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Veranstaltungsberichte

Nachwuchsjournalisten zu Gast bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Washington, D.C.

Die Nachwuchsförderung verantwortungsvoller Redakteure, insbesondere in den TV-Medien, gehört zu den dringlichen Aufgaben der politischen Bildung, die die Journalistenakademie der Konrad-Adenauer-Stiftung verfolgt. In Zusammenarbeit mit der RTL-Journalistenschule organisierte die KAS in diesem Jahr zum dritten Mal eine Studien- und Informationsreise für deutsche Nachwuchsjournalisten in die USA. In dem von der KAS-Außenstelle in Washington organisierten Programmteil standen Gespräche mit Medienmachern und Medienbeobachtern zum Thema der amerikanischen Präsidentschaftswahl im Mittelpunkt.

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Journalismus im Umbruch

Als Einstieg in das dreitägige Washingtoner Rechercheprogramm lieferte der mehrfach preisgekrönte TV-Produzent Jon Ebinger (8 Emmys) im Rahmen eines Briefings im Fernsehstudio der ”School of Media and Public Affairs" an der George Washington University den deutschen Jungjournalisten einzigartige Einblicke in die sich rasant verändernde Welt des amerikanischen Nachrichtenjournalismus. Der heutige Journalismus sei in "schlechter Verfassung". Das derzeitige Durchschnitts-alter eines TV-Nachrichten-Konsumenten sei 60 Jahre. Dies sei indikativ für die Veralterung der Nachrichtenindustrie, die viele Konsequenzen mit sich bringe, beispielsweise ein Hinwenden der Nachrichtensprecher zur Rolle eines Aktivisten (advocacy news). Der dramatischste Wandel der letzten 15 Jahre sei jedoch auf die Rolle des Kabelfernsehens zurückzuführen. Aber auch die immer größere Bedeutung des Internet als Nachrichtenquelle (insbesondere auch die Blogosphäre) verändere zunehmend die Medienlandschaft. Der Journalist der Zukunft liefere seine Nachrichtenprodukte nicht mehr nur in Form von TV-Stories, sondern auch gleichzeitig in Form von Online-Artikeln, Radio-Sendungen und Blog-Beiträgen.

Auslandskorrespondent als Vermittler

Ein weiterer Schwerpunkt der Gespräche in Washington waren die transatlantischen Beziehungen. Der stellvertretende Leiter der Deutschlandabteilung im U.S.-Außeministerum, Scott Dean, appellierte an die deutschen Nachwuchsjournalisten, sich über die wichtige Rolle eines Auslandskorrespondenten bewußt zu sein, denn dieser sei ein Vermittler im gegenseitigen Verständnis auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Aufgabe eines Journalisten sei es, "dazu beizutragen, daß wir einander besser verstehen, nicht bestehende Vorurteile zu wiederholen". Dies treffe insbesondere auf vier oft wiederholte Mythen zu:

  1. Die Annahme, Amerika wolle kein starkes Europa. Dean bekräftige demgegenüber, daß die USA sehr wohl eine starke Europäische Union befürworte, denn diese sei Garant für Frieden und sei ein willkommener Partner Amerikas beim Lösen kritischer Probleme weltweit. Europa sei daher ein naheliegender Partner der USA. Innerhalb der EU seien dies vor allem die Länder mit den meisten Ressourcen, nämlich die west-europäischen Länder, allen voran Großbritannien, Frankreich und Deutschland.
  2. Die Annahme, dass Amerika seine Rolle bei NATO-Missionen lediglich im militärischen Bereich sehe. Tatsächlich jedoch seien die USA das größte Geberland für Hilfsgelder in Afghanistan in den Bereichen Wiederaufbau und humanitäre Hilfe ($26.2 Milliarden) und der Wiederaufbauplan Amerikas für Afghanistan enthalte sowohl militärische als auch zivile Komponenten.
  3. Der Annahme, daß die USA kein ernsthaftes Interesse am Klima- und Umweltschutz zeigten, hielt Dean entgegen, daß Amerika trotz der Nichtunterzeichnung des Kyoto-Protokolls auf Bundesebene sehr viel in diesem Bereich unternommen habe, insbesondere z.B. in Form des "Energy Independence und Security"-Gesetzes vom vergangenen Dezember, das zur größten Emissionsreduktion in der amerikanischen Geschichte führen werde.
  4. Der Annahme, daß die Amerikaner keinen Respekt für den Privatschutz des Individuums hätten, entgegnete Dean, daß beispielsweise die Tatsache, daß es in den USA keinen nationalen Personalausweise ("national ID") gebe, das Gegenteil beweise und Amerika sehr wohl über strenge Datenschutzgesetze verfüge. Mit Blick auf diese Vorurteile rief Dean die deutschen Jungjournalisten dazu auf, "nicht in die Falle zu treten, Annahmen zu machen, ohne die notwendigen Fakten zu recherchieren". Die Amerikaner seien keine "Marsmännchen", sondern hätten Gründe für ihre Positionen. Aufgabe der Korrespondenten sei es, "diese Positionen verständlich zu machen."

US-Medien und Präsidentschaftswahlkampf

Angesichts des aktuellen historischen U.S.-Präsidentschaftswahlkampfs standen in vielen Expertengesprächen die neusten Entwicklungen der amerikanischen Wahlkampagne im Mittelpunkt der Gespräche. Beim renommierten Washingtoner Insider-Magazin National Journal erläuterte der politische Korrespondent und CNN-Wahlkampfexperte James Barnes (im Bild bei der Polit-Talk-Show "Washington Week with Gwen Ifill and National Journal") die komplexen Herausforderungen der Demokratischen Partei im Kontext des anhaltenden Wettstreits zwischen Hillary Clinton und Barack Obama um die Nominierung ihrer Partei. Der Stellvertretende Redakteur des National Journal, Patrick Pexton, analysierte die Rolle der Außenpolitik im Präsidentschaftswahlkampf. Abgesehen von den unterschiedlichen Positionen der drei verbleibenden Präsidentschaftskandidaten mit Blick auf die künftige Irak-Politik Amerikas, könne man bereits jetzt davon ausgehen, daß, egal wer die Wahl gewinnen wird, zwei grundlegende Änderungen in der US-Politik zu erwarten seien: die Schließung des Häftlingslagers in Guantanamo sowie ein größeres Engagement beim Klimaschutz. Mit Blick auf die europäische Sympathiewelle für Präsidentschaftskandidat Barack Obama ("Obamamanie") warnte allerdings der Leiter des American Institute for Contemporary German Studies (AICGS), Dr. Jackson Janes, die Europäer davor, zu viele Veränderungen vom neuen amerikanischen Präsidenten zu erwarten, denn auch nach den Wahlen hätten die Partner auf beiden Seiten des Atlantiks mit denselben Problemfeldern zu kämpfen und es bestünden lediglich beschränkte Spielräume für Amerikas Staatsoberhaupt, von der bisherigen Politik der USA abzuweichen.

Neue Medientrends

Die Rolle der amerikanischen Medien im US-Präsidentschaftswahlkampf war Thema des Gespräches am Pew Research Center. Die Stellvertretende Leiterin des Pew Center for Excellence in Journalism, Amy Mitchell, diskutierte mit der deutschen Journalistendelegation die Berichterstattung der amerikanischen Medien über den Wahlkampf, die Präsidentschaftskandidaten sowie die wichtigsten Wahlkampfthemen. Außerdem hob sie die enorm angestiegene Bedeutung des neuen Medienspektrums (youtube, interaktive Internetseiten, social networking-Seiten) für die Kampagnen hervor. Dieser Trend habe zur Folge, daß die Medien mit sowohl mehr Wettbewerb als auch mehr Kritik konfrontiert seien. Der Leiter der Demoskopieforschung des Pew Research Center, Scott Keeter erläuterte im Detail diesen Medientrend. Erstaunlich sei, die enorme Bedeutung des Internets als Nachrichtenquelle über den Wahlkampf insbesondere für die jüngere Generation (für 42% der 18-29-Jährigen). Zwar beziehe der Großteil der Amerikaner insgesamt (79%) immer noch ihre Nachrichten über den Präsidentschaftswahlkampf aus dem Fernsehen, jedoch sei bereits heute schon das Internet (26%) genau so wichtig als Wahlkampfinformationsquelle wie die Zeitungen (25%).

Pressearbeit und "Public Diplomacy"

Auch in diesem Jahr war der Dialog mit Pressesprechern der Bush-Administration und der Deutschen Botschaft in Washington von besonderem Interesse für die deutschen Nachwuchsjournalisten. Im Gespräch mit dem Leiter der Presseabteilung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Washington, Herrn Dr. Ulrich Sante, erhielt die Delegation einen detaillierten Einblick in die Aktivitäten einer ausländischen Pressevertretung der deutschen Bundesregierung. Neben Ausführungen zur täglichen Routine eines Pressesprechers, der den ständigen Informationsaustausch mit amerikanischen Medienvertretern sowie deutschen Auslandskorrespondenten betreut, skizzierte Herr Dr. Sante auch den von der Deutschen Botschaft initiierten weitergefaßten Ansatz eines intensiven Outreach-Programmes im Rahmen der "Public Diplomacy" (insbesondere auch die erfolgreiche Komponente der Website) mit der amerikanischen Öffentlichkeit. Als besonders gelungenen PR-Coup wurde vielerseits der jüngste Auftritt des deutschen Außenministers als VIP-Pitcher bei einem klassischen Baseball-Spiel zwischen den New York Yankees und den Boston Red Sox im legendären Fenway-Stadium in Boston hervorgehoben.

Die Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, u.a. der Stellvertretende Leiter der Presseabteilung des U.S. State Department, Tom Casey, sowie der Leiter des Foreign Press Center¸ Gordon Duguid, stellten die Medienbetreuung des Ministeriums sowohl für amerikanische als auch ausländische Journalisten (über 3000) vor. Bei den jährlich über 20.000 Presseanfragen sei es von besonderer Wichtigkeit, weltweit diszipliniert die Politik der US-Regierung klar darzustellen und voranzutreiben ("message discipline"). Angesichts der Fülle von Informationen im neuen Medienzeitalter sei weniger die Verbreitung von Informationen die eigentliche Herausforderung, sondern das Lenken des öffentlichen Augenmerks auf die vorhandenen Informationen. Beim Erreichen dieses Ziels seien die neuen Medien ("social media"), u.a. auch das Blog des State Departments und der Youtube-Kanal des Ministeriums von instrumentaler Bedeutung.

Programmhöhepunkte

Besondere Höhepunkte des Besuchsprogrammes in Washington waren für die Nachwuchsjournalisten die Besichtigung des neueröffneten Newseums (Baukosten ca. $500 Millionen), die Kapitolführung mit dem ehemaligen Kongressmitglied Ron Sarasin und dem für das US-Repräsentantenhaus zuständigen Produzenten von Fox News, Chad Pergram, sowie die persönliche Begegnung mit BBC News Anchor und Washingtoner BBC-Studioleiter Matt Frei, der im Rahmen eines Arbeitsessens mit der Delegation über den aktuellen Präsidentschaftswahlkampf aus Sicht eines britischen TV-Journalisten diskutierte. Abschließend hatte die Delegation Gelegenheit zur Besichtigung des Washingtoner ZDF-Studios und zum Gespräch mit dem Washingtoner ZDF-Korrespondenten Matthias Fornoff, der aus ganz persönlicher Perspektive über die Herausforderungen eines Fernsehkorrespondenten in der amerikanischen Hauptstadt berichtete.

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