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70 Jahre nach Kriegsende: Deutschland als außenpolitischer Akteur

Seminar

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Vom 23.-25. Oktober 2015 fand in Erfurt das Seminar „70 Jahre nach Kriegsende: Deutschland als außenpolitischer Akteur“ aus dem Jahresprogramm der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) statt.

Dem inhaltlichen Seminarprogramm ging eine kurze Begrüßung und Seminareinführung zum gegenseitigen Kennenlernen der anwesenden Teilnehmer durch den Tagungsleiter voraus. Die Erwartungshaltung der Teilnehmer bestand in der Vermittlung von Kenntnissen über die Entwicklung der deutschen Außenpolitik nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, aktuelle Herausforderungen im internationalen Krisen- und Interventionsmanagement sowie im Umfang deutscher Beteiligung an humanitären und militärischen Einsätzen.

Der Bundestagabgeordnete im Auswärtigen Ausschuss und ehemalige sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Dr. Christoph Bergner vermittelte den Teilnehmern einen Grundsatzüberblick zur deutschen Außenpolitik aus parlamentarischer Sicht. Insbesondere wurden die umfangreichen Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestags bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr herausgestellt. Ebenso wurde die deutsche Beteiligung an zivilen und polizeilichen Missionen vertieft. Der Referent gab einen Erfahrungsbericht über die aktuelle Lage in den Krisenregionen der Ukraine und des Nahen Ostens wieder, die aus Dienstreisen der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses resultieren. Im Ergebnis sah der Referent drei entscheidenden Koordinaten deutscher Außenpolitik: Die Europäische Integration, die transatlantische Partnerschaft und eine globale Friedensordnung.

Fortgesetzt wurde das Seminar am Folgetag mit dem umfassenden Vortrag von Herrn Alessandro Scheffler Corvaja, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität der Bundeswehr München tätig ist, zum sicherheitspolitischen Engagement Deutschlands in der EU und NATO. Der Referent zeichnete die Entwicklungsgeschichte des NATO-Bündnisses und stellte die rechtlichen Grundlagen für einen Beitritt sowie die Pflichten einer Mitgliedschaft heraus. Die NATO wurde als politisches Bündnis mit Konsultationscharakter nach dem Einstimmigkeitsprinzip, das grundsätzlich neuen Mitgliedern offen steht, gekennzeichnet. An historischen Beispielen wurden die Bedeutung des Bündnisfalles sowie die undifferenzierte Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes „Angriff“ im NATO-Grundlagenvertrag veranschaulicht. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Die Entwicklung, Akteure und Instrumente dieser Säule von Gemeinschaftspolitik konnten die Teilnehmer am Beispiel der Ukraine-Krise und der Anschläge vom 11. September 2001 nachvollziehen.

Der Anschlussvortrag von Herrn Prof. Dr. Rafael Biermann von der Friedricj-Schiller-Universität Jena konzentrierte sich auf die Einordnung der anhaltenden Ereignisse auf der Krim und in der Ost-Ukraine seit dem März 2014. Nach der Auffassung des Referenten entspräche die bisherige Wahrnehmung europäischer Nachbarschaftspolitik dem Ansatz eines „Lebens auf einer Friedensinsel“ Dieser Eindruck habe sich mit dem Beginn der Ukraine-Krise und der Rolle Russlands fundamental gewandelt. Die Krim-Annexion sowie die Destabilisierung der Ost-Ukraine stellen einen Sezessionskonflikt besonderer Art dar. Anschaulich wurden die Gründe von Sezessionskonflikte im 20. Jahrhundert dargestellt Im Ergebnis sieht der Referent in der russischen Interventionspolitik einen klaren Bruch des Völkerrechts sowie einen fortgesetzt „unechten“ Sezessionsversuch dar, der sich möglicherweise nach dem Minsker Friedensabkommen zu einem „low intensity conflict“ entwickeln könnte. In der Folge würde in der Ostukraine ein De-facto-Regime ohne demokratisch legitimierte Wahl entstehen, das der russischen Strategie zur Etablierung abhängiger Satellitenregimen in den ehemaligen Grenzen der Sowjetunion zur Ausdehnung des eigenen Machtbereichs entspricht. Aufgrund des verkehrsbedingt kurzfristigen Ausfalls von Herrn Dustin Dezéz, der im Anschluss über Fluchtbewegungen als Folge von Konflikten und Krisen referieren sollte, wurde der Vortrag mit anschließender Diskussionsrunde von Herrn David Stock (Initiative junger Transatlantiker e. V.) über eine Bestandsaufnahme der deutsch-amerikanischen Beziehungen vorgezogen. In der Entwicklung der transatlantischen Freundschaft mit den U.S.A. sieht der Referent die Befreiung Europas im Zweiten Weltkrieg, die Berliner Luftbrücke, den Marshallplan, den Besuch von John F. Kennedy 1963 in Berlin, die Rede von U.S.-Präsident Ronald Reagan vor dem Brandenburger Tor 1987, die Anschläge vom 11. September 2011 sowie dem „Krieg gegen den Terror“ als historische Schlüsselmomente an. Aktuelle Herausforderungen bzw. Belastungsproben im transatlantischen Verhältnis wurden am Beispiel der Diskussionen über die von der NSA praktizierte Massenausspähung deutscher Staatsbürger und die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP illustriert. Die außenpolitische Partnerschaft beider Staaten in kollektiven Handels- und Sicherheitsnetzwerken bildete den Abschluss.

Am dritten Seminartag stand der Vortrag von Herrn Oberst a. D. Heinrich Quaden im Mittelpunkt, der über das Engagement der Bundeswehr in Auslandseinsätzen referierte. Die rechtlichen Voraussetzungen für die aktive Teilnahme an Auslandseinsätzen von einem Mandat des U.N.-Sicherheitsrats bis zur Mandatierung durch den Deutschen Bundestag führten zur Bewertung des Referenten über die Bundeswehr als der „am besten“ kontrollierten Armee weltweit. Mithilfe von fünf Thesen, die die Notwendigkeit zum Engagement der Bundeswehr an humanitären und militärischen Einsätzen begründet, führten die Teilnehmer eine engagierte Diskussion über die Belastbarkeitsgrenzen der Bundeswehr. Aktuelle Fragen wie die Versäumnisse in der Rüstungsbeschaffung sowie der angemessenen Ausstattung von Soldaten wurden ebenfalls thematisiert.

Die anwesenden Zuhörer beteiligten sich aktiv durch Wortmeldungen an den Fragerunden, in deren Verlauf teilweise Diskussionen zustande kamen. Gestellte Fragen beleuchteten nochmals die aktuellen Herausforderungen deutscher Außenpolitik, aktuelle Krisenherde, die handelspolitischen Aktivitäten zwischen Deutschland und den USA sowie die anhaltenden Migrationsströme nach Europa. Am Ende sprachen die Zuhörer den Referenten und der Konrad-Adenauer-Stiftung ihren Dank für das Zustandekommen der Veranstaltung aus. Der Tagungsleiter dankte den Anwesenden für ihre Teilnahme. Störungen innerhalb der Veranstaltung traten nicht auf.


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