Darstellung und Wahrnehmung von saudischen Frauen im Ausland in vielen Fällen nicht differenziert genug stattfinde und nicht „die“ saudische Frau existiere. Es gebe bereits viele „emanzipierte“ und starke Frauen, die auch erfolgreich Karriere machten und Führungsposten inne hätten.

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Kontakt

Philipp Dienstbier

Philipp Dienstbier

Leiter des Regionalprogramms Golf-Staaten

philipp.dienstbier@kas.de +962 6 59 24 150

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