Martin Kratochvíl (STEM) präsentierte Daten aus Umfragen der letzten zehn Tage vor der Wahl. Er betonte, dass sich die Hälfte der Wähler innerhalb ihres bevorzugten politischen Lagers erst im letzten Monat für eine konkrete Partei entschieden habe. Das wichtigste Thema waren soziale Sicherheiten, doch zugleich betrachteten die Wähler die Senkung der Staatsverschuldung als ebenso vorrangig - trotz des offensichtlichen Widerspruchs.
Petra Guasti (FSV UK) brachte gute Nachrichten über die Stabilität der tschechischen Demokratie. Die überwiegende Mehrheit der Wähler bleibe dem System treu, und Polarisierung sei eher eine Frage der politischen Richtung als des Regimewechsels - was die Legitimität der demokratischen Repräsentation stärke. Sie wies außerdem darauf hin, dass die Präsidentschaftswahl 2023 Andrej Babiš den Protestparteien nähergebracht habe.
Lenka Hrbková (FSS MUNI) verwies auf den allgemein niedrigen Anteil von Frauen in der Politik der mittel- und osteuropäischen Länder, wo der Anstieg des Frauenanteils seit 1989 nur langsam voranschreitet. Der diesjährige Zuwachs an Frauen im Abgeordnetenhaus stelle keine Revolution dar, sondern spiegele lediglich die Präferenzen liberalerer Wähler wider. Die eigentliche Herausforderung werde die Wiederwahl dieser Abgeordnetinnen sein.
Aneta Pinková (ÚDHPSH) widmete sich der Wahlkampffinanzierung. Die wichtigsten Parteien hätten ihre Kampagnen dank strategischer Planung in diesem Jahr ohne Umgehung der Ausgabenlimits bewältigt. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass die zunehmende Bedeutung des Online-Wahlkampfs die Aufsicht der Behörden erheblich erschwere. Staatliche Eingriffe in Wahlprozesse bezeichnete sie als heikle Maßnahmen, die nur dann gerechtfertigt seien, wenn sie tatsächlich notwendig sind.
In der abschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Václav Šmatera, wurde von den Teilnehmern der gemeinsame Interessenpunkt von Andrej Babiš und Tomio Okamura - die Frage der parlamentarischen Immunität - als bestimmender Faktor für ihre Zusammenarbeit im neu gewählten Unterhaus hervorgehoben. Prof. Lubomír Kopeček (FSS MUNI) warnte vor dem Risiko der „Einmaligkeit“ bei den junioren Koalitionspartnern von ANO. Bohumil Pečinka (Kecy a politika) betonte die Notwendigkeit der Gründung „falscher“ Protestparteien, die dem Lager um ANO eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus ermöglichen. Robert Čásenský (Chefredakteur von Seznam Zprávy) schloss die Diskussion mit dem Hinweis, dass der Generationenwechsel bei den Abgeordneten der scheidenden Regierungskoalition zu einem günstigen Zeitpunkt erfolgt sei – die Oppositionsarbeit biete ihnen die Gelegenheit, wertvolle politische Erfahrung zu sammeln.