Asset-Herausgeber

Einzeltitel

Die Zukunft der transatlantischen Kooperation mit China und die Entwicklung des „global governance“

Das American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) lud am Mittwoch den 15.04.2015 zu einer Panel Diskussion ein, um mit ausgewählten Experten das Thema „Transatlantic Cooperation toward China And the Future of Global Governance“ zu erläutern. Die Veranstaltung gliederte sich in zwei Panels, die zum einen der Frage der „International Order and a Rising China“ nachgingen und zu anderem den Gegenstand des „Global Economic Governance“ darstellten.

Asset-Herausgeber

Die Expertenrunde, die dem ersten Panel zum Thema „International Order and a Rising China“ beisaß, setzte sich aus David Lampton (Johns Hopkins School of Advanced International Studies), May-Britt U. Stumbaum (Freien Universität Berlin) und Shixue Jiang (Chinese Academy of Social Sciences) zusammen. Die drei Vortragenden bestätigten, dass sich derzeit ein Wandel der machtpolitischen Verhältnisse innerhalb der globalen Ordnung vollziehe. Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und der Aufstieg zur größten Volkswirtschaft mache eine Reformierung der Bretton Woods Organisationen, der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF), unabdingbar. Aufstrebenden Nationen wie Brasilien, China und Indien müsse in den Gremien mehr Mitspracherecht zugesprochen werden, da ihr Anteil am globalen Wirtschaftsoutput stetig steige. Es genüge nicht mehr, diese Länder von wichtigen Entscheidungsprozessen auszuschließen, sondern es sei nun die Aufgabe des Westens, diese aktiv zu integrieren. Der beim IWF eingereichte Vorschlag Chinas, ihre monetäre Beteiligung aufzustocken, um ihm Austausch ein größeres Stimmgewicht zu bekommen wird derzeit vom US-Kongress blockiert. Lampton betonte jedoch, dass es essentiell sei, die neue Verteilung der Macht gerade in Organisationen wie dem IWF oder der Weltbank umzusetzen, da andernfalls, wie am Beispiel der kürzlich gegründeten Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) zu sehen ist, Parallelorganisationen entstehen können.

Die westliche Weltgemeinschaft müsse akzeptieren, dass sich China längst zu einem „global player“ entwickelt habe, und in wichtige weltpolitische Entscheidungen miteinzubeziehen sei. Stumbaum führte aus, dass der chinesische Export in die Europäische Union 21,8% betrage und somit 5,6% des chinesischen Bruttoinlandsproduktes darstelle. Der Export in die USA bilde mit 17,1% etwa 4,4% des chinesischen Bruttoinlandsproduktes. Die wirtschaftliche Vernetzung zwischen den USA, der EU und China vertiefe sich stetig. China ist drittgrößter Handelspartner Deutschlands und sogar Zweitgrößter der EU. Diese Zahlen unterstützen den Ruf nach einer Reformierung der oben genannten Organisationen. Laut einer Umfrage sehen 59% der deutschen Bevölkerung diese starke Abhängigkeit von China und den chinesischen Aufstieg zur größten Volkswirtschaft als Gefahr an. 57% sagen jedoch, dass die Beziehung zwischen Deutschland und China genauso wichtig sei, wie die zu den USA, so Stumbaum.

Die Wichtigkeit eine nachhaltige und stabile transatlantischen Beziehung zwischen den USA, der EU und China zu generieren, fasste Stumbaum aus der deutschen Perspektive in den folgenden drei Punkten zusammen: Zum einen, stelle China sowohl für die EU als auch für Deutschland einen wesentlichen strategischen Partner dar, der eine Schlüsselrolle im internationalen System einnehme. Des Weiteren bestehen die Beziehungen zwischen China und Deutschland zu einem großen Teil aus dem Austausch von Fachkompetenzen, die weiterhin genutzt werden sollen, um das bilaterale Handelsvolumen zu vertiefen. Schließlich könne durch die transatlantische Kooperation das Interesse Deutschlands und der USA, eine stabile internationale Ordnung aufrechtzuerhalten, durchgesetzt werden. Jiang betonte jedoch auch, dass eine ausschließliche Fokussierung auf den multilateralen Handel zwischen den USA, der EU und China fatal für die Entwicklung der Weltwirtschaft sei. Die Welt könne nicht von der „G2 oder G3“ geführt werden. Dafür gebe es zu viele offensichtliche Differenzen hinsichtlich der zu verfolgenden Strategie oder der zu setzenden Ziele.

Im darauffolgenden Panel diskutierten Sandra Hepp (Mercator Institute for China Studies) und David Dollar (The Brookings Institution) zum Thema „Global Economic Governance“. Hierbei gingen die beiden Vortragenden besonders intensiv auf die neu gegründete Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) ein. Hepp zeigte Verständnis für den Entschluss der Chinesen eine Infrastruktur-Investitionsbank aufzubauen, die parallel zur Weltbank arbeiten werde. Diese könne eine wichtige Lücke in der Entwicklungshilfe schließen, indem sie die Förderung des Infrastrukturausbaues in unterentwickelten Ländern als Top-Priorität definiere. Um diesen Prozess aktiv mitgestalten und leiten zu können, rät Hepp dem Westen, konstruktiv an der AIIB zu partizipieren, anstatt diese von außen zu kritisieren und als Konkurrenz für die etablierte Weltbank anzusehen.

Dollar stellte drei Punkte dar, die seiner Meinung nach derzeit im inhaltlichen Kontext besonders relevant seien. Um eine funktionierende und nachhaltige „global governance“ zu generieren bedürfe es einer wirtschaftlichen Balance. Es gebe gegenwärtig ein zu großes Ungleichgewicht zwischen Nationen, die über enorme Überschüsse verfügen, und denjenigen Ländern, die zu viele Defizite anhäufen. Diese Disparität führe über einen längeren Zeitraum betrachtet zu Weltwirtschaftskrisen, die besonders die weniger entwickelten Nationen treffen würden. Mithilfe von fiskal- und strukturpolitischen Maßnahmen solle ein weitgehendes Gleichgewicht hergestellt werden, um erneute Krisen effektiv vorzubeugen. Als zweiten Aspekt nannte Dollar, die bereits angesprochene Reformation der Bretton Woods Organisationen. Dies sei essentiell, um die Legitimität der Institutionen zu wahren. Ohne die strukturelle Anpassung des IWF oder der Weltbank seien die Organisationen nicht mehr tragbar und fähig eine Politik vorzugeben, die besonders faire Rahmenbedingungen für zukünftige globale Entwicklungen darstellt. Dollar sehe in der AIIB keine direkte Konkurrenz für die Weltbank. Der Westen habe nun die Chance, effektiv mit der AIIB zusammen zu arbeiten, um die globale Entwicklungshilfe noch effizienter zu gestalten.

Die Veranstaltung des AICGS zeigte, dass die Weltgemeinschaft vor einer neuen Herausforderung stehe. Die kommenden Monate und Jahre werden wegweisend sein, um eine neue Balance der Verteilung der politischen und wirtschaftlichen Macht aufstrebender Nationen wie Brasilien, China und Indien zu schaffen. Der Westen müsse diese Länder aktiv in wichtige Entscheidungsprozesse integrieren und etablierte Organisationen, wie den IWF und die Weltbank dahingehend reformieren, dass den Schwellenländern und China in Zukunft größere Anteile an Stimmrechten innerhalb der Gremien zugesprochen werden.

Beitrag von Vanessa Maurer

Verantwortlich und Redaktion: Dr. Lars Hänsel

Asset-Herausgeber

comment-portlet