Das Symposium wurde von Prof. Pascal Monin vom Observatoire geleitet und moderiert, und es nahmen fünf Diskussionsteilnehmer teil. Philipp Bremer, der neue Leiter des Rechtsstaatsprogramms, hielt die Eröffnungsrede.
In seiner Eröffnungsrede begrüßte Herr Bremer die Diskussionsteilnehmer/innen und Gäste und stellte ihnen die Konrad-Adenauer-Stiftung, ihr Programm sowie das Thema des Symposiums vor. In Bezug auf das Gesetz über das Recht auf Zugang zu Informationen stellte er fest: "Der Libanon hat die UNCAC (United nations Convention Against Corruption) unterzeichnet. Er ist daher verpflichtet, das Recht auf Zugang zu Informationen umzusetzen". Er fügte hinzu, dass "eine stärkere Umsetzung dem Land zugute käme". "Angesichts der wiederkehrenden Krise im Libanon ist die Anwendung dieses Gesetzes eine der Prioritäten, um die Transparenz und Rechenschaftspflicht des Staates zu gewährleisten und Korruption zu verhindern".
In seiner Eröffnungsrede wies Prof. Monin darauf hin, dass "jeder weiß, dass der freie Zugang zu Informationen im Libanon in der Vergangenheit durch einige Gesetzestexte und -praktiken eingeschränkt wurde, die Ausnahmen und Verbote unter dehnbaren Begriffen wie dem Schutz der nationalen Sicherheit, dem öffentlichen Interesse und dem Schutz des Privatlebens ausdehnten". Er fügte hinzu: "Heute, mit der Verabschiedung des Gesetzes über das Recht auf Information, treten wir in eine neue Ära ein, und die größte Herausforderung besteht darin, dieses Gesetz umzusetzen und keine fiktiven Grenzen zu schaffen".
Anschließend äußerten sich die Expert/inn/en in folgender Reihenfolge:
1) Herr Georges Okais, Abgeordneter des libanesischen Parlaments
2) Herr Ghassan Moukheiber, ehemaliger Abgeordneter und Rechtsanwalt
3) Richterin Dora El Khazen, Generalstaatsanwältin
4) Dr. Halima El-Kaakour, Professorin und
5) Dr. Charbel Maroun, Journalist.
In seiner Rede beleuchtete der Abgeordnete Georges Okais die Bedeutung der diversen Gesetzesänderungen, die das Gesetz bis heute erlebt hat. Weiter verwies er auf eine von der "Gherbal-Initiative" erstellte Studie, aus der hervorgeht, dass 2017/2018 nur 34 von 133 offiziellen Verwaltungen auf offizielle Informationsanfragen auf der Grundlage dieses Gesetzes geantwortet haben. Dies würde bedeuten, dass "74% aller öffentlichen Verwaltungen im Libanon bewusst auf die Umsetzung des Gesetzes verzichten".
Der Abgeordnete Okais erklärte weiter: "Am 27. September 2019, zweieinhalb Jahre nach der Verkündung des Gesetzes, veröffentlichte Human Rights Watch einen Bericht, in dem die Organisation angibt, dass sie seit der Verabschiedung des Gesetzes 72 Informationsanfragen an verschiedene staatliche Gerichte und Institutionen gestellt haben, aber nur 18 Regierungsstellen auf ihre Anfrage geantwortet haben und nur 10 davon fristgerecht zurückgeschickt wurden. Das bedeutet, dass der Staat nicht nur "Gherbal", sondern auch der Arbeit einer so wichtigen Organisation wie Human Rights Watch keinerlei Bedeutung beimisst, was eine Schande ist".
Der ehemalige Abgeordnete und Rechtsanwalt Ghassan Moukheiber sprach über die verschiedenen Etappen, die das Gesetz durchlaufen hat, seit es 2006 von einer Gruppe von Aktivist/inn/en vorgelegt und schließlich 2017 im Parlament verabschiedet wurde. Er sprach auch über die jüngste Verabschiedung von Änderungen an dem Gesetz. Er sagte: "Die heutige Diskussion über das Gesetz über das Recht auf Zugang zu Informationen mag trivial erscheinen im Vergleich zu dem Zusammenbruch, der derzeit in der Wirtschaft und in anderen Bereichen stattfindet, aber einer der Gründe für diesen Zusammenbruch ist die mangelnde Durchsetzung von Gesetzen, deshalb ist unser Gespräch ziemlich wichtig, weil die Idee des Staates derzeit nicht vorhanden ist". Er betonte: "Die Menschen müssen das Recht, das ihnen gegeben wurde, nutzen, sonst werden sie es verlieren. Im Libanon hätte sich die Lage nicht so verschlechtert, wenn jede/r Bürger/in seine/ihre Rechte kennen und nutzen würde, denn die Resignation des Einzelnen vor seinen Pflichten als Bürger/in führt schließlich zum Zusammenbruch des Staates, und genau das ist in unserem Land geschehen".
Die Richterin Dora El Khazen erläuterte ausführlich die Auswirkungen des Gesetzes und die Hindernisse, auf die es stößt. Sie zählte die Schlupflöcher auf, "die immer noch bestehen und die die Umsetzung des Gesetzes, so wie es sein sollte, behindern". Sie sagte: "Eine der Auswirkungen dieses Gesetzes ist, dass es die Verwaltung zwingt, alle Informationen über die von ihr durchgeführten Aktivitäten und Operationen auf ihren Websites zu veröffentlichen, aber eine schnelle Suche zeigt, dass die meisten Websites frei von Veröffentlichungen sind".
Die Generalstaatsanwältin für Finanzen, El Khazen, erklärte, dass "das Gesetz über das Recht auf Zugang zu Informationen Ausnahmen vorsieht und festlegt, welche Dokumente und Informationen nicht zugänglich und einsehbar sind", und betonte, dass "die libanesischen Behörden das Gesetz über das Recht auf Zugang zu Informationen größtenteils nicht umgesetzt haben". Sie wies ferner darauf hin, dass "jeder Verwaltungsreform eine politische Reform vorausgehen muss und nicht umgekehrt. Um ein solches Ziel zu erreichen, ist eine anständige politische Führung erforderlich".
Prof. Halima El-Kaakour sprach über die Rolle des Gesetzes über das Recht auf Zugang zu Informationen bei der Förderung von Demokratie und Staatsbürgerschaft. Sie sagte: "Die Krise, die wir erleben, ist auf eine Krise der Demokratie, der Staatsbürgerschaft und des Staates zurückzuführen" und betonte, dass "die Zeit gekommen ist, das derzeitige Verhalten durch ein neues Verhalten zu ersetzen, das mit dem Aufbau des Staates und nicht mit dem Aufbau von Führungspersonen vereinbar ist". Sie vertrat die Auffassung, dass "das Recht auf Zugang zu Informationen ein Menschenrecht ist und einen Grundstein für andere Freiheiten und Rechte darstellt. Und dass ohne Wissen kein Aktionsplan auf den Weg gebracht werden kann".
Prof. El-Kaakour führte das Beispiel Marokkos an, wo eine Partnerschaft zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor bei der Evaluierung der Regierungspolitik besteht, und dass eine solche Zusammenarbeit auch in der marokkanischen Verfassung verankert ist. Anhand dieses Beispiels unterstrich sie, dass "die staatlichen Institutionen dazu da sind, den Bürgern/innen und der Bevölkerung zu dienen, und dass unsere Gesellschaft heute einige Reformen braucht, die mit einem neuen Gesellschaftsvertrag angegangen werden sollten".
Schließlich sprach Dr. Charbel Maroun aus der Sicht der Medien über die Bedeutung des Zugangs zu Informationen, wobei er seine Erfahrungen im Medienbereich und die Schwierigkeiten darstellte, mit denen jede/r Journalist/in bei seiner/ihrer Arbeit konfrontiert ist, um genaue Informationen zu erhalten.
Als Journalist stellte Dr. Maroun die wichtigsten Punkte des Gesetzes vor und erklärte, dass "wir weniger Fake News und weniger ungeprüfte Quellen haben werden. Informationen sind nicht länger ein Staatsgeheimnis, das vor irgendjemandem verborgen wird, sondern im Gegenteil, es sind öffentliche Informationen, die transparent veröffentlicht werden sollten, damit eine öffentliche Meinung gebildet werden kann. Die Beteiligung an der Bewertung öffentlicher Angelegenheiten ist eine offensichtliche Notwendigkeit". Abschließend fügte er hinzu, dass das Land auch ein Gesetz brauche, "das die digitalen und elektronischen Medien regelt".
Das Symposium endete mit einer kleinen Diskussion zwischen den Expert/inn/en und den Fragen des Publikums, das in großer Zahl anwesend war.
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