„Es hat sich vieles verändert, jedoch nicht unsere Überzeugung, dass die parlamentarische Demokratie des Grundgesetzes die beste Ordnung der Freiheit ist, die wir haben können“, so der Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, Michael Thielen. Ebenfalls nicht verändert habe sich die die Bedeutung von Volksparteien. Dennoch sei die Grundidee des Brückenbaus über unterschiedliche Meinungen und Interessen hinweg, heute wichtiger, denn je. Parteien und politische Stiftungen müssten sich verändern und in der Vermittlung von Politik und ihrem Angebot von Dialog und Debatte verbessern. Das Projekt „Demokratie stärken“ soll zur Umsetzung der neuen Herausforderungen beitragen. „Wir müssen Neues versuchen und Experimente wagen, um neue, junge Gesichter zu begeistern, für die Mitgestaltung unserer Demokratie“, betonte Thielen.
Die Hauptabteilung Politische Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung hat, unter der Leitung von Dr. Melanie Piepenschneider, ein zwei-Jahres Projekt „Demokratie stärken“ ins Leben gerufen. Was bewegt dich und wie soll dein Europa aussehen? Die Bürger sollen durch ein stärkeres Dialogformat direkt abgeholt und involviert werden. Demokratielabs in Greifswald und Berlin sollen Orte für Ideenentwicklung sein. Es soll eine Art Labor für ganz unterschiedliche Gespräche und Workshops entstehen, um Menschen zusammen zu bringen, die aus verschiedenen Perspektiven kontrovers diskutieren, erklärte Piepenschneider. Eine Plattform für Wissen und Interaktion soll mit dem Demokratiehaus online entstehen. Zudem soll ein Demokratie-Atlas alle Aktivitäten verfolgen und die Kooperationspartner und Netzwerke mit einbinden und weitere dazu begeistern.
Mit dem „ Adenauer on Tour“ Bus soll die politische Bildung auf neuen Wegen „erFahren“ werden. Auch die ländlichen Räume werden bereist, um alle Menschen zu erreichen und ein Gesprächsangebot zu machen.
Im Gespräch waren beim Projektauftakt in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung auch Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft. Dr. Benjamin Höhne, der stellvertretende Leiter des Instituts für Parlamentarismusforschung (IPARL) berichtete von der sogenannten Unterkategorie der repräsentativen Demokratie, der Parteiendemokratie. Parteien verbinden die gesellschaftliche mit der staatlichen Ebene. Sie haben die Aufgabe die Interessen, Perspektiven und Sichtweisen aus der Gesellschaft zu bündeln, zu verdichten und in Wahl- und Grundsatzprogrammen zusammenzuführen, so Höhne. Dies sei maßgeblich für die Prozesse der Regierung. „Die Gesellschaft ist fragmentiert, vielfach individualisiert, die Interessen und Lebenslagen werden vielfältiger.“ Es werde somit für die Parteien schwieriger, die bunter gewordene Gesellschaft zusammenzufassen. „Zur Demokratie gehören nicht nur Konflikt und Kompromiss, Kontrolle und politische Führung, auch Partizipation gehört dazu“, mahnte Höhne. Wir erleben somit eine gesellschaftliche Abwanderungsbewegung aus den Parteien, da sie vor allem für junge Generationen veraltet wirken. Parteien sollten mutiger sein zu experimentieren. „Wir müssen die Weichenstellung jetzt vornehmen, um Parteiendemokratie zu erhalten.“
Susanne Zels steht sowohl für zivilgesellschaftliches als auch parteipolitisches Engagement. Sie ist Mitglied der CDU, in der Jungen Union Berlin und Co-Präsidentin des Think-Tanks „Polis180“. Ein "Mitmach-Think-Tank" mit über 400 Mitgliedern, die sich ehrenamtlich engagieren und die Außen- und Europapolitik verbessern wollen, indem sie mit neuen Formaten ihre Ideen an die Politik direkt herantragen. "Wir müssen die Politik jungen Menschen näher bringen, sie ansprechen und motivieren", betonte Zels. Es gebe Möglichkeiten sich einzubringen und mitzugestalten, man müsse sich nur trauen. „Engagement lohnt sich, ich habe es gewagt.“
Policy Analyst, Dr. Götz Harald Frommholz, vom Think-Tank für politische Partizipation „ d|part“ sieht ein positives Zeichen für eine pluralisitische und offene Gesellschaft Deutschlands in der hohen Wahlbeteiligung zur Europawahl. Jedoch, sei die Wahlbeteiligung allein kein Garant für die Wahl der politischen Richtungen. Die Wahlen haben gezeigt, dass es eine extreme Entkopplung zwischen dem Politikergedanken und dem tatsächlichen Denken der Gesellschaft gebe. Was passiert in der Bevölkerung? Die Menschen haben Angst vor Altersarmut und dem Verlust der eigenen nationalen und kulturellen Identität, verdeutlichte Frommholz .„Wir müssen die Menschen abholen. Auch junge Menschen haben eine Stimme und wir müssen wieder lernen, sie anzusprechen, sonst steht es schlecht, um unsere Demokratie.“
Die Ehrenamtskoordinatorin, Kerstin Kurzke, leistet mit ihrem Team, als Leiterin der Malteser Hospiz- und Trauerarbeit, einen Beitrag für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Sie geben bedürftigen und kranken Menschen in Berlin Lichtenberg und Hohenschönhausen eine soziale und psycho-soziale Begleitung. „Wir hören jeden Tag, was die Menschen bewegt“. Viele Menschen fühlten sich abgehängt und allein gelassen. Sie hätten das Gefühl nicht gesehen zu werden. Und wer nicht gesehen oder gehört werde, der ginge auch nicht zur Wahl, vor allem nicht, wenn politische Entscheidungen mit der eigenen realen Lebenswelt nichts zu tun hätten. Die Ehrenamtlichen seien oftmals die Einzigen, die für sie da sind und zu hören. „Dadurch entsteht Nähe", erklärte Kurzke, „deshalb macht es Sinn, Verantwortung zu übernehmen und ganz unterschiedliche Menschen kennenzulernen. Denn der Mensch braucht Familie, Freunde, und Nachbarschaft. Ein Miteinander." Es brauche also neben Gesetzen und Geldern für Hilfsorganisationen auch Bildung, zu lernen sich selbst einzubringen, um eine Gemeinschaft in Solidarität zu schaffen. „Wir sind der Staat und daran müssen wir weiter arbeiten!“
„Wähle so oft du kannst! Wähle was du werden willst, wer du werden willst aber wähle auch, in was für einer Gesellschaft du jemand werden willst,“erinnerte Poetry Slamer Nick Pötter. Er poetisierte in fünf Minuten das Leben. Über die Geschwindigkeit, in der wir unsere Entscheidungen fürs Leben treffen müssen - wählen müssen ob wir uns in der Politik und Gesellschaft einbringen, uns engagieren oder nicht. Was wir immer Alles wollen aber wohl nicht können sollen. Wollen wir zu viel? Deshalb stünden wir tagtäglich vor Entscheidungen, was denn wirklich wichtig im Leben ist. Gemeinsam die Demokratie zu stärken, ist es.