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Veranstaltungsberichte

Wohin steuert Deutschland?

von Sophie Hessingová

Politologisches Symposium 2025

Am 10. April 2025 fand an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Masaryk-Universität ein politologisches Symposium mit dem Titel „Wohin steuert Deutschland?“ statt.

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Die Veranstaltung wurde vom Internationalen Institut für Politikwissenschaft der Masaryk-Universität in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert. Die Konferenz befasste sich mit der Entwicklung Deutschlands nach den Parlamentswahlen und deren Auswirkungen auf die europäische sowie die innenpolitische Lage. Das Programm umfasste vier Fachvorträge und eine abschließende Podiumsdiskussion.

 

Die vier Vorträge konzentrierten sich auf die außenpolitische Rolle Deutschlands, Migration, den außenpolitischen Wendepunkt (Zeitenwende) sowie die wirtschaftliche Lage. Die Diskussionsblöcke zwischen den Beiträgen wurden von Martina Beránková (KAS) moderiert.

 

Eröffnet wurde die Konferenz von Vratislav Havlík von der FSS MUNI mit einem Beitrag über die Rolle Deutschlands in Europa. Er wies auf den Widerspruch zwischen den hohen Erwartungen an Deutschland und dessen tatsächlicher Fähigkeit hin, diesen gerecht zu werden. Kritisch äußerte er sich zum medialen Bild des Bundeskanzlers als „Messias“, der jede Krise lösen könne.

 

In diesem Zusammenhang thematisierte er auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, die oft als Schlüssel zur Stabilität Europas genannt wird, jedoch an interner Handlungsunfähigkeit und der Zögerlichkeit Berlins bei konkreten Entscheidungen scheitert – ein Spannungsverhältnis zwischen der Erwartung an starke Führung und einer Realität, die eher von Zurückhaltung und Diplomatie geprägt ist.

 

Zuzana Lizcová (AMO, FSV UK) knüpfte mit einem Beitrag zur Migration in der deutschen öffentlichen Debatte an. Sie ging auf persistierende Mythen ein, die oft durch Medien genährt werden – etwa über angeblich hohe Kriminalität unter Migranten oder die Gefährdung des Sozialsystems. Sie hob den erheblichen Unterschied zwischen öffentlicher Wahrnehmung und Realität hervor, da Deutschland langfristig zu den zwanzig sichersten Ländern der Welt gehört. Außerdem wandte sie sich gegen die Vorstellung, man könne „die Grenzen schließen“, und betonte, dass Deutschland als Rechtsstaat im Rahmen der Gesetze und seiner internationalen Verpflichtungen handeln müsse.

 

Jana Urbanovská von der FSS MUNI beschäftigte sich mit dem Konzept der Zeitenwende in der deutschen Außenpolitik. Sie beleuchtete die Hindernisse für deren tatsächliche Umsetzung – von schwacher und uneindeutiger Kommunikation des Kanzlers Scholz über innerkoalitionäre Konflikte bis hin zu begrenzten finanziellen Mitteln. Sie machte auch auf die Rolle der Bürokratie aufmerksam, die oft notwendige Prozesse verlangsamt, sowie auf die tief verankerte Kultur der Zurückhaltung, die schnelle und entschlossene Schritte auf internationalem Parkett erschwert.

 

Einen wirtschaftlichen Blickwinkel brachte Libor Žídek vom Institut für Volkswirtschaftslehre der MUNI ein. Er erinnerte daran, dass Deutschland ein zentraler Handelspartner Tschechiens ist, wohin rund 30 % des tschechischen Exports fließen. Damit unterstrich er die strategische Bedeutung Deutschlands für die tschechische Wirtschaft. In seinem Beitrag betonte er die historische Widerstandskraft der deutschen Wirtschaft und wies darauf hin, dass es sich trotz aktueller Schwierigkeiten um „Probleme der reichen Welt“ handle – Deutschland gehört zu den Ländern mit dem höchsten BIP pro Kopf, und trotz bestehender Herausforderungen bleibt das wirtschaftliche Fundament stark.

 

An der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen Tomislav Delinić (Leiter der Auslandsbüros KAS Tschechien und Slowakei), Zuzana Zavadilová (Journalistin und Analystin für deutsche Politik) und Oldřich Krpec (Politologe von der FSS MUNI) teil. Die Diskussion widmete sich Themen wie innerpolitischer Polarisierung, Energiepolitik, Deutschlands Stellung in der EU sowie seiner Rolle im globalen Kontext. Kritisiert wurde unter anderem die deutsche Politik der Zusammenarbeit mit außereuropäischen Staaten, die zur Schwächung der europäischen Souveränität beitrug.

 

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass Deutschland mit strategischer Unsicherheit und innerer Polarisierung konfrontiert ist. Aufmerksamkeit erhielt auch die Notwendigkeit, die Debatte über Kernenergie neu zu eröffnen und den Green Deal zu überdenken, der anstatt die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, zu einer rigiden Energiepolitik geführt habe. Auch wurde über die Stärkung der Rolle Deutschlands in der europäischen Verteidigung gesprochen. In Bezug auf Migration wurde die Ungleichheit in der Rechtsstaatlichkeit kritisiert, die zur Polarisierung der Gesellschaft beiträgt.

 

Der Abschluss der Diskussion betonte die Bedeutung erfolgreicher Integration von Migranten zur Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Nach Ansicht der Diskutierenden ist es für die Zukunft entscheidend, innere Spaltungen in der deutschen Gesellschaft zu überwinden und das Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen wiederherzustellen. Zugleich müsse Deutschland seine Fähigkeit stärken, eine aktive Rolle in der europäischen Sicherheitspolitik zu übernehmen

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