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Veranstaltungsberichte

Auf dem Weg zu einem nationalen Rechtsrahmen für politische Parteien im Libanon, dem Tor zu einer effizienten Demokratie

Eine viertägige Konferenz mit unserem Kooperationspartner, dem Internationalen Zentrum für Humanwissenschaften (CISH) - UNESCO in Byblos, Libanon

Vom 15. bis 18. September, anlässlich des Internationalen Tages der Demokratie, organisierte das Rechtsstaatsprogramm Naher Osten & Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Zusammenarbeit mit dem International Center for Human Sciences (CISH) - UNESCO, Byblos, eine Reihe von runden Tischen und Diskussionsrunden mit dem Titel "Towards a National Legal Framework for Political Parties in Lebanon: The gate for an efficient democracy". Der viertägige Workshop fand in den Räumlichkeiten des CISH in Byblos statt und wurde von Jurist/inn/en und Vertretern/innen politischer Parteien persönlich besucht.

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Der viertägige Workshop gliederte sich in zwei Phasen:

- Phase eins: "Zweitägiger Runder Tisch und Debatte mit 100 Teilnehmern/innen",

- Phase zwei: "Zweitägige Fokusgruppe mit 20 Vertretern/innen".

 

In der ersten Phase lag der Schwerpunkt auf der Vermittlung des erforderlichen Wissens und Bewusstseins und dem Vergleich mit früheren Erfahrungen in anderen Ländern. Die zweite Phase wird sich auf die Debatte und den Entwurf einer gemeinsamen Gesetzesempfehlung konzentrieren.

 

In der Eröffnungssitzung begrüßte Dr. Darina Saliba Abi Chedid, Direktorin des Internationalen Zentrums für Humanwissenschaften (CISH), nach der libanesischen Nationalhymne alle Gäste und Teilnehmer\innen und wies dann auf die Bedeutung eines neuen Parteiengesetzes hin, wobei sie die Notwendigkeit einer Kultur der "Leistungsgesellschaft" anstelle des derzeit weit verbreiteten Klientelismus hervorhob.

 

In der anschließenden Eröffnungsrede stellte der Leiter des Rechtsstaatsprogramms Naher Osten und Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung, Herr Philipp Bremer, den Teilnehmern\innen die Konrad-Adenauer-Stiftung und ihre Programme im Libanon und in der Region vor. Er hob die Bedeutung des Workshop-Themas hervor, indem er feststellte: "Der Kern jeder Demokratie sind unterschiedliche Meinungen, die aufeinandertreffen, die diskutiert werden und die im Kompromiss eine Lösung zum Wohle aller finden muss. Wobei in jeder Demokratie diese Meinungen in politischen Parteien organisiert sind". Er fügte hinzu: "Keine Demokratie kann ohne politische Parteien richtig funktionieren, weil diese integraler Bestandteil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind". Andererseits ermutigte Herr Bremer die Jugend, sich am politischen Leben im Libanon zu beteiligen: "Mit und durch Parteien können wir die demokratischen Werte stärken".

 

Die Sitzungen der ersten beiden Tage, die am 15. und 16. September stattfanden, waren wie folgt:

Die erste Sitzung: die Problematik des derzeitigen Gesetzes zur Regelung der libanesischen Vereinigungen und Parteien und seine Auswirkungen auf das politische Leben.

 

Der Rechtsanwalt Michel Klimos und der ehemalige Parlamentsabgeordnete Me Ghassan Moukhaiber präsentierten eine rechtliche Analyse des geltenden Gesetzes und seine Mängel. Es ist festzustellen, dass das derzeitige Gesetz zur Organisation politischer Parteien und die Verordnung zur Regelung der Nichtregierungsorganisationen dieselben sind. Es ist seit 1909 in Kraft und ein osmanisches Gesetz, in welchem weder Demokratie noch Transparenz garantiert werden. Ebenso wenig wird eine Kontrollmöglichkeit über die Budgets und Einkommensquellen der politischen Parteien im Libanon geregelt.

 

Der frühere Minister Ziad Baroud erläuterte, dass in dieser Angelegenheit dringend Änderungen erforderlich seien, und machte mehrere Änderungsvorschläge. Gleichzeitig drängte der ehemalige Minister auf eine "nachträgliche Kontrolle" politischer Parteien im Gegensatz zu einer Kontrolle vor der Gründung, um so jeder Art von Unterdrückung durch den Staat entgegenzuwirken.

 

Die zweite Sitzung: Demokratie in den politischen Parteien.

 

Der internationale Experte Dr. Jean-Michel Berlemont, Juraprofessor an der Science-Po-Universität Nancy in Frankreich, befasste sich mit dem Thema "Organisation der politischen Parteien in Frankreich"; eine gute Gelegenheit für die Zuhörer/innen, einen Einblick in den rechtlichen Rahmen der politischen Parteien in Frankreich zu erhalten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das libanesische Recht aus Zeiten des französischen Prorektorats noch französische Einflüsse aufweist.

 

Dr. Marlene Sawaya, Professorin an der libanesischen Universität, sprach über die Rolle der Revolution vom 17. Oktober, die Veränderungen der politischen Sphären, insbesondere dessen, was im Libanon "Zivilgesellschaft" genannt wird. Sie fügte hinzu, dass obwohl die Zivilgesellschaft seit der Revolution einen Aufschwung erlebt hat, nicht ungeachtet bleiben darf, dass sich diese in einer Sackgasse der Reformen befindet und die Demokratie weiterhin vielen Herausforderungen gegenübersteht.

 

Am Ende der zweiten Sitzung fanden ein Dialog und Wortmeldungen von Vertretern\innen der Parteien statt.

 

Die dritte Sitzung: Die finanziellen Ressourcen der libanesischen Parteien und die Auswirkungen auf Wahlen und Demokratie.

 

Die Juraprofessorin an der libanesischen Universität, Dr. Rajaa El Sherif, sprach aus juristischer Sicht über die Transparenz der Finanzmittel der libanesischen politischen Parteien. Sie stellte fest, dass eine große Lücke zwischen den geltenden Gesetzesstexten und ihrer Umsetzung besteht, wodurch deren Realität leider zu einem Mythos wird.

 

Außerdem wies der frühere Verfassungsgerichtspräsident Dr. Issam Sleiman, ehemaliger Vorsitzender des Verfassungsrats, auf die Grundprinzipien der Demokratie hin, zu denen auch das Konzept der "Wahl" gehört. Anschließend beleuchtete er auf der Grundlage seiner früheren Erfahrungen das Thema der Wahleinsprüche, was in die Zuständigkeit des Verfassungsrats fällt. Richter Issam beendete seine Rede, indem er den Zuhörern\innen von einem umstrittenen Wahleinspruch erzählte, bei dem eine bekannte religiöse Persönlichkeit bestochen worden war.

 

Die vierte Sitzung: Partei- und Wahlkampfmedien: Professionalität, Fehlinformation und Sicherheit der Journalist/inn/en.

 

Die Sitzung begann mit den Lebenserfahrungen eines Fotografen und eines Journalisten: der erste wurde bei einer Medienberichterstattung verletzt und verlor dauerhaft sein Augenlicht; der zweite verlor seinen Job in einer Medieneinrichtung, weil er sich weigerte, deren politische Zugehörigkeit zu akzeptieren.

 

Frau Elsy Moufarrej sprach über die Verantwortung der Medieninstitutionen, über die Meinungsfreiheit und die Sicherheit von Journalist/inn/en und berichtete von den Erfahrungen ihrer Kolleg/inn/en. Frau Moufarrej ist Journalistin und Reporterin sowie Koordinatorin des alternativen Pressesyndikats.

 

Eine weitere Medienexpertin, Dr. Mirna Abou Zeid, Professorin für Journalismus an der Libanesischen Universität, befasste sich mit dem Thema: "Die libanesischen Medien und die Wahlen: die fehlende Demokratie und die Zweideutigkeit zwischen Information und Werbung". Dr. Mirna wies darauf hin, dass den Medien eine große Bedeutung zukomme, vor allem wegen ihrer Fähigkeit, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, weshalb ein gewisses Maß an Ethik vorhanden sein müsse.

 

Am Ende der vierten Sitzung wurden Vertreter/inn/en der Parteien erneut in den Dialog miteinbezogen.

 

Der dritte Tag am 17. September war für eine Dialogsitzung mit Jugendvertretern/innen der politischen Parteien reserviert, um Empfehlungen für eine mögliche Gesetzesgestaltung auszusprechen; und der vierte Tag am 18. September war den Rechtssyndikaten, Jurist/inn/en und Rechtsexpert/inn/en vorbehalten, um ebenfalls miteinander zu diskutieren und Empfehlungen auszuarbeiten.

 

Ein Entwurf, der alle Stellungnahmen und Empfehlungen zusammenfasst, wird in arabischer und englischer Sprache verfasst, übersetzt, redigiert, herausgegeben und verbreitet werden.

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Kontakt

Paul Saadeh

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