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Veranstaltungsberichte

GESPERRTE ABLAGE: UNTERDRÜCKTE Literaturgeschichte in Ostdeutschland 1945-1989

Vortrag und Gespräch

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Autorenleben, die staatlich nicht gewollt waren

Ines Geipel erzählt die Geschichten unterdrückter Autorinnen und Autoren der DDR

Etwa 30 Interessierte kamen am 14. April ins Museum „Flohburg“ nach Nordhausen, um von der Autorin aus erster Hand Ergebnisse einer menschlichen und literarischen Spurensuche zu erfahren. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Verein „Gegen Vergessen – für Demokratie“ statt, für den Joachim Heise das Schlusswort sprach. Die Begrüßung übernahm Nordhausens Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh.

„Diese Autoren und ihre Texte gehören ins kulturelle Gedächtnis.“

Am Ende der Veranstaltung wirkten die Zuhörerinnen und Zuhörer betroffen und stimmten mit Joachim Heise überein, dass die Beschäftigung mit der DDR und die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur nicht einfach für beendet erklärt werden dürfe. Im Falle der besprochenen unterdrückten Autoren sollte dies mindestens so lange gelten, bis ihre literarischen Texte Eingang in das kulturelle Gedächtnis gefunden haben. Das ist auch Ines Geipels Wunsch.

Um die Entdeckung und Bekanntmachung hat sie sich gemeinsam mit Joachim Walther verdient gemacht. Nachdem beide ein Archiv zum Thema in Berlin aufgebaut und eine zehnbändige „verschwiegene Bibliothek“ herausgegeben haben, folgte im vergangenen Jahr schließlich die Publikation „Gesperrte Ablage. Unterdrückte Literaturgeschichte in Ostdeutschland 1945-1989“, die jahrzehnteweise im verständlichen und berührenden Ton die Biographien der Unterdrückten erzählt.

Wie die Staatssicherheit Autorenleben zersetzte und zerstörte

Im Gespräch mit Sina Meißgeier, Germanistin und Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung, berichtete Ines Geipel von kriminologischen Suchen und vom Heben des Materials. So fanden sich viele Texte und Verbindungen in verschiedenen Akten der Staatssicherheit. „Es reichte im Zweifel schon, ein unpolitisches Gedicht geschrieben und auffällig ausgesehen zu haben, und der Zugriff erfolgte“, so Geipel. Aus Angst, dass ihre Texte entdeckt würden, versteckten manche Autoren sie in Bahnhofspinds, in Kartoffelkellern oder nähten sie in Kissen ein. Wer unter Beobachtung stand, war in den meisten Fällen bereits vorverurteilt. „Edeltraud Eckert, die 1950 wegen eines Flugblattes in Waldheim landete und 25-jährig schwer verletzt und elendig starb, oder Ralf-Günter Krolkiewicz, der ‚feindlich-negativ‘ eingestuft wurde, ohne es zu wissen, waren innerhalb, geschweige denn außerhalb der DDR nicht bekannt, und so hatten sie keinerlei Schutz vor der Willkür“, referierte Geipel ausgewählte Einzelschicksale vor einem Publikum, das hauptsächlich selbst aus DDR-Zeitzeugen bestand.

Dritte Gruppe neben den Kanon-Autoren und den Dissidenten

Gesamt betrachtet, leisten Geipels und Walthers Entdeckungen einen wichtigen Beitrag für die DDR-Literatur-Forschung. Denn die 100 Autorinnen und Autoren der „gesperrten Ablage“ bilden neben kanonisierten Autoren der DDR-Literatur und Dissidenten, wie beispielsweise Reiner Kunze oder Wolf Biermann, eine dritte Gruppe. Ihre Biographien sind nun zugänglich und kontextualisiert, die literaturwissenschaftliche Analyse ihrer Texte aber steht in den meisten Fällen noch aus.

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