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Veranstaltungsberichte

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus

Peter Neumann in der Reihe „PEGIDA hinterfragen“ über Initiativen und Referenden.

Mehrere tausend Menschen gehen in Dresden und anderen deutschen Städten allwöchentlich unter dem Namen PEGIDA auf die Straße. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ sprechen sich u.a. für eine strengere Auslegung des Asylrechts aus, fordern eine „Pflicht zur Integration“ von Menschen mit Migrationshintergrund und wünschen sich mehr direktdemokratische Elemente im politischen Prozess.

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Das Bildungsforum Sachsen der Konrad-Adenauer-Stiftung setzt sich mit den Thesen der PEGIDA-Bewegung auseinander. Die Dresdner Themenreihe „PEGIDA hinterfragen“ beleuchtet die Kernbegriffe und Forderungen der Proteste. Ziel ist es, eine sachliche Diskussion und gegenseitiges Zuhören zu ermöglichen.

Am 28. Januar 2015 kamen etwa 120 Menschen in den Festsaal der Dreikönigskirche Dresden, um über direkte Demokratie zu diskutieren.

Peter Neumann trat den Abend an, um die Komplexität von Volksentscheiden, Bürgerinitiativen und Referenden greifbar zu machen. „Jeder meint, sich damit auszukennen“, so Neumann. Aber was genau mit den von PEGIDA geforderten „Bürgerentscheidungen nach dem Vorbild der Schweiz“ gemeint sei, müsse zuerst geklärt werden.

Peter Neumann ist Leiter des Instituts für Sachunmittelbare Demokratie an der TU Dresden und beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit direkter Demokratie. Die Forderung nach Volksentscheiden auf Bundesebene sei nichts Neues, so Neumann. Schon seit den 1990er Jahren spreche sich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung und auch der Wählerschaften aller Parteien dafür aus.

Was ist aber mit direkter Demokratie gemeint?

Unmittelbare Demokratie seien allein schon die Wahlen, die jedem Wahlberechtigten offenstehen. Die gewählten Repräsentanten treffen dann mittelbar die Entscheidungen für die Bevölkerung. „Sachunmittelbare“ Demokratie meine hingegen, nicht nur Personen zu wählen, sondern die Bevölkerung direkt in den Gesetzgebungsprozess einzubinden. Unter dem Begriff der sachunmittelbaren Demokratie ließen sich alle Formen direkter demokratischer Beteiligung versammeln.

Peter Neumann unterschied zwei Hauptformen sachunmittelbarer Demokratie: Initiativen auf der einen Seite – also beispielsweise Volksanträge und Bürgerbegehren. Referenden auf der anderen Seite, bei denen das Volk über eine bestehende Gesetzesvorlage abstimmt.

„Die Initiative ist das Gaspedal, das Referendum die Bremse“, beschrieb Neumann die Wirkung beider Instrumente. Durch Referenden kontrolliere die Bevölkerung die Gesetzesvorhaben, durch Initiativen können Einzelne und Gruppen die politische Agenda vorantreiben.

Wo finden sich direktdemokratische Elemente in der deutschen Politik?

In der deutschen Praxis zeigten sich an zwei Stellen große Lücken, stellte Neumann fest.

Zum einen sei die Zahl von Referenden deutlich geringer als die der Initiativen. Die Debatte um direkte Demokratie drehe sich in Deutschland zu stark um Volksbegehren und Bürgerentscheide und zu wenig um das, so Neumann, sinnvollere Instrument der Referenden.

Zum anderen sei die direkte Bürgerbeteiligung auf Bundesebene bis heute nicht geregelt und damit schlichtweg nicht möglich. Dabei seien Referenden auf Bundesebene verfassungsrechtlich „völlig unproblematisch“. Die Forderung von PEGIDA nach mehr Bürgerbeteiligung sei auf Bundesebene also durchaus berechtigt. Auf Länder- und Kommunalebene müssten aber lediglich die bestehenden Lücken geschlossen werden.

„Wir sollten den Begriff des Volkes ideologisch nicht überhöhen“, mahnte Neumann. Viele Initiativen und Referenden beruhten auf dem Interesse von Einzelnen oder Gruppen. Die Gesellschaft müsse jede einzelne Forderung einem „Relevanztest“ unterziehen, damit am Ende tatsächlich vom Willen des Volkes gesprochen werden könne.

Neumann machte Mut, sachunmittelbare Demokratie auf allen Ebenen einzuführen – selbst wenn es zuerst nur stufenweise geschehe, „um sich selbst als Gesellschaft nicht zu überfordern“.

In der anschließenden Diskussion mit Teilnehmenden zeigte sich sowohl der mehrheitliche Wunsch nach mehr direktdemokratischen Elementen als auch die Sorge, ob die öffentliche Meinung nicht auch manipuliert werden könnte. Andere Teilnehmende kritisierten, dass die vorhandenen Mitwirkungs-Instrumente in der repräsentativen Demokratie noch zu wenig genutzt würden. Angesichts der geheimen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP wünschten sich weitere Teilnehmende, die politische Entscheidungsfindungen besser nachvollziehen und kontrollieren zu können.

Den detaillierten Diskussionsverlauf können Sie im Audio-Mitschnitt nachhören.

Die Themenreihe wird am 5. und 25. Februar sowie am 4. März 2015 fortgesetzt. Informationen dazu erhalten Sie auf dieser Homepage. Gern können Sie uns kontaktieren, damit wir Sie in unseren Post- oder E-Mail-Verteiler aufnehmen.

Autor: Friedemann Brause

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Kontakt

Dr. Joachim Klose

Dr. Joachim Klose

Landesbeauftragter für die Bundeshauptstadt Berlin, Leiter des Politischen Bildungsforums Berlin und Leiter Grundlagenforum

joachim.klose@kas.de 030/26996-3253 030/26996-53253
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