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Veranstaltungsberichte

Die europäisch-russische strategische Partnerschaft

von Heinrich Schwabecher

Gemeinsame Werte und Interessen

Der „Fünf-Tage-Krieg“ im Kaukasus hat die europäisch-russische Partnerschaft vor große Herausforderungen gestellt. Mögliche Lösungswege aus der Krise diskutierten Experten vom 05.-06. November 2008 im Bildungszentrum Schloss Wendgräben.

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Zur Bilanz und Perspektiven der europäisch-russischen strategischen Partnerschaft referierte Frau Prof. Dr. Margareta Mommsen. Die europäisch-russische Beziehungen haben sich nach dem zweiten Tschetschenien-Krieg verschlechtert. In Folge dessen hat Russland versucht, bilaterale Beziehungen zu einzelnen europäischen Staaten, wie Deutschland, Frankreich und Italien aufzubauen. Einen verstärkten Akzent auf die bilateralen Beziehungen setzte Präsident Putin nach der EU-Osterweiterung, als die neuen EU-Mitglieder sich für eine neue EU-Russland-Politik eingesetzt haben. Diese Politik Russlands hat bis heute an Aktualität nichts verloren. Nach Einschätzung von Frau Professor Dr. Margareta Mommsen sind die europäisch-russischen Beziehungen nach dem Krieg in Georgien stark angeschlagen und befinden sich auf einem Tiefpunkt. Die Idee Michail Gorbatschows von einem „Gemeinsamen Europäischen Haus“ findet heutzutage kaum begeisterte Anhänger. Von einer strategischen Partnerschaft zwischen Russland und der Europäischen Union kann laut Frau Professor Dr. Mommsen heute keine Rede sein. Eine strategische Partnerschaft setzt eine Strategie voraus. Gegenwärtig herrscht aber auf beiden Seiten eine Konzeptionslosigkeit. Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass Russland sich auf die bilateralen Beziehungen zu einzelnen europäischen Staaten konzentriert. Wie sich die europäisch-russischen Beziehungen in der Zukunft entwickeln werden, hängt nach Einschätzung von Frau Professor Dr. Mommsen in erster Linie von Russland ab: Russland muss sich in Frage der Menschenrechte und gemeinsamen demokratischen Werten positionieren. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer vollwertigen und produktiven strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Russland wäre ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA). Die Entwicklung des neuen Abkommens soll daher intensiv vorangetrieben werden, wobei der inhaltliche Schwerpunkt auf den gemeinsamen Interessen und weniger auf gemeinsamen Werten gelegt werden soll, so das Plädoyer von Frau Professor Dr. Mommsen.

Bei so einem emotionalen Thema wie die Energiesicherheit Europas plädiert Dr. Roland Götz für mehr Gelassenheit. Bei den internationalen Energiekonflikten geht es nicht um die Konflikte zwischen den Staaten, sondern in erster Linie um die wirtschaftlichen Konflikte zweier oder mehrerer privater Unternehmen. Selbst die staatlich kontrollierten Energieunternehmen wie Gazprom verhalten sich in solchen Fällen wirtschaftlich und somit rational. Oft werden solche ungelösten wirtschaftlichen Probleme politisch interpretiert. Auch die Forderung einzelner europäischer Akteure nach einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik gegenüber Russland sowie weiteren Energielieferanten wird es nach Einschätzung Dr. Götz wahrscheinlich in einer mittelfristigen Perspektive nicht geben. Die Energiepolitik steht nicht in der Kompetenz der Europäischen Union, sondern steht den einzelnen Staaten und Unternehmen zu. Auch die Energieabhängigkeit der EU von den Energielieferungen aus Russland wird in den westlichen Medien oft einseitig dargestellt. Russland befindet sich von den europäischen Energieabnehmern in einem wesentlich größeren Abhängigkeitsverhältnis, als das umgekehrt der Fall ist. Daher besteht laut Dr. Götz zwischen der EU und Russland eine gegenseitige Abhängigkeit.

Die russische Position wurde durch den Mitarbeiter der russischen Botschaft Dmitri Moltschanow vorgestellt. Er vertrat die Meinung, dass die internationale Gemeinschaft bei der Lösung der internationalen Konflikte und Krisen versagt hat. Mit den Waffenlieferungen nach Georgien hat der „Westen“ der georgischen Führung ein falsches Signal gesendet und erheblich zum Angriff Georgiens auf Südossetien und russische Friedenstruppen beigetragen. Es gibt keine Alternative zu einer diplomatischen Lösung, so Herr Moltschanow. Auch die weiteren ungelösten Konflikte im postsowjetischen Raum können nur kollektiv mit Hilfe der Diplomatie gelöst werden. Russland ist bereit dafür seinen Beitrag zu leisten und sieht sich als einen intellektuellen Führer innerhalb der internationalen Gemeinschaft. Doch aus heutiger Sicht scheint es nach russischer Auffassung keine vernünftige Grundlage für eine kollektive Lösung zu gegeben. Die Europäische Union und die NATO treffen ihre Entscheidungen in Bezug auf die gemeinsamen Nachbarn ohne die Interessen Russlands zu berücksichtigen. Es ist für Herrn Moltschanow eine Selbstverständlichkeit, dass Russland im postsowjetischen Raum geschichtlich bedingte privilegierte Interessen hat. Die Beziehungen zur NATO können laut Herrn Moltschanow nach dem Krieg im Kaukasus nie wieder wie vorher werden und werden sich grundlegend ändern. Die angespannten Beziehungen der EU zu Russland sind vor allem durch die innere Zerstrittenheit der Europäischen Union bedingt, so ist die Überzeugung Herrn Moltschanow. Somit sind die Verhandlungen über das neue Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) vor allem ein internes Problem der EU und nicht Russlands. Auch der Integrationsprozess innerhalb der EU ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Dies hat vor allem außenpolitische Konsequenzen und hindert die Europäische Union, mit einer Stimme nach Außen zu sprechen. Die EU hat die Krise im Kaukasus „verschlafen“. Doch Herr Moltschanow betonte, dass Russland vor allem an einer starken EU interessiert ist. In den letzten Jahren und Monaten wurde im „Westen“ ein negatives Bild Russlands künstlich geschaffen und gepflegt. Dies dient vor allem innenpolitischen Zwecken einzelner europäischer Staaten. Oft wird es leider vergessen, dass sowohl die USA als auch Russland und die EU einer gemeinsamen europäischen Zivilisation entstammten. Herr Moltschanow erinnerte, dass Russland und die Vereinigten Staaten ein untrennbarer Teil Europas sind und es ist die Zeit für beide gekommen, nach Europa zurück zu kehren. Russland ist außerdem an einem gemeinsamen euroatlantischen Sicherheitskonzept interessiert. Wir brauchen einen Euroatlantismus von Vancouver bis Wladiwostok, so die Überzeugung Herrn Moltschanow. Nur gemeinsam können wir den aktuellen Herausforderungen in einer globalisierten Welt entgegen wirken. Daher plädierte Herr Moltschanow für eine trilaterale Lösung des Konfliktes im Kaukasus: EU, USA und Russland. Russland ist außerdem für die Verhandlungen über einen neuen Vertrag über die konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE) bereit. Schließlich sitzen wir alle in einem Boot, so Dmitri Moltschanow.

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