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CPAC 2011: Startschuss für einen Wahlkampf ohne Kandidaten

von Ferdinand Sacksofsky

KAS-Bericht zum jährlichen Treffen der Konservativen in Washington

Ist die Tea Party inzwischen der einflussreichste Flügel der GOP? Verdrängt sie traditionelle sozialkonservative Themen aus der Republikanischen Agenda, wenn homosexuelle Gruppen ihren Stand neben Abtreibungsgegnern aufbauen dürfen? Hat es Sarah Palin nicht mehr nötig sich der konservativen Basis zu präsentieren? Und wer soll eigentlich für die GOP im Jahr 2012 um die Präsidentschaft kandidieren? Donald Trump?

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Diese Fragen stellten sich viele der 11.000 Besucher der diesjährigen Conservative Political Action Conference (CPAC), die am 10. Februar in Washington D.C. stattfand. Die New York Times bezeichnete es als den „Startschuss für den Wahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner“. Bis auf wenige Ausnahmen, verzichtete daher auch keiner der potentiellen Kandidaten darauf, sich den Sozialkonservativen sowie dem harten Kern der Tea Party vorzustellen. Während Palin und Huckabee andere Termine hatten, präsentierten sich neben alten Bekannten wie Mitt Romney, Newt Gingrich und Ron Paul auch neuere Gesichter, wie Haley Barbour, Mitch Daniels und Tim Pawlenty, sowie der exzentrische New Yorker Milliardär Donald Trump, der das Publikum mit seinen Spekulationen über eine Kandidatur sichtlich begeisterte. Neben den üblichen sozialkonservativen Themen standen dieses Jahr insbesondere Wirtschaftsthemen im Fokus der Veranstaltung, was ein klares Zeichen für die große Bedeutung der Tea Party-Bewegung innerhalb der Partei war. Ob es deshalb auch den homosexuellen Konservativen der GOProud gestattet war an dem Event teilzunehmen, bleibt reine Spekulation. Die Boykotte, die diese Entscheidung nach sich zogen, sorgten allerdings für erhebliche Diskussionen an der Republikanischen Basis. Die wichtigste Frage jedoch, wer die GOP im nächsten Jahr in den Wahlkampf führen wird, blieb nicht nur unbeantwortet, sondern scheint nach der dreitägigen Veranstaltung offener denn je.

Tea Party runs the show

Vor drei Monaten hat die Bewegung bei den Midterm Elections die Machtverhältnisse in Washington entscheidend verändert und auf der diesjährigen CPAC konnte man deutlich sehen, dass die Tea Party noch lange nicht damit fertig ist, der US-Politik ihren Stempel aufzudrücken. Das konnte man schon daran sehen, dass zum ersten Mal in der 38jährigen Geschichte der CPAC, Themen wie die Reduzierung des Regierungseinflusses und konservative Fiskalpolitik größere Beachtung fanden, als die traditionellen sozialkonservativen Themen, berichtete die New York Times. Man sieht immer deutlicher, dass die GOP nicht mehr die Partei ist, die sie noch zu John McCains Wahlkampfzeiten war. Die Associated Press stellte fest, dass es inzwischen drei Jahre her ist, dass der selbsternannte Außenseiter McCain das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur gewann und schließlich im Wahlkampf um die Präsidentschaft scheiterte. Seitdem erlebte die GOP den Aufstand der Tea Party-Bewegung und gewann das Repräsentantenhaus zurück. Heute sind die Fiskalkonservativen in der Partei mächtiger als je zuvor.

Die diesjährige CPAC untermauerte den stetig wachsenden Einfluss, den der fiskalkonservative Flügel auf die Republikanische Partei hat. Laut der Los Angeles Times ließ es sich auch bis auf eine Handvoll Politiker keiner der potentiellen Präsidentschaftskandidaten nehmen, auf der CPAC aufzutreten. Eines wurde bei diesen Auftritten schnell klar: der kommende Wahlkampf in der Republikanischen Partei wird so stark von konservativen Ideen geprägt werden, wie schon seit Jahren nicht mehr. Darüberhinaus scheint die Tea Party auch bereit zu sein, eine entscheidende Rolle im nächsten Präsidentschaftswahlkampf zu spielen. Zumindest hatte man das Gefühl, dass die Besucher, von denen viele den harten Kern der Tea Party repräsentierten, sich bewusst waren, dass ihre Bewegung im nächsten Jahr mitbestimmt, wer gegen Barack Obama antreten wird. Aber auch für den einfachen CPAC-Besucher gab es viele deutliche Indizien auf den erheblichen Einfluss der Tea Party. Neben den zahlreichen Podiumsdiskussionen über finanzpolitische Themen, fiel besonders auf, dass alle potentiellen Kandidaten das Hauptaugenmerk in ihren Reden offensichtlich auf die Wirtschaft gelegt hatten. Zwar sind der Staatshaushalt und die Arbeitslosenzahlen aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise sowieso in aller Munde, doch der deutliche Fokus auf diese „Tea Party-Themen“, bei einer sonst von gesellschaftspolitischen Problemen geprägten Veranstaltung, unterstrich die neue Stellung der Bewegung innerhalb der Partei. Ob die Sozialkonservativen bei der CPAC in Zukunft an Bedeutung verlieren werden, bleibt abzuwarten. Allerdings könnte man die Teilnahme der GOProud vielleicht schon als erstes Zeichen in diese Richtung werten.

CPAC comes out of the closet?

Im Vorfeld der CPAC beherrschte neben den rein politischen Themen vor allem eine parteiideologische Debatte das Geschehen. GOProud, eine Vereinigung homosexueller Konservativer wurde in den Sponsorenpool der diesjährigen CPAC aufgenommen und war daher auch auf der Veranstaltung mit einem Stand vertreten. Diese Tatsache hatte laut New York Times einen Eklat zur Folge, da konservative Größen, wie die Heritage Foundation und Family Research Council, sowie einige Politiker, unter ihnen auch der von der Basis als Präsidentschaftskandidat hoch gehandelte Jim DeMint, die Veranstaltung boykottierten. Nachdem private Rundschreiben einiger hochrangiger Social Conservatives an die Öffentlichkeit gelangten, befürchtete man in den konservativen Reihen, dass das Thema größere Wellen schlagen würde, als gewünscht. Die Washington Times berichtete, in diesen Schreiben seien Stimmen laut geworden, die nach einer Überarbeitung der konservativen Statuten verlangten, sodass man in Zukunft homosexuelle Gruppen von der Reagan Coalition und den Defense Conservatives sowie den Social Conservatives ausschließen könne. Zwar waren die Stände zu den üblichen sozialen Themen, wie Abtreibung, Familienwerte und Einwanderungspolitik auch dieses Jahr wieder zahlreich vertreten, doch die Diskussion um schwule Konservative erntete die größte öffentliche Aufmerksamkeit. Das dürfte selbst liberaleren Republikanern kaum recht gewesen sein.

Ein weiterer Grund für das große mediale Echo war nach einem Bericht von Politico, die Diskussion um den Auftritt von Gary Johnson. Wochenlang hatte man dem homosexuellen Ex-Gouverneur von New Mexico ausrichten lassen, dass für seine Rede kein Platz mehr im Zeitplan der CPAC sei. Zwei Tage vor der Eröffnung erhielt er schließlich doch noch eine Einladung. Allerdings war Johnsons Anwesenheit auch mit offizieller Einladung der Organisatoren nicht weniger kontrovers. Immerhin ist Johnson ein Verfechter von Schwulenrechten und spricht sich für die Legalisierung von Cannabis aus.

Sarah Palin, deren Stimme in der Tea Party großes Gehör findet, äußerte sich zu diesem Thema bei FOX News. Sie sehe nicht schlimmes an der Teilnahme der GOProud. Die Konservativen hätten wichtigere Themen zu besprechen, als welche Gruppe der Konferenz beiwohnen dürfe und welche nicht. „Die Menschen verlieren ihre Arbeit und ihre Häuser und wir führen immernoch einen Krieg. Wir sollten uns lieber auf das konzentrieren, was wirklich von Bedeutung ist … Ich habe kein Problem mit egal welcher Art von Gruppierung, die sich am politischen Geschehen beteiligen.“

Die Suche nach Mr./Mrs. Right

Als Donald Trump mit seinem Auftritt am ersten Tag die Besucher der CPAC überraschte, wurde er mit Standing Ovations begrüßt. Die Associated Press deutete die Reaktionen der Anwesenden zu Trumps Rede als deutliches Zeichen, wie offen das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur dieses Jahr ist. Viele der 11.000 Besucher sagten, sie würden Trump als ernsthaften Kandidaten betrachten und es scheint, als könne dieses Jahr fast jeder als Präsidentschaftsanwärter herhalten. Ein Großteil der Konservativen schien sich jedoch noch nicht auf einen Kandidaten festlegen zu wollen, da aus dem Feld der Bewerber bisher noch keiner heraussticht, der den Präsidenten nächstes Jahr aus dem Amt drängen könnte. Donald Trump selbst unterstrich die Notwendigkeit Barack Obama im kommenden Jahr zu einem One-Term-President zu machen. Er sagte, die USA seien International zu einer Witzfigur verkommen und das gelte es schnellstens zu ändern. Trump sagte mehrfach in seiner selbstbewussten Art, er werde den Wählern im Juni mitteilen, ob er kandidieren werde.

Auch nach der CPAC stimmten viele der Konservativen darin überein, dass keiner der „Möchtegern-Kandidaten“ so überzeugend war, dass er die gesamte Partei in einem Wahlkampf hinter sich vereinen könnte. Der Boston Globe stellte fest, dass der Machtzuwachs der Tea Party im vergangenen Jahr, die Kluft zwischen der Bewegung und der Parteiführung der GOP immens vergrößert hat, wodurch ein Vakuum entstanden ist, das bislang kein Kandidat zu füllen vermag. Damit bleibt aus Republikanischer Sicht nur zu hoffen, dass die Kandidaten, die auf der CPAC mit Abwesenheit geglänzt haben, eine bessere Figur im Wahlkampf abliefern.

The Star that wasn’t there

Für eine Enttäuschung sorgte die ehemalige Gouverneurin Sarah Palin, die aus Termingründen der CPAC auch dieses Jahr nicht beiwohnte. Politico zeigte sich äußerst erstaunt darüber, da Palin eine Gallionsfigur der Tea Party-Bewegung ist und darüberhinaus ernsthaft eine Kandidatur für den Präsidentschaftswahlkampf in Betracht zieht. Ihre möglichen Konkurrenten sahen darin auch eine Chance, die wohl zurzeit berühmteste Republikanerin der USA öffentlich anzugreifen. Der ehemalige Senator von Pennsylvania, Rick Santorum, attackierte Palin in der vergangenen Woche, als er sagte: „Ich habe das Gefühl, dass sie viele Verpflichtungen in ihrem Terminkalender stehen hat, mit denen sie finanzielle Interessen verfolgt.“ Damit unterstellte Santorum ihr, dass bezahlte Reden für Palin absoluten Vorrang hätten. Palin ging auf Santorums Beschuldigungen in einem Interview mit Sean Hannity für FOX News ein, indem sie Santorum als schlecht informiert bezeichnete und feststellte, dass diese Art der Kritik ganz eindeutig unter die Gürtellinie ziele. Ihr Fernbleiben sei lediglich auf terminliche Komplikationen zurückzuführen. Weiter sagte sie: „Ich werde ihn jetzt nicht als einen primitiven Höhlenmenschen bezeichnen. Das überlasse ich seiner Frau.“

Neben Palin blieben auch andere hochgehandelte Kandidaten der CPAC fern, was die anwesenden Wähler zum Teil verblüffte. In erster Linie Mike Huckabee, der neben Mitt Romney als einer der ernstzunehmendsten Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur gilt und auch schon 2007 angetreten war. Auch er ließ verlauten, dass sein Fernbleiben durch Terminprobleme bedingt war.

Was die Wähler wollen

Die potentiellen GOP-Kandidaten für das kommende Jahr standen laut Political Times im Vorfeld der CPAC vor einer wichtigen Entscheidung. Sollten sie das aussprechen, was die Basis tatsächlich denkt, oder sollten sie in ihren Reden die Themen abhandeln, die als notwendig angesehen werden, um 2012 erfolgreich zu sein? Eine der Alternativen hätte breite Zustimmung und tosenden Applaus zur Folge, die andere vielleicht die Präsidentschaft im Jahr 2012. Selbst in einer Partei, in der Ideologie und Parteitreue mehr zählen als anderswo, bringt einen die Zustimmung der Massen nur bis zu einem gewissen Punkt. Um tatsächlich als ernsthafter Kandidat anerkannt zu werden, mussten die Redner auf der CPAC alle in das gleiche Horn blasen. Nur wer konsequent gegen Washington und Obama wetterte, wurde von den CPAC Besuchern als einer der ihren akzeptiert und kann somit auf die Unterstützung der Tea Party in einem kommenden Wahlkampf hoffen. Doch der Wunschkandidat für 2012 scheint trotz aller Anstrengungen noch nicht gefunden zu sein.

Bei dem CPAC-internen Straw Poll gewann dieses Jahr, wie erwartet der Vorjahressieger Ron Paul (30%), gefolgt von Mitt Romney (23%), der in den letzten fünf Jahren selbst dreimal die Umfrage für sich entscheiden konnte. Da der Straw Poll jedoch maßgeblich von mitgereisten Anhängern der Politiker beeinflusst wird, konnte kein weiterer Kandidat ein ähnliches Ergebnis wie das des Spitzenduos erzielen. Politico verweist beim Thema mögliche Republikanische Kandidaten auf eine nationale CNN-Umfrage unter Republikanern sowie unabhängigen Wählern, bei der 65% der Befragten angaben, sie würden am liebsten einem Kandidaten wählen, der sich tatsächliche Chancen gegen Präsident Obama ausrechnen könnte. Sie wären sogar bereit diesen Kandidaten zu wählen, wenn er mit ihren eigenen Werten und Vorstellungen nicht völlig übereinstimmen würde. In derselben Umfrage sahen 25% Mitt Romney zurzeit als den Spitzenkandidaten der GOP, dicht gefolgt von Sarah Palin mit 24%. Im sog. Horse Race (vergleichbar mit der deutschen Sonntagsfrage) führte Mike Huckabee das Feld mit 21% an, gefolgt von Palin mit 19% und Romney mit 18%.

CPAC: Wichtig, aber nicht entscheidend

Man muss bedenken, dass für jeden potentiellen Kandidaten die CPAC eine andere Bedeutung hat. Jeder stellt andere Erwartungen an das Event und es gilt als wichtiges Stimmungsbarometer, bei dem sich bereits früh im Wahlkampf sehen lässt, inwieweit ein Kandidat von der konservativen Basis akzeptiert wird. The Hill berichtete, es sei z.B. von Beginn an klar gewesen, dass Mitch Daniels Rede einer genauen Überprüfung des Publikums standhalten müsse, nachdem dieser immernoch unter seinem Vorschlag einer „Waffenruhe“ im Bereich der Sozialpolitik leide. Der Gouverneur von Indiana hatte 2010 vorgeschlagen, die ständigen Diskussionen mit den Demokraten im Sozialbereich zunächst ruhen zu lassen, bis sich die wirtschaftliche Lage im Land erholt hat. Tim Pawlentys Rede wiederum, sollte dem Ex-Gouverneur von Minnesota die Möglichkeit geben, zu zeigen, ob er die konservativen Massen begeistern kann und entgegen seines Rufes, tatsächlich das Zeug zu einem seriösen Kandidaten hat. John Thune hielt die Spekulationen über seine Kandidaturabsichten mit seiner Rede weiter am Leben und Rick Santorum hatte mit seinem Auftritt am Donnerstagmorgen eine gute Chance, sich bereits früh in der Veranstaltung bei der Basis zu positionieren.

Die Frage bleibt offen, ob auch alle das Maximum aus ihren Auftritten geholt haben. Es gab keine Überflieger und keine großen Enttäuschungen. Es gab viel Lob für die Tea Party-Bewegung, viel Kritik an der Regierung, viele Kampfansagen für 2012 und jede Menge Patriotismus. Dagegen gab es kaum Überraschungen, wenig Selbstkritik und keine neuen Antworten auf die Kandidatenfrage. CPAC 2011 erfüllte die Erwartungen, übertraf sie aber auch nicht. Klar ist allerdings jetzt schon, dass die Staatsverschuldung, das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen die dominierenden Themen im Wahlkampf sein werden. Ein deutliches Zeichen, dass die Tea Party die Richtung im Wahlkampf vorgibt, der mit der CPAC offiziell begonnen hat.

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